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Machtkampf in der LinksparteiDie Luft wird immer dicker

In der Linkspartei entbrennt ein offener Machtkampf zwischen Ost und West. Der Landesverband NRW fordert offen den Rücktritt von Ostrealo Dietmar Bartsch.

Ein Pragmatiker oder ein Vertreter des linken Flügels? Bild: dpa

In der Linkspartei spitzt sich der Zwist zwischen Ost und West, Pragmatikern und linkem Flügel zu. Dieser Streit wird derzeit als Personaldebatte geführt und fokussiert sich auf den Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch, der als Ost-Realo gilt.

Laut stern.de soll der einflussreiche Landesverband Nordrhein-Westfalen, der eine Hochburg der Antikapitalistischen Linken (AKL) ist, Bartschs Rücktritt gefordert haben. Die NRW-Spitze um Wolfgang Zimmermann und Katharina Schwabedissen habe einen Brief an Gregor Gysi geschrieben. Schwabedissen dementiert dies zwar: "Es gibt keinen Brief aus NRW, in dem Bartschs Rücktritt gefordert wird." Klar ist allerdings, dass es bei vielen Westlinken harsche Kritik an ihn gibt.

Der AKL ist vor allem das rot-rote Bündnis in Brandenburg ein Dorn im Auge. Die Linkspartei habe in Potsdam ihre Ideale für die Macht verraten, weil sie in dem finanzschwachen und von Einwohnerschwund geplagten Flächenland der Reduzierung des öffentlichen Dienstes zugestimmt hat. Die Kritik an Bartsch zielt somit stets auch auf die pragmatische regierungswillige Ost-Linke. Bartsch, so die Kolportage, soll dem Spiegel Informationen über eine angebliche Affäre zwischen Lafontaine und Sahra Wagenknecht gesteckt haben. Bartsch dementiert dies energisch. Die Vorwürfe seien "absurd". Gerüchte über diese Affäre waren in Journalistenkreisen schon seit 2007 bekannt. Und mehr als Gerüchte hat auch der Spiegel nicht gedruckt.

Offenbar ist die Geschichte über Bartschs Rücktritt termingerecht lanciert worden. Denn am Donnerstag wollen Gysi und Lafontaine über die personelle Zukunft der Linkspartei beraten. Dabei stellen sich drei wesentliche Fragen: Kommt Lafontaine, der im Dezember eine Krebsoperation hinter sich brachte, zurück und bleibt Parteichef? Gibt es in Partei und Fraktion eine zweifach nach Ost und West und Mann und Frau quotierte Doppelspitze? Und kann Bartsch Bundesgeschäftsführer bleiben, wenn Lafontaine Parteichef bleibt? Alle drei Fragen sind entscheidend für die innere Machtbalance der Linkspartei in den nächsten Jahren.

Lafontaine, so ist zu hören, soll es gesundheitlich wieder besser gehen, obwohl er an der Klausurtagung der Linkspartei am Montag wegen Arztterminen nicht teilnehmen wird. Doch in der Partei rechnen viele damit, dass er im Mai in Rostock wieder als Parteivorsitzender kandidiert. Schwierig wird es dann womöglich für Bartsch. Denn, so Gerüchte, das Vertrauensverhältnis zwischen den beiden soll zerrüttet sein, weil Bartsch als despektierlich empfundene Bemerkungen über Lafontaine gemacht haben soll. Und da ist Lafontaine bekanntlich empfindlich. Auch Realos räumen ein, dass Bartsch beim Thema Loyalität "noch Reserven hat". Bartsch hält das Gerede über ein Zwist zwischen ihm und Lafontaine für abseitig. Das persönliche Verhältnis sei "in Ordnung". Noch-Parteichef Bisky stellte sich ausdrücklich hinter Bartsch. Seine Verdienste um die Entwicklung der Partei dürften nicht ignoriert werden.

Stefan Liebich, Sprecher des Forums demokratischer Sozialisten FdS, in dem sich die Ost-Pragmatiker zusammengeschlossen haben, sagte der taz, dass die Linkspartei Lafontaine unbedingt brauche. Das Beste wäre, so Liebich, wenn "Lafontaine und Bartsch sich zusammenraufen" würden. Vor allem aber, so die Pragmatiker, ist die Personaldebatte der falsche Weg. Viel wichtiger, so Liebich, sei "die Debatte um das Programm". Die kommt allerdings nicht vom Fleck, weil sich Pragmatiker aus dem Osten und die eher gesinnungsfesten West-Genossen gegenseitig blockieren.

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19 Kommentare

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  • T
    träger

    Der Stefan Reinecke. Der arbeitet ja auch beim Tagesspiegel, das Ziehkind von der Zeitung des in meinen Augen Establishments (der Zeit).

    es interressant, wer bei der möchtegern progressiv linken Zeitung "taz" alles arbeiten darf.

    Rudi Dutschke Strasse. aha.

  • RV
    R. Vogel

    Und überhaupt zum endgültigen Ankommen im (ebenso östlichen) Westen:

    "... wollen Gysi und Lafontaine über die personelle Zukunft der Linkspartei beraten."

    Keine Mitgliederbefragung, kein Parteitag, nicht mal eine Vorstandssitzung?

    100%!!!

    R. Vogel

  • N
    Nordwind

    Tja, is schon ein dolles Ding. Mit genau dieser Masche wurde schon die SPD in die Fremdbestimmung getrieben. Und genauso spielte der Spiegel auch dort den Kampagnentreiber.

     

    Ziel der Einflußnahme ist erstens die Spaltung in zwei Gruppen und zweitens den Einfluß der Gruppe mit den fortschrittlichsten oder radikalsten Vorschlägen (je nach Sichtweise) zu isolieren und somit die Partei in der Aussendarstellung zu schwächen und interne Unruhe zu verursachen.

     

    Wie das genau funktioniert kann in jedem PR-Leitfaden nachgelesen werden.

     

    Und da in unserer Presselanschaft jeder von jedem abschreibt sind die notwendigen Multiplikatoren schon vorhanden.

     

    Wenigstens in dieser Hinsicht ist auf die Presse in unserem Lande noch verlass.

  • D
    davidly

    @aso:

    Innerlichkeit ungeachtet, die Subjektivität von Anderem abzudrucken dient nur dazu, lediglich eine einzelne Innerlichkeit zu veröffentlichen anstatt eine relativ objektiven Realität nachzuforschen.

  • A
    Amos

    Kaum, dass die Katze aus dem Haus, tanzen die Mäuse auf dem Tisch herum.

    Anstatt Zusammenhalt und damit Stärke zu beweisen um die "Tiger-Ente" zu köpfen, zerfleischt man sich

    untereinander. Der Neoliberalismus hat bereits das

    politische Profil in Deutschland zerstört-, demnächst wird es noch die Verfassung zu seinen Gunsten verändern. (Sie sind ja auch schon fleißig

    zu Gange). Währet den Anfängen und wählt dieses Zeugs (der Signalfarben) ab.

  • A
    aso

    @ Sebastian:

     

    Sie kennen eine Zeitung, die nicht lügt?

    Sie kennen eine absolute Wirklichkeit, die für alle gilt?

    Schonmal was vom Rashomon-Effekt gehört?

  • C
    caf

    Erwartest du etwa, dass die FAZ nicht gleichgeschaltet ist? Die etablierten Medien blasen doch alle in das selbe Horn.

  • HM
    H-J Maass

    Zu Sebastian:

     

    Mag ja sein, dass der Spiegel lügt. Und das die taz abschreibt. Aber viel interessanter wäre es doch zu erfahren wie es sich stattdessen verhält. Dazu sagst Du leider nichts.

     

    Dann sage ich Dir: ich kann für mich und aus meiner sehr begrenzten Wahrnehmung und aus meinem Spezialgebiet heraus, dass zudem auf den Hamburger Raum begrenzt ist, immerhin wahrnehmen: Die Hamburger Linkspartei kümmert sich NICHT um die Lösung von Problemen, eher schon um deren Zuspitzung.

     

    Ich mache das an folgenden HH-Lokalthemen fest: GEGEN Verlegung der Reichsstrasse, GEGEN Auflösung des Freihafens, GEGEN die Deckelung der A7, GEGEN die IKEA-Ansiedlung in Altona.

     

    Die hiesige Linkspartei läuft jedweder Protestbewegung hinterher, nur um Stimmen zu gewinnen. Sie streitet nicht für langfristige Ziele sondern buhlt kurzfristig um Wählerstimmen, egal woher und egal mit welchen Mitteln. Ich empfinde diese Politik als „nuttig“. Zugleich nehme ich einen gut verschleierten aber erheblichen Einfluss der DKP war. Die strebte schon immer konsequent nach Scheinerfolgen. Beine breit!, es könnte ja ein Wähler kommen.

     

    Ich bin denkbar weit davon entfernt dieser „Politik“ meine Stimme oder gar meine Zuneigung zu schenken.

  • C
    chris

    Fleißig, fleißig... LINKE-Experte Stefan Reiecke war mal wieder am Werk und hat bei WELT-online und Spiegel mächtig abgeguckt... und abgeschrieben! Es ist doch immer wieder schön, zu sehen, wie sich die taz an neoliberalen Kampfblättern orientiert, ojeh ojeh.

    Schließlich rückt ja die NRW-Wahl immer näher, und durch das bekannte und beliebte LINKEN-Bashing kann man ja vielleicht drei Stimmen mehr für die Grünen rausholen.

    Oskar, bitte komm bald auf die politische Bühne zurück! Vier neoliberale Parteien haben genug Unheil angerichtet.

  • A
    anke

    Gesinnungsfest? Von welcher Gesinnung soll denn da die Rede sein?

     

    Mal ehrlich: Jetzt glaube ich wirklich bald, dass die Linke im bundesdeutschen Parteienspektrum angekommen ich. Kein Wunder. Die ostdeutschen Pragmatiker innerhalb der Partei haben dem tradierten westdeutschen Politikverständnis, an dem sich seit Cicero nichts geändert zu haben scheint, noch nie viel entgegenzusetzen gehabt. Wenn Stefan Reinecke schreibt: "der Zwist zwischen Ost und West, Pragmatikern und linkem Flügel [...] wird derzeit als Personaldebatte geführt", dann ist das nicht die halbe Wahrheit. Für westdeutsch sozialisierte Politiker scheint es abseits persönlicher Aversionen und Vorlieben überhaupt keine Politik zu geben. Politische Zwistigkeiten sind, wie es aussieht, immer und ausschließlich persönliche Zwistigkeiten. Im Saarland nicht anders als in Hessen, NRW oder Bayern, und da nicht anders als in Berlin. Das muss der schichtbedingte bildungsbürgerliche Konservatismus deutscher Karrieristen sein. Oder aber ein scheuklappenbedingter Mangel an programmatischem Pragmatismus. Man muss wohl nicht dreimal raten, woraus die Scheuklappen gemacht sind und warum ihre Träger sie brauchen.

  • S
    Sonni

    Haha, wo sind denn die sonst so zuverlässig erscheinenden Kommentare der Linkspartei-Aktivisten, die das Forum sonst zumüllen? Und zum Thema Brandenburg: Die vier wichtigsten Linksparteienführer in dem märkischen Bundesland sind allesamt bei der Stasi gewesen. Der Landesvorsitzende Thomas Nord denunzierte bei der DDR-Marine die Fluchtabsichten eines Matrosen und spionierte später als Leiter eines Jugendclubs in Berlin gnadenlos regime-kritische Jugendliche aus. Die Fraktionschefin des brandenburgischen Landtags Kerstin Kaiser hatte sich für die Stasi sogar darauf spezialisiert, intime Details ihres Umfeldes auszuspionieren. Über Mitstudentinnen meldete sie der Stasi nicht nur, wer „keinen gefestigten Klassenstandpunkt“ habe oder wer in Klausuren abschreibe, sondern wer „Nickis auf bloßer Haut“ trage und wer „sexuell stark bedürftig“ sei.

     

    Mit diesen eifrigen Stasi-Figuren bildet der Ministerpräsident Matthias Platzeck nun eine neue Koalition. Nicht nur Bürgerrechtler und Opferverbände sind entsetzt. Denn kein Bundesland ist so sehr Heimatterritorium alter DDR-Seilschaften wie Brandenburg. Unter Linkspartei-Kadern sprechen sie schon von „unserer kleinen DDR“. Na, geschockt von den Fakten? Könnt ihr gerne nachrecherchieren. Sie stimmen.

     

    Die Linke kann keine konstruktive Politik machen, und sie will es nicht. Weil sie es aus tiefer sitzenden Gründen nicht kann und aus opportunen Gründen nicht will, hat sie es aufgegeben, es zu versuchen. Sie entwickelt keine Sprache, die an die Gesellschaft im Ganzen adressiert ist. Es genügt ihr, zu trommeln und ihre Klientel zu sammeln, die zum größten Teil aus den Bürgern besteht, die sich ihr Leben allimentieren lassen. Eine Gesellschaftsordnung, die nur darauf basiert, dass man sich perfekt allimentieren lässt, stürzt aber kurzfristig in sich zusammen. Denn irgendjemand muss ja dafür aufkommen. Kann das die Zukunft sein? Ich meine Nein.

  • P
    peter88

    Oder sich daran erinnern, wie die Medienkampagne über den "Kampf" zwischen Realos und Fundies bei den Grünen geendet ist?

  • N
    NRWler

    Vielen Dank für diesen Interessanten Artikel, haha.

     

    West-Linkspaetei=Fundis, links, AKL, oppositionsverliebt

    Ost -Linkspartei=Realos, pragmatisch, sachlich, regierungswillig

     

    Langsam wurds mir oft genung eingehämmert. Wie wärs mit Inhalten? Für nen NRWler wärs mal nett mehr über die Position der Linkspartei zu hören als vorgefertigte Urteile oder Anspielungen zu realiätsverlust, Ideologismus, Revoluzzertum, blablabla.

    Oder gebt doch einfach Tipps für uns linke wähler in NRW: Sollen wir in den Osten gehn oder vor ort die nette (garantiert regierungswillige und unideologische)SPD wählen?

  • D
    davidly

    Lese ich gerade die Bild Zeitung oder wie?

  • T
    tageslicht

    Nachrichtenwert dieses Artikels = -100

    Der Artikel verarbeitet nichts als irgendwelche Gerüchte aus dem Spiegel, den Sie doch immer wieder so harsch kritisieren (zu recht)

     

    Ich meine, die taz ist doch schon eine sehr kompakte Zeitung. Wenn es solcher Schrott ins Blatt schafft, ist weniger Platz für die wirklich relevanten Themen dieser Welt.

  • F
    FRITZ

    Das ist das Schöne an den Kommies: in aller Regel zerlegen sie sich auf dem Weg zu Weltherrschaft und Unterjochung der Menscheit (vulg. "Befreiung der Arbeiterklasse") durch irgendwelche bizarren Grabenkämpfe zwischen den Irren und den noch Irreren selbst. Gott sei Dank. Weiter so.

  • V
    vic

    Es ist nicht zu fassen.

    Die schwarz-gelb-dunkelschwarzen sind angreifbar wie nie, während SPD und Linke nichts Besseres zu tun haben, als sich unterinander und gegenseitig zu bekämpfen.

  • R
    rboert

    ich überlege ernsthaft nie wieder die taz zu lesen, wenn ihr mit euren linken bashing nicht endlich aufhört!

    "gerüchte", vermutungen", wahrscheinlich"...solche begriffe kenne ich aus anderen klatschpostillen, aber eigentlich nicht von euch.

  • S
    Sebastian

    Vielleicht solltet ihr mal aufhören, vom Spiegel abzuschreiben. Die lügen doch eh wie gedruckt.