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"Mehr Übersicht" beim AbholenKind nur gegen Fingerabdruck

In einem Berliner Kindergarten müssen Eltern ihre Fingerabdrücke hinterlegen. So soll die Sicherheit für die Kinder gewährleistet werden. Datenschützer und Eltern sind empört.

Nur per Fingerabdruck sollen Eltern ihre Kinder vom Kindergarten abholen dürfen. Bild: photocase/emma75

BERLIN taz Trotz heftiger Kritik vom Datenschutzbeauftragten der evangelischen Kirche halten Kitas und der evangelische Kirchenkreis Stadtmitte in Berlin (EKBO) am Plan fest, Fingerabdrücke von Eltern zu speichern und zu überprüfen.

In dem geplanten Pilotprojekt des Kirchenkreises sollen sich Eltern im Berliner Zion-Kindergarten beim Hinbringen und Abholen ihrer Kinder durch die Abgabe ihres Fingerabdrucks identifizieren. Laut Kathrin Janert, Geschäftsführerin des evangelischen Kitakreises Berlin und Initiatorin des Projekts, könne so das Abholen der 85 Kinder im Zion-Kindergarten übersichtlicher gestaltet werden. Läuft das Projekt an, werden die biometrischen Daten der Eltern in einem Erkennungsgerät dem Vornamen des Kindes zugeordnet werden. Bring- und Abholzeiten blieben für eine Woche gespeichert. Empörte Eltern hatten sich aus Protest gegen die Datenüberwachung an die Presse gewendet. Der Anlauf des Projekts wird nun erstmals vom Datenschutzbeauftragten der evangelischen Kirche, Detlef Rückert, und dem Träger der Kindergärten, dem EKBO, überprüft.

"Das Datenschutzgesetz der evangelischen Kirche garantiert den verhältnismäßigen Schutz von personenbezogenen Daten", sagt Rückert. Die Speicherung der biometrischen Daten von Eltern, die ihre Kinder aus dem Kindergarten abholen wollen, sei in keiner Weise verhältnismäßig.

An rechtliche Schwierigkeiten hat Kathrin Janert nicht gedacht. "Ich habe mich auf eine schriftliche Erklärung der Firma verlassen, die uns das System verkauft hat", sagt sie. Dem Kirchenkreis gehe es vor allem um die Sicherheit der Kinder.

Sicherheit für die Kinder ist aber nicht der einzige Grund, aus dem das Projekt initiiert wurde. Die Erzieherinnen sind auch an einer rechtlichen Absicherung gegenüber den Eltern interessiert. Hintergrund ist ein Fall vor circa zwei Jahren, bei dem ein unbeobachteter Ausflug von zwei Kindern vor Gericht endete - und es zum Streit über den genauen Betreuungszeitraum kam.

Datenspeicherungen von einer Woche wären laut Datenschutzexperte Thilo Weichert trotzdem illegal. "Daten dürfen nur so lange gespeichert werden, wie sie erforderlich sind. Bei Kindergärten endet dieser Zeitraum genau dann, wenn das Kind abgeholt wird."

Trotz der unsicheren Rechtslage will der Kirchenkreis das Projekt noch nicht aufgeben.

"Bei uns ist die finanzielle Ausstattung so eng, dass alles bedacht werden muss", rechtfertigt der Superintendent des Kirchenkreises, Christoph Schuppan, die Situation.

Bis zur Klärung der rechtlichen Fragen bleibt die Entscheidung offen. Für Kathrin Janert steht aber fest, dass das Fingerscanning nur mit der Unterstützung der Eltern anlaufen kann.

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8 Kommentare

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  • S
    Schulz

    Für alle die es noch nicht wissen!

    Geht mal auf www.infokrieg.tv und nehmt euch Zeit und setzt Euch mal mit den wahren Hintergründen auseinander! Wir sind auf dem besten Weg in den Überwachungsstaat mit einer Technologie, von der die Stasi nur geträumt hätte! Und Menschen die auf diesem Weg nicht mit machen, landen bald wie früher in Stasi-Knästen! Also wenn Ihr nicht bald aufwacht und Euch dagegen wehrt dann viel Spass in einer Welt in der alles überwacht wird. Ist es das wovon Ihr Träumt und was Ihr Euren Kindern wünscht?

  • F
    Fuchsi

    Mann sollte die Sache nicht so kollossal verteufeln. Der Gedanke war schon o.K. Wie groß ist das Geschrei und die Klagedrohungen, wenn ein Kind weg ist.

    Leider war der Ansatz falsch.

    Das Thema Datenschutz anzubringen finde ich lachhaft. Wenn ich sehe, von wem ich alles Werbung bekomme, mit vollem Namen und Adresse, weiss ich, wie der Datenschutz bei uns funktioniert. Anrufe nicht mal eingeschlossen. Ich entferne aus sämtlichen Dokumenten, die ich wegwerfe, Name und Adresse und verbrenne diese. Auch im Internet verwende ich diese Angaben nur bei wirklich entscheidenden Seiten und trotzdem. Wenn man dann per Anwalt diese Praxis bekämpfen will, zuckt die Politik nur mit den Schultern. Wo werden schon konkrete Gesetze dafür erlassen (z.B. Verbot des Adressenhandels)! Über den Scanner hätte die Kita die Türverriegelung schalten sollen. Das wäre für mich sinnvoll.

     

    Ob ein Kind anwesend ist oder nicht sollten die Betreuer auch ohne Scanner merken.

    Seit ewigen Zeiten werden die Banken kritisiert, da sie immernoch mit den unsicheren Pins arbeiten und warum sie keine Fingerabdruckscanner einsetzen. Ich würde gerne meinen Abdruck bei der Bank speichern lassen, wenn ich dann nicht mehr vor dem Abheben den Geldautomaten auf Manipulationen untersuchen müsste.

    Jetzt macht eine kleine Kita den Anfang und alles brüllt!

    Als Elternteil der bereits einmal, incl. Handyortung, nach dem Sohn gesucht hat, bin ich dafür das die Kitas besser gesichert werden. Das für die Sicherheit eines Kindes der Fingerabdruck gespeichert wird stört nur die, die keine Kinder haben oder diese von der Nanni betreuen lassen!

    Nehmt die Mutigen an die Hand und entwickelt ein funktionierendes Modell und verteufelt sie nicht!!!

    Auf diese Weise wird man Menschen die Neues entwickeln wollen immer mehr abschrecken und dann wird das Innovationslicht Deutschlands in der Welt kleiner als es jetzt schon ist gegenüber den asiatischen Ländern.

  • A
    ASta

    Könnte man von abholenden Eltern nicht die Vorlage eines Ausweises verlangen? Und um künftige Streitigkeiten über den Betreuungszeitraum zu vermeiden, ist es nicht auch möglich, die Elter unterschreiben zu lassen, wenn sie die Kinder abholen? Ist für mich das berühmte "mildere Mittel" und zudem wohl auch billiger.

  • MD
    Meggy Dietz

    Eltern die ihre Kinder von der Kita abholen, haben eher nichts zu verbergen und es dient der Sicherheit...Eltern könnten schriftlich erklären,dass dies nur für diesen Zweck verwendet werden darf.Ich finde die Idee so gut, dass man sich überlegen sollte, dies z.B. auch in Geburtstkliniken einzuführen.

    Datenschutz gut und schön, aber leider werden oft die Falschen geschützt.

  • A
    Antifaunited

    Hurra, endlich Deutschland balla, balla! Das stand mal 1990 in der Blöd. Anscheinend scheint das um sich zu greifen, denn das ist ja wohl der größte schwachsinn und die blödeste begründung zum beseitigen der freiheitsrechte. das gabs nicht mal in der bösen ddr!!

  • V
    vic

    Eltern, weigert euch bitte. Macht das nicht mit. Hier würde ein Einfallstor geöffnet das nicht mehr geschlossen werden könnte.

  • M
    maw

    Als ehemaliges Kindergartenkind weiß ich aus eigener Erfahrung, dass es durchaus möglich ist, einen Kindergarten zu besuchen, dem eine solche Technik nicht zur Verfügung steht und trotzdem weder entführt noch aus Versehen von den falschen Eltern abgeholt zu werden. Stichwort aufmerksame Erzieherinnen. Denn deren Unfähigkeit macht auch die modernste Technik nicht wett. Kindern in so jungen Jahren allerdings eine solche Form der Überwachung als etwas normales und alltägliches zu vermitteln, halte ich für ein fatales Signal. Wie sollen Eltern ihren Kindern ein Gespür für die Schutzwürdigkeit der eigenen Privatsphäre anerziehen, wenn sie ihnen tagtäglich ein schlechtes Beispiel vorleben?

  • P
    ponce45

    Ganz kurz und knapp:

    Zusätzlich könnte man vor jeden Kindergarten noch einen Nacktscanner installieren, die sind doch wohl übrig, weil sie auf den Airports nicht gestellt werden.....Nein, nicht ernst gemeint, oder doch? Ich frage mich, was noch alles? Und, was meint Herr Schäuble dazu?