54 Flüchtlinge im Mittelmeer gestorben: Mit dem Schlauchboot nach Italien
Auf der Überfahrt von Libyen nach Italien sind 54 Menschen gestorben, die meisten sind verdurstet. Angeblich waren sie bereits in Sichtweite der Küste, trieben dann wieder ab.
ROM taz | Eine Flüchtlingstragödie im Mittelmeer zwischen Tunesien und Italien hat 54 Tote gefordert, nur eine Person konnte gerettet werden. In der Nacht von Montag auf Dienstag entdeckten Fischer den Mann vor der tunesischen Küste, er trieb, geklammert an einen Kanister und an Bootsreste, im Meer. Die tunesische Küstenwache barg daraufhin den aus Eritrea stammenden Flüchtling.
Nach seinem Bericht, den er Mitarbeitern des UN-Hochkommissariats für Flüchtlinge (UNHCR) im Krankenhaus von Zarzis gab, waren die 55 Flüchtlinge vor etwa zwei Wochen mit einem Schlauchboot vom libyschen Tripolis aus gestartet. Nach einem Tag waren sie schon in Sichtweite der italienischen Küste, starke Winde trieben ihr Boot jedoch dann in Richtung Tunesien. Nach einigen Tagen begann das Boot Luft zu verlieren und trieb manövrierunfähig im Meer. Wasservorräte waren nicht an Bord: Einer nach dem anderen verdursteten die Passagiere.
Nach der Aussage des Überlebenden waren etwa die Hälfte Eritreer, unter ihnen auch drei Verwandte von ihm. Zur Herkunft der übrigen Opfer lagen zunächst keine Angaben vor.
T. Alexander Aleinikoff, Vize-Hochkommissar der Vereinten Nationen für Flüchtlinge, sprach von einer „echten Tragödie“und appellierte an die Kapitäne der im Mittelmeer verkehrenden Schiffe, „möglichen Fällen von Migranten und Flüchtlingen in Not, die Hilfe brauchen, die höchste Aufmerksamkeit zu schenken“.
Zahl der Flüchtlinge ist stark gesunken
In den vergangenen drei Tagen gelangten drei Schiffe mit Flüchtlingen an Bord nach Italien, unter ihnen eines, das am Dienstag ein Hilfsangebot der maltesischen Marine abgelehnt und stattdessen die Fahrt Richtung Italien fortgesetzt hatte. Zugleich ist jedoch ein drastischer Rückgang der Überfahrten übers Mittelmeer Richtung Italien zu verzeichnen.
In den ersten sechs Monaten des Jahres 2012 zählte das UNHCR nur 1.300 Personen, die auf diesem Weg von Libyen aus nach Europa gelangten, weitere 170 Menschen ertranken bei der Überfahrt oder wurden als vermisst gemeldet. Berücksichtigt man auch Flüchtlinge, die von Tunesien und dem östlichen Mittelmeerraum die Überfahrt wagten, kommt man auf eine Gesamtzahl von 3.300 Menschen, die an Italiens Küsten ankamen. Im gleichen Zeitraum des Jahres 2011 dagegen waren nach den Revolutionen in Tunesien und Libyen 44.900 Flüchtlinge nach Italien gelangt.
Diese Zahlen zeigen, dass auch die neuen Regimes in Tunesien und Libyen an den zuvor geschlossenen Abkommen ihrer Länder mit Italien zur Flüchtlingsabwehr festhalten. Im April des Jahres 2011 hatte der damalige italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi mit der tunesischen Regierung entsprechende Absprachen getroffen, die für die bis zum 5. April 2011 in Italien eingereisten Tunesier ein humanitäres Bleiberecht vorsahen, während alle später Angekommenen in Abschiebehaftanstalten genommen und nach Tunesien zurückgeschafft wurden. Seitdem ist der Flüchtlingsstrom aus Nordafrika weitgehend versiegt.
Leser*innenkommentare
Gerda
Gast
@ Minstrel
da bin ich mir bei diesen Leuten nicht so sicher
taz.de Die Redaktion
Gast
Danke für den Hinweis.
tbo
Gast
Bitte nochmal die Überschrift checken: Nicht ertrunken, sondern verdurstet. Das wirkt sonst schlampig.
Minstrel
Gast
Mal im Ernst, taz-Autoren: der Unterschied zwischen "ertrunken" und "verdurstet" ist euch aber prinzipiell schon bewußt, oder?