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EU-Richtlinie tritt in KraftTierversuche für Kosmetika verboten

In der EU dürfen nun keine Tiere mehr für Schminke sterben. Tierschützer bemängeln Schlupflöcher in der Regelung.

Neue EU-Richtlinie: Zumindest Tierversuche zur Kosmetikherstellung sind verboten. Bild: dpa

BERLIN taz An diesem Mittwoch tritt eine EU-weite Regelung in Kraft, die es verbietet, Chemikalien für Kosmetika an Tieren zu testen. Damit wird die erste Phase der EU-Kosmetikrichtlinie von 2003 gültig, die Tierversuche für Chemikalien untersagt, die nur für kosmetische Produkte hergestellt werden. Zudem gilt ein Verkaufsverbot von in der EU an Tieren getesteten Kosmetikprodukten. Dabei spielt es keine Rolle, ob anerkannte Ersatzverfahren, etwa mit Bakterien oder Zellkulturen, vorliegen. Tests, die die Giftigkeit von Stoffen bei wiederholter Verabreichung, ihre Einwirkung auf die Fortpflanzung oder auf den Stoffwechsel ermitteln, sind noch weitere vier Jahre lang erlaubt.

"Diese Richtlinie ist ein fundamentaler Meilenstein", sagt Christiane Baumgartl-Simons vom Verein Menschen für Tierrechte. Nun gebe es einen Stichtag für die Industrie, an den sie sich halten müsse. Außerdem müssten die Hersteller beweisen, dass die von ihnen verwendeten Rohstoffe nicht extra für sie an Tieren getestet wurden. Dies ist aber zugleich die Krux: Denn Chemikalien, die nicht ausschließlich für kosmetische Produkte hergestellt werden, dürfen weiter an Tieren ausprobiert werden. Und das betrifft 80 bis 90 Prozent aller Stoffe. Der Vorsitzende des Deutschen Tierschutzbundes, Wolfgang Apel, kritisiert dieses "Schlupfloch" scharf. Er bemängelt auch, dass an Tieren getestete Kosmetika weiter importiert werden dürfen, und fordert ein EU-weites Vermarktungsverbot. Die Kosmetikindustrie sieht sich auf das Inkrafttreten der Richtlinie gut vorbereitet, da schon zahlreiche alternative Testmethoden vorlägen. Die Unternehmen erwarteten nun von den zuständigen Behörden eine "gewisse Flexibilität" bei der Anerkennung von Alternativmethoden, sagt Birgit Huber, Sprecherin des Industrieverbandes Körperpflege und Waschmittel. Die amtliche Zulassung von alternativen Testmethoden dauere jedoch bis zu zehn Jahren. Man bemühe sich aber um verkürzte Verfahren, sagte ein Sprecher vom Bundesinstitut für Risikobewertungen. Im Vergleich zu früher sei die Kosmetikindustrie heute ausgesprochen engagiert, Tierversuche überflüssig zu machen, sagt Baumgartl-Simons, tatsächlich seien die langen Behördenwege oft problematisch.

Der Tierschutzbund bietet auf seiner Website www.tierschutzbund.de eine Positivliste von Herstellern und Händlern von Kosmetik an, die keine Tierversuche durchführen.

HEIKE HOLDINGHAUSEN

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6 Kommentare

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  • A
    A.R.

    Allen rückständigen Menschen, die immer noch meinen, Tierversuche seien für den Menschen (überlebenswichtig)wichtig, empfehle ich die Seite www.aerzte-gegen-tierversuche.de. Nicht nur sind Tests an andersartigen Säugetieren aussageunfähig, die meisten von ihnen sind auch noch vollkommen sinnlos. Oder warum testet ein bekannter Schokoriegelhersteller seine Schokolade, indem er einer Maus selbige zu essen gibt, einer anderern aber nicht und sieht dann zu, welche von beiden in einem Tank mit Wasser schneller ertrinkt? Solche Versuche sind lebensverachtend und erfüllen keinen erkennbaren Zweck. Nur, weil Tiere nicht sprechen und nicht ihren eigenen Lebensraum ganz toll zerstören können wie wir Menschen sind wir doch nicht mehr wert und haben das Recht, über anderer Wesen Leben zu entscheiden!

    Beste Grüße

  • RK
    Rita Kleb

    Tierversuche sind und bleiben grausam, durch nichts zu rechtfertigen und müssten grundsätzlich verboten werden!

    Durch eine gesunde Lebensweise, eine ausgewogene Kost aus biologischem Anbau und den Verzicht auf Fleisch (zumindest jedoch eine radikale Einschrän-

    kung!) wären enorm viele Krankheiten zu vermeiden!

    Ebenso durch den Verzicht auf Alkohol, Zigaretten und Drogen, die bei regelmäßigem Verzehr in die Abhängigkeit führen, ließen sich weitere Zivilisationskrankheiten vermeiden, für deren Folgen ebenfalls Tierversuche gemacht werden!

    Tiere für unsere z.T. unverantwortliche Ernäh- rungs- und Lebensweise zu quälen, ist eine haar-

    sträubende Ungerechtigkeit! Denn sie werden erst

    künstlich in diese Abhängigkeit gebracht oder be-

    wußt falsch ernährt, um Gegenmittel zu deren Heilung zu finden. Entsprechend unverbindlich sind die daraus gewonnenen Ergebnisse!

  • C
    Christian

    Die Tierversuchsgegner tun gerade so, als ob nicht immer noch der wichtigste Schritt bei der Erforschung einer Krankheit das Finden eines geeigneten Tiermodells sei. Tiere schützen finde ich wichtig, aber Medikamente dann direkt von der ach so übertragbaren Zellkultur in arme Studentenschweine zu spritzen, die einfach nur die Kohle brauchen: Spitzenplan! Ich begrüße dieses Gesetz jedenfalls, weil es Tierversuche da abschafft, wo sie überflüssig grausam sind und nicht da, wo die Grausamkeit Menschenleben schützt.

     

    Und um ein Argument wie "Es gab auch mit Tierversuchen gefährliche Irrtümer, also schaffen wir die Tierversuche ab" mit geradem Gesicht zu verkaufen, muss man schon echt verblendet sein. Es gab auch mit Sicherheitsüberprüfungen und Simulationen bei Flugzeugen noch Abstürze. Also schaffen wir die Sicherheitsüberprüfungen bei neuen Modellen ab, kosten nur Geld. Musste bringen.

  • M
    Mark

    Also darf jetzt für die Zahnpastatests keine Zahnpasta mehr in die Augen von Kaninchen gestopft werden oder ist Zahnpasta keine Kosmetik.

     

    Es bringt nicht viel, wenn nur sog. Kosmetika von Tierversuchen ausgeschlossen werden sollen.

     

    Schliesslich ist der Tier-Holocaust in der Pharmaindustrie unglaublich stärker. Bevor Medikamente an (gesunden und später an kranken) Menschen getestet werden, müssen MIllionen, wenn nicht mehr Tiere diesen Mist über sich ertragen lassen. Das Schlimme dabei ist, dass die Tiere qualvoll misshandelt werden und nicht mal eben in Sekunden getötet werden, was durchaus tierfreudlicher wäre.

     

    Das ist zum Kotzen. Durch diesen Beschluss wird sich die Tierquälerei von 100% auf 99% reduzieren.

    Klasse Erfolg. Sollen wir jetzt jubeln, oder was?

     

     

    .

  • Z
    Zinamon

    Fantastisch - ein kleiner Schritt nach vorn

  • A
    Antonietta

    Tierversuche sind aus medizinischen und moralischen Gründen prinzipiell abzulehnen, weil die Ergebnisse aus den Tierversuchen aufgrund der Speziesunterschiede zwischen Mensch und Tier nicht auf den Menschen übertragbar sind. Die trotzdem millionenfach vollzogene Übertragung der Ergebnisse auf den Menschen wird dadurch zum reinen Glücksspiel zum Nachteil von Mensch und Tier. Menschen erleiden nachweislich schwerste Schäden durch nicht übertragbare, irreführende Ergebnisse aus Tierversuchen (z.B. Contergan, Lipobay). In den Tierversuchen werden Medikamente getestet und als "sicher" für den Menschen freigegeben. Da die Ergebnisse aber nicht auf den Menschen übertragbar sind, leiden hunderttausende Menschen unter den oft tödlichen Nebenwirkungen der im Tierversuch als sicher getesteten Medikamente.