piwik no script img

20 Jahre „Schule ohne Rassismus“So erfolgreich wie Facebook

Über 1.700 Schulen sind Mitglied in Deutschlands größtem Netzwerk. Es erreicht Millionen von Schülern. Erfolgreich ist es, weil sie selbst die Themen setzen.

Das Netzwerk will Schüler für den Umgang mit Vielfalt sensibilisieren. Großes Thema derzeit: die Aufnahme von Flüchtlingen. Bild: dpa

BERLIN taz | Ursula von der Leyen (CDU) und Gregor Gysi (Linke) sind sich einig - „Schule ohne Rassismus" ist klasse. Beide Politiker unterstützen Deutschlands größtes Schulnetzwerk. Schulen können ihm beitreten können, wenn sie sich verpflichten, aktiv gegen Rassismus und Diskriminierung vorzugehen. An diesem Donnerstag feiert das Netzwerk sein 20jähriges Bestehen.

„Ich kenne kein anderes Netzwerk in Deutschland, das über die vielen Jahre Millionen von Schülerinnen und Schülern erreichen konnte“, schreibt die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, Aydan Özoguz (SPD) in ihrem Geburtstagsgrußwort. Das Netzwerk sei ein beeindruckendes Beispiel dafür, wie man die Gleichheit der Menschen für Kinder und Jugendliche erfahrbar machen könne.

Gegründet wurde „Schule ohne Rassismus“ im Frühjahr 1995 von der Aktion Courage e.V. Das Besondere an der Initiative ist ihr Bottom-up-Ansatz: Das Netzwerk fungiert lediglich als Sprachrohr und Transmissionsriemen. „Schule ohne Rassismus bietet kein fertiges Produkt an, sondern die Ideen entstehen an den Schulen selbst“, erklärt die Leiterin Sanem Kleff das Konzept. Derzeit sei beispielsweise die Aufnahme von Flüchtigen und der Umgang der deutschen Gesellschaft mit ihnen ein großes Thema.

Evangelikale übten Druck aus

„Schule ohne Rassismus“ will dabei vor allem sensibilisieren: für sämtliche Ideologien der Ungleichheit; nicht nur für Rassismus sondern auch für Homophobie, Sexismus und Antisemitismus. Schüler greifen diese Themen auch journalistisch auf. Seit 10 Jahren gibt das Netzwerk eine eigene Schülerzeitung heraus - die Q-rage. Mit einer Auflage von 430.000 Exemplaren ist sie die wohl auflagenstärkste Schülerzeitung Deutschlands.

Dabei geriet die Initiative auch selbst schon unter Druck: 2008 veröffentlichte Q-rage einen kritischen Bericht über das „Christival“, ein evangelikales Festival, auf dem unter anderem ein Seminar zur Heilung von Homosexuellen und ein Vortrag von radikalen Abtreibungsgegnern stattfinden sollte. Die Evangelikalen waren empört – nicht über das Homoheilungs-Seminar, sondern über die für den Artikel verantwortlichen Schülerreporter.

Nach einer Intervention von Hartmut Steeb von der „Deutschen Evangelischen Allianz“, distanzierte sich Thomas Krüger, Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung, die Q-rage finanziell unterstützt, öffentlich von dem Schülerzeitungsartikel.

Trotz dieser Widerstände ist „Schule ohne Rassismus“ sehr erfolgreich: Seit 2005 stieg die Zahl der teilnehmende Schulen von 259 auf aktuell 1724. Sie selbst sei von Anfang an optimistisch gewesen, sagt Kleff: „Ich hatte große Hoffnung, dass diese Themen auf Resonanz stoßen, und die Schüler das Heft des Handelns selbst in die Hand nehmen würden.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Themen #Schule
Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Anti-Antirassismus

     

    Mein Sohn war fünf oder so,

    als er sich für Fußball zu interessieren begann.

    Er durfte zum ersten Mal ein Länderspiel

    sehen und wurde Zeuge,

    wie Cacau gegen Frankreich ein wichtiges Tor schoss.

    Cacau

    war sein Held.

    Ein toller Spieler, den er sympathisch fand.

     

    Irgendwann kaufte ich ihm dann das Trikot der

    Nationalmannschaft.

     

    Und er stellt sich darin vor den Spiegel,

    klein, blond, blauäugig und sagte:

     

    "Ich bin Cacau."

     

    Bis heute weiß mein Sohn nicht, dass

    es Rassismus überhaupt gibt.

     

    Obwohl er täglich mit Kindern sämtlicher Rassen zu tun hat.

     

    Würde man nicht mehr erreichen, wenn

    man weniger betonte, dass es keine Unterschiede

    gibt, womit man aber immer nur die

    Unterschiede

    betont?

     

    Wie naiv ich doch bin.