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Streit um Klaus Kinskis Patientenakte"Datenschützer versagen"

Als eine Berliner Nervenklinik ihr Archiv öffnete, wurde die Krankenakte von Schauspieler Klaus Kinski offen zugänglich. Nicht rechtens, meinen die Anwälte seiner Witwe - und attackieren Berliner Datenschützer.

Ab wann dürfen alle wissen, was diesem Mann fehlte? Bild: dpa

BERLIN dpa/taz Und der Streit um die Patientenakte von Klaus Kinski geht in die nächste Runde: Nun haben die Anwälte der Witwe des Extrem-Schauspielers Klaus Kinski den Berliner Datenschützern Versagen vorgeworfen, weil Kinskis Patientenakte publik geworden war. Kinskis Witwe Minhoi Loanic hat inzwischen Strafanzeige erstattet.

Das Berliner Landesarchiv und der Datenschutzbeauftragte Alexander Dix hatten die Offenlegung mit dem Hinweis gerechtfertigt, dass die zehnjährige Schutzfrist für Patientenakten von Personen der Zeitgeschichte bereits 2001 abgelaufen sei.

Dagegen erklärten die Berliner Anwälte Ferdinand von Schirach und Christian Noll am Dienstag, in der Archivwissenschaft bestehe "völlige Einigkeit darüber, dass Patientenunterlagen einem besonderen Schutz unterliegen". Nach dem Landesarchivgesetz dürften diese Patientenakten frühestens 60 Jahre nach ihrer Entstehung freigegeben werden. Die Schutzfrist würde in diesem Fall daher frühestens am 31. Dezember 2010 ablaufen. Auch danach müsse eine "differenzierte Abwägung" erfolgen.

"Das Landesarchiv handelte somit unzweifelhaft gegen das Gesetz und durfte die Akte nicht herausgeben", meinen die Anwälte. Dem Datenschützer sei offensichtlich "dieser Verstoß gegen eine grundlegende Norm des Archivrechts entgangen". Seiner "fehlerhaften Annahme" liege "wahlweise ein Rechts- oder ein Rechenfehler" zugrunde. In Deutschland gingen Archivare grundsätzlich mit personenbezogenen Akten "sensibel und zurückhaltend" um, betonen die Anwälte. "Die Schweigepflicht des Arztes darf nicht zugunsten eines unangenehmen Sensationsbedürfnisses aufgeweicht werden."

Nach dem Strafantrag der Anwälte bleibt die Kinski-Akte im Archiv erst einmal unter Verschluss. Bis zum Abschluss der Ermittlungen darf sie niemand mehr einsehen. Die Akte gehört zu einem riesigen Fundus von rund 90 000 Dokumenten der Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik aus 80 Jahren Psychiatriegeschichte, die der Vivantes-Konzern kürzlich dem Berliner Landesarchiv übergeben hatte. Demnach war Kinski, der später mit Filmen wie "Fitzcarraldo" und "Aguirre, der Zorn Gottes" Kinogeschichte geschrieben hat, 1950 drei Tage lang in einer Berliner Nervenklinik.

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8 Kommentare

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  • M
    Maria

    Also soweit ich das weiß, ist es absolut illegal solche Akten herauszugeben, zweitens stimmt das ganze ja sowieso nicht, er hat halt eine eigene Meinung und sagt den Leuten diese auch "oft" ins Gesicht, und das ertragen viele nicht, da diese Meinung immer stimmt. Ja ja, die Wahrheit tut weh.. Und vor allem hat er ja recht gehabt mit seinen Aussagen, die Leute wollten nur ihre Fehler vertuschen, damit sie ihre Spielchen weitertreiben konnten und so unerkannt waren und ihre Spielchen andere in die Schuhe geschoben haben. Diese Akte ist hirnrissig, da sind wohl ein paar Leute sehr neidisch gewesen. Er war in KEINSTER ART und WEISE jemals so veranlagt. Er hat wie gesagt eine eigene Meinung und wahrscheinlich hatte er soooo gute Freunde, offensichtlich... Er war ein hervorragender Schauspieler und er hat sich vielleicht in einige Sachen reingesteigert, was aber auch wiederum auf seine exzentrische Art zurückzuführen ist und vielleicht hat er das auch sehr theatralisch dargestellt, was solche Leute offensichtlich nicht verstehen. Na ja, dann sollten sie aber auch die Finger davon lassen, wenn sie nichts verstehen. Dann sollte ich bitte mich mit Leuten umgeben, die dann so sind wie sie (wie auch immer). Er war sehr intelligent und das können nun manche Leute eben nicht ab. Zudem hat er diese Diagnose nie gehabt und falls doch, war diese falsch. Und worauf ist das zurückzuführen? Auf Leute, die nichts kapieren, warum man sich aufregt und warum man was sagt, und was man sagt und was man damit bezwecken will. Denn ich bin mir sicher, dass er nicht ohne Grund was gesagt hat und immer Recht hatte, das sage ich. ALSO Fazit: Falschdiagnose, absichtlich, damit sie sagen können, dass sie "besser" sind als er...

  • K
    karmina

    Kinski hätte sich darüber königlich (oder teuflisch?) gefreut und amüsiert!!!

     

    Die Theorie von Genie und Wahnsinn macht MIT Wahnsinn schon mehr Sinn! Also: Butter bei die Fische!

  • WS
    Wolfgang Sukowsky

    Richtig, Datenschützer versagen. Auch wenn man sagen könnte der berühmte Schauspieler trifft es nicht mehr zu Lebzeiten.

     

    Doch wie wird es erst nach der miesen deutschen Krankenversicherungsreform der Amerikanisierung. Private Gewinnmaximierungsgesellschaften haben Zugang zu den Krankendaten des Versicherten und bereichern sich auf Kosten des Patienten. Wird er zu teuer ladet man ihn irgendwo ab vor einer Obdachlosenuntrkunft.

  • R
    Rehse

    zu Bernd Goldmammer

     

    wir sollten das unbedingt wollen. Ich kann auf Blätter, die sich mit "Sensationen" brüsten, die meist nur "Sensatiönchen" sind, sehr gut verzichten.

    Abo-Sonderkündigung - das wäre ein guter Vorschlag, der aber noch genauer ausgearbeitet werden müßte, da sonst Mißbrauch betrieben würde. Da die Verlage aber so mühsam für neue Abonennten kämpfen, sollte dies dämpfend wirken.

  • KG
    Klaus Graf

    Die Anwälte haben Recht. Das Landesarchiv hat unnötig Porzellan zerschlagen, siehe dazu ausführlich

    http://www.schirach.de/einspruch/?p=28

  • P
    piepmatz

    Schnee von gestern.

  • BG
    Bernd Goldammer

    Unglaublich! Wer diesen Sachverhalt erklären will muss aufpassen, dass dabei, ein psycho- hygienisches Zukunftsproblem nicht heruntergespielt wird.Wir erleben hier aus einer besonders ekelerregenden Perspektive. Doch wir wissen, dass der Schlüssel ganz woanders liegt. Bei uns selbst! Wenn eine Zeitung nach Anstands- und Rechtsverletzungen dieser Art mit sofortiger Kaufzurückhaltung ihrer Kunden rechnen müsste, wäre ein solcher Skandal künftig unmöglich. Der Gesetzgeber könnte darüber hinaus ein Abbo- Sonderkündigungsrecht einräumen und schon wäre es besser um die Hygiene unserer Presselandschaft bestellt. Doch wollen wir das überhaupt?

  • O
    onkelklaus

    Der Aufenthalt Kinskis in der Psyschatrie ist kein allzu großes Geheimnis, schreibt er doch darüber in seiner Biographie ziemlich ausführlich. Ob das alles so wahr ist, was da steht ist ein anderes Thema. Ihm war es aber offensichtlich egal, ob die Menschheit das nun weiß oder nicht.