Nach Attacke bei Datenschutz-Demo: Ermittlungen gegen Prügelpolizisten
Während der weitgehend friedlichen Proteste am Sonnabend hatten Polizisten anscheinend grundlos Demonstranten brutal attackiert. Jetzt ermittelt das Landeskriminalamt.
Die Berliner Polizei ermittelt gegen die Beamten, die auf der „Freiheit statt Angst“-Demonstration mehrere Menschen angegriffen und verletzt haben. Die Vorgehensweise der […] Beamten einer Einsatzhundertschaft, […] hat die Polizei veranlasst, ein Strafverfahren wegen Körperverletzung im Amt einzuleiten“, heißt es dazu in einer Pressemitteilung der Berliner Polizei. „Das Ermittlungsverfahren wird durch das zuständige Fachdezernat beim Landeskriminalamt mit Vorrang geführt.“
Der Anmelder der Demonstration, der Künstler und Bürgerrechtler Padeluun sagte der taz am Sonntag: „Dieser Spin ist schon mal gut, allerdings darf das nicht so enden, dass daraus letztendlich nichts folgt.
Während der weitgehend friedlichen Demonstration am Sonnabend hatten Polizisten anscheinend grundlos einige Demonstranten attackiert. Andere Demo-Teilnehmer filmten den Angriff und der Blogger Fefe stellte das Video auf seine Internetseite. Der Film zeigt einen Mann im blauen T-Shirt mit Rucksack und Fahrrad, der zunächst nur kurz mit einem Polizisten spricht und dann etwas auf einen Zettel notiert. Dann geht der Mann weg, kommt aber nicht weit. Ein anderer Polizist hält ihn am T-Shirt fest und reißt ihn zurück. Dann schlägt ihm ein dritter Polizist ins Gesicht. Daraufhin geht der Geschlagene zu Boden und wird von mehreren Uniformierten weggezerrt. Ein weiterer Protestteilnehmer ist kurz danach mit blutigem Gesicht im Film zu sehen, offenbar wurde er ebenfalls geschlagen.
Laut der in Fefes Blog aber auch beim Blog Netzpolitik verbreiteten Darstellung habe der Mann mit dem Fahrrad Anzeige erstatten wollen, weil Polizisten einen Bekannten von ihm rüde festgenommen hatten. Der Chaos Computer Club schreibt in einer Pressemitteilung, der Geschlagene habe sich "nur nach der Dienstnummer der Beamten erkundigen" wollen, "um eine Anzeige gegen eine vorher erfolgte Festnahme zu erstatten."
Die Polizei-Pressemitteilung gibt das Geschehen anders wieder. Dort heißt es, „ein Unbekannter“ habe versucht einen „Festgenommenen zu befreien, was die Beamten mittels einfacher körperlicher Gewalt verhinderten. Der Unbekannte entfernte sich anschließend vom Tatort.“
Diese Interpretation der Ereignisse ist für Padeluun kaum nachvollziehbar: „Selbst wenn man unvoreingenommen herangeht, zeigt das Video eindeutig etwas anderes – nämlich einen brutalen Angriff“, sagte der Vorsitzende des Bielefelder Datenschutzvereins FoeBud. Der Berliner Rechtsanwalt Stefan Richter sieht das offenbar genauso und stellte laut seiner Internetseite „Strafanzeige gegen die handelnden Polizisten, d.h. derzeit gegen Unbekannt.“
Tatsächlich hatten laut Augenzeugenberichten am Sonnabend einige Demonstranten Polizisten provoziert. Taz-Demo-ReporterInnen sahen, wie eine Gruppe der Protestteilnehmer versuchte, in eine Ladenpassage am Potsdamer Platz einzudringen. Eine Polizeikette hielt sie jedoch davon ab. Kleinere Rangeleien und kurze Verfolgungsjagden gab es zwischen Beamten und Demonstranten gegen Ende der Veranstaltung ebenfalls, sie verliefen jedoch meist glimpflich (siehe Live-Ticker).
Teilnehmer der Demonstration erzählten der taz am heutigen Sonntag, der Lautsprecherwagen des Antikapitalistischen Blocks habe das Lied "Bullenschweine" abgespielt. Die Polizei behauptet, von dem Wagen aus sei zu Straftaten aufgerufen worden. Deshalb habe man diesen überprüfen wollen und dabei sei es zum Vorfall mit dem Radfahrer gekommen.
Auf dem Video ist von einer Provokation jedoch nichts zu sehen. Im Internet kursieren derweil Berichte über weitere Übergriffe von Beamten.
Was das weitere Vorgehen betrifft, übernimmt nach Aussage von Padeluun der Chaos Computer Club „die Analyse und die Auswertung des Vorfalls.“ Es gebe noch weitere Filme und Bilder des Vorfalls, außerdem nehme der CCC Hinweise unter der Adresse mail@ccc.de entgegen.
Padeluun kritisierte, die Polizei habe sich bereits im Vorfeld der Demonstration „in einigen Punkten merkwürdig verhalten.“ Beispielsweise seinen Demo-Beobachter des Veranstaltungsbündnisses festgenommen worden, die man dann erst per Anwalt habe wieder befreien müssen.
Anders als ein Polizeisprecher der taz am Sonnabend gesagt hatte, seien auch nicht acht bis zehn, sondern achtzehn Menschen festgenommen worden. „Das hat mir die Polizei jedenfalls erzählt“, sagte Padeluun. Bei dieser Zahl seien allerdings auch die festgesetzten Teilnehmer einer anderen Datenschutz-Demonstration enthalten, die bereits um 13 Uhr am Alexanderplatz gestartet war und sich später mit der von Padeluun angemeldeten vereinigt hatte. Die Polizei schreibt in ihrer Pressemitteilung von 19 Festgenommenen.
Padeluun sagte weiter, er habe zudem Berichte über sehr intensive Vorkontrollen von Demonstrationsbesuchern durch Beamte erhalten, man habe offenbar versucht diese vom Protest fernzuhalten. Diese Berichte sollten aber erst noch ausgewertet werden, bevor er sich weiter dazu äußern werde.
Der Künstler widersprach Aussagen des "Freiheit statt Angst"-Presseteams, laut denen Beamte exzessiv die Demonstration gefilmt hätten. „Es war vereinbart, dass die Polizisten Überblicksaufnahmen für das Lagezentrum machen und nur dann mit Zoom filmen, wenn es Störungen gibt“, sagte der Demo-Anmelder, „soweit ich bisher ersehen kann, haben sich die Beamten an diese Vorgabe gehalten.“
Außerdem betonte er, dass die Demonstration ansonsten friedlich verlaufen sei, das solle man trotz des brutalen Videos nicht vergessen. „Meiner Meinung nach zeigten sich am Samstag zwei Strömungen in der Polizei“, sagte er, „eine progressive, die durchaus bereit war uns das Recht auf Protest zuzugestehen und eine zweite repessive, die ihr Gesicht bei dem brutalen Angriff gezeigt hat.“
Andy Müller-Maguhn, Sprecher des CCC forderte unterdessen eindeutige Identifikationsnummern für Polizisten, um Straftäter in Uniform besser ermitteln zu können.
Außerdem verlangte Müller-Maguhn, "Polizisten regelmäßig Kontrollen zu unterziehen, ob sie die charakterliche Festigkeit besitzen, der teils aufgeheizten Stimmung in großen Menschenmengen gelassen und unter verhältnismäßigem Einsatz des ihnen vom Souverän eingeräumten Gewaltsmonopols zu begegnen."
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