Spitzentreffen zum Datenschutz: Schäuble gegen Spähverbot
Innenminister Schäuble will das Ausspähen von Mitarbeitern nicht gesetzlich untersagen und mahnt, Korruptionsbekämpfung nicht zu diskreditieren. Gewerkschaften und Datenschützer plädieren für ein generelles Verbot.
BERLIN dpa Nach den Datenaffären bei Bahn und Telekom wird der Ruf nach einem Verbot des Ausspähens von Arbeitnehmern lauter. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) sprach sich zwar gegen so ein Verbot aus, schloss aber strengere Regeln für mehr Datenschutz nicht aus. Sollte sich dringender Handlungsbedarf ergeben, müsse ein Gesetz noch in dieser Legislaturperiode auf den Weg gebracht werden, sagte er vor einem Spitzentreffen zum Datenschutz an diesem Montag dem Tagesspiegel.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und die Gewerkschaft Verdi forderten ein generelles Verbot der Überwachung von Arbeitnehmern. Bestimmte Ausnahmen sollten aber zugelassen werden. "Dann ist der Rechtsbereich übersichtlich", sagte Verdi-Chef Frank Bsirske in der ARD. "Für Ausnahmefälle muss es klare Bedingungen geben", sagte der DGB-Vorsitzende Michael Sommer im RBB. Das Gesetz müsse klarstellen, was der Arbeitgeber auf gar keinen Fall dürfe.
Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar forderte im Bayerischen Rundfunk verschärfte Sanktionen in einem neuen Gesetz. Es dürfe in Zukunft nicht mehr so weit kommen wie bei der Bespitzelung der Mitarbeiter durch die Bahn. Schaar warf der Bundesregierung vor, dieses Thema aus Rücksicht auf die Wirtschaft zu zögerlich angegangen zu sein. "Jetzt zeigt sich aber, dass das ein Fehler war."
Schäuble machte dagegen neuere Techniken dafür verantwortlich, dass das Thema jetzt ansteht. "Der Fortschritt in der Datentechnik der letzten Jahre hat ganz wesentlich dazu geführt, dass Untersuchungen zur Korruptionsbekämpfung heute zu Problemen führen, die es früher gar nicht gab." Der Kampf gegen Korruption dürfe jetzt aber auch nicht völlig diskreditiert werden, sagte der Minister.
Im Einzelnen forderte Schaar besonderen Schutz von Bewerberdaten bei Einstellungstests sowie eine generell eine Zweckbindung von Daten. "Daten, die für bestimmte Zwecke im Arbeitsverhältnis erhoben worden sind, dürfen nur für diese Zwecke und nicht beispielsweise auch zu Überwachungszwecken verwendet werden", forderte er im RBB.
Die Arbeitgeber halten die bestehenden Vorschriften im Grundsatz für ausreichend. Überprüft werden solle aber der konzerninterne Austausch von Personaldaten, sagte der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Reinhard Göhner, im SWR. Der FDP-Innenexperte Max Stadler sprach sich dagegen für ein Datenschutzgesetz für Arbeitnehmer aus. "Da wir jetzt laufend überrascht wurden, in renommierten Unternehmen noch dazu, ist der Gesetzgeber am Zug", sagte Stadler im NDR.
Nach der massenhaften Datenerhebung bei Bahn und Telekom wollte Schäuble das Problem am Montag mit Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), dem Datenschutzbeauftragten sowie den Spitzen von Gewerkschaften und Arbeitgebern besprechen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Grünes Wahlprogramm 2025
Wirtschaft vor Klima
Tod des Fahrradaktivisten Natenom
Öffentliche Verhandlung vor Gericht entfällt
Foltergefängnisse in Syrien
Den Kerker im Kopf
Parteiprogramme für die Bundestagswahl
Die Groko ist noch nicht gesetzt