Quote beim französischen Fußballverband: Seltsame Farbspiele
Der französische Fußballverband suspendiert nach Vorwürfen des Rassismus einen Direktor. Eine Quote für weiße Nachwuchsspieler sei nicht diskutiert worden.
PARIS taz | Plante der französische Fußballverband (FFF) eine geheime Diskriminierung, um zu verhindern, dass in absehbarer Zeit alle Spitzenspieler schwarze bis dunkelbraune Athleten sind? Das jedenfalls enthüllte vermeintlich das Internet-Magazin Médiapart und löste damit eine Krise im Verband aus.
Laut dem vom früheren Le Monde-Chef gegründeten Online-Portal soll François Blaquart, der technische Direktor des FFF, bei internen Diskussionen Vorschläge gemacht haben, um weißen Talenten in der Nachwuchsförderung aus Schwarzafrika und Nordafrika stammenden Kameraden mehr Chancen zu geben: "Wir können das mit einer Art Quote organisieren, ohne es zu sagen. Denn das darf nicht bekannt werden", habe Blaquart dabei in Gegenwart des Nationaltrainers Laurent Blanc gesagt, der sich damit seinerseits Rassismusvorwürfen ausgesetzt sieht.
Blanc weist solche Angriffe empört zurück. Er räumte nur ein, dass es Probleme mit "Doppelbürgern" gebe, die sich in Frankreich ausbilden lassen, danach aber für andere Nationen spielen. Wenn er damit jemanden beleidigt habe, tue ihm das leid, erklärte Blanc.
Der FFF dementiert, dass Herkunft oder Hautfarbe in Betracht gezogen worden seien. Allerdings wurde über die Statur der Fußballstars von morgen diskutiert. Zu oft hätten heute technisch hochbegabte Junioren gegen großgewachsene Muskelprotze keine Chance.
Aber ist das vielleicht nur eine andere Art, über dieselbe Frage zu reden? Blaquart ist jedenfalls bis zum Abschluss einer Untersuchung von Sportministerin Chantal Jouanno und FFF-Präsident Fernand Duchaussoy suspendiert worden.
"Blacks, Blancs, Beurs"
Dass die französischen Fußballverantwortlichen so nervös reagieren, hängt damit zusammen, dass in der Kritik an der Nationalelf von Rassisten regelmäßig Herkunft und Hautfarbe ins Spiel gebracht werden.
Als die Franzosen 1998 die WM gewannen, feierte man das noch als Erfolg des Multikulti-Modells "Blacks, Blancs, Beurs" (damit gemeint: Afrikaner, Weiße, Araber). Seitdem haben andere Stimmen die Oberhand gewonnen. Rassisten sehen in einer mehrheitlich von Spielern mit Migrationshintergrund geprägten Mannschaft ein Problem.
"In Wirklichkeit ist sie black, black, black, und man spottet über uns in ganz Europa", meinte 2005 der ergraute Philosoph Alain Finkielkraut zu wissen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Trumps Krieg gegen die Forschung
Bye-bye, Wissenschaftsfreiheit!
Kritik am Deutschen Ethikrat
Bisschen viel Gott
Menschenrechtsverletzungen durch Israel
„So kann man Terror nicht bekämpfen“
Ungelöstes Problem der Erneuerbaren
Ein November voller Dunkelflauten
Altvordere sollen Linke retten
Hoffen auf die „Silberlocken“
Autobranche in der Krise
Kaum einer will die E-Autos