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Kommentar Klaus-Ernst-AffäreDas Unbehagen in der Linkspartei

Stefan Reinecke
Kommentar von Stefan Reinecke

Die Affäre um Klaus Ernst ist nur ein Mosaikstein in dem größeren Bild, das für die Linkspartei eher finster ist. Die Widersprüche, die verborgen waren, werden nun sichtbar.

D ie Linkspartei ist ein Phänomen. Während linkssozialistische Parteien in Westeuropa an Bedeutung verloren oder, wie in Italien, fast verschwanden, ging es mit der Linkspartei stetig bergauf. Man gewann auch im Westen Wahlen und zog, überrascht von unverhofften Erfolgen, in Landesparlamente ein. Die Mitgliederzahlen stiegen, und das trostlose Dasein der West-PDS als Nischenpartei schien endgültig der Vergangenheit anzugehören. Mit diesem unaufhaltsamen Aufstieg ist es erst mal vorbei.

Die Linkspartei Rheinland-Pfalz versinkt in einem innerparteilichen Grabenkrieg. Im Saarland mussten die Genossen einräumen, dass ihre Mitgliederzahlen um ein Drittel zu hoch waren, das Gleiche gilt nun für Bayern. Dort verdächtigt der Schatzmeister Parteichef Klaus Ernst sogar der eigennützigen Manipulation von Mitgliederzahlen. In diesem konkreten Fall sollte man vorsichtig mit dem Urteil sein. Ob an diesen Vorwürfen etwas dran ist oder ob ein überforderter Schatzmeister Rache üben will, wird sich erst vor Gericht klären. Für Vorverurteilungen von Klaus Ernst, auch wenn sie gerade hübsch in die mediale Landschaft passen, gibt es keinen Grund.

Diese Affäre ist aber nur ein Mosaikstein in dem größeren Bild, das für die Linkspartei und insbesondere Klaus Ernst eher finster ist. Der Parteiaufbau im Westen stockt. Dass neue Parteien Karrieristen und Profilneurotiker anziehen, ist nicht ungewöhnlich. Aber bei der Linkspartei im Westen, die nun schon gut fünf Jahre alt ist, dauert diese Häutungsphase ziemlich lange. Um so wichtiger wäre ein Parteichef, der integriert, befriedet und die innerparteiliche Debatte organisiert. Fraglich ist, ob ausgerechnet der höchst eigenwillige Klaus Ernst auf diesem schwankenden Schiff der richtige Kapitän ist. In der Linkspartei halten sich Gerüchte, dass Oskar Lafontaine lieber wieder nach Berlin will. Das mag Unfug sein oder auch nicht - schon dass solchen Gerüchten geglaubt wird, zeigt, wie fragil Ernsts Lage ist.

Bild: taz

Stefan Reinecke ist Redakteur im Parlamentsbüro der taz, hier insbesondere zuständig für die Partei "Die Linke".

Bislang hat die Linkspartei die Spannung, im Westen Protest-, im Osten Reformpartei zu sein, erstaunlich gut ausgehalten. Eine Umfrage hat kürzlich gezeigt, dass selbst im Osten immer weniger die Linkspartei für eine normale Partei halten. Das zeigt, dass die Widersprüche, die verborgen waren, solange es nur bergauf ging, nun sichtbar werden. Es macht nicht den Eindruck, als hätte die Partei Antworten darauf.

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Stefan Reinecke
Korrespondent Parlamentsbüro
Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.
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12 Kommentare

 / 
  • V
    vic

    Die taz sollte ihre Aufgabe darin sehen die Öffentlichkeit davor zu bewahren, alles zu vergessen was an den "Bürgerlichen" faul war,

    faul ist, und faul bleiben wird.

    Darüber gibt`s jeden Tag Neues zu berichten.

    Den "Haut Die Linke Job" erledigen einstweilen genug andere.

    Zudem:

    Wenn ich zwischen fünf Gangs zu entscheiden habe, dann werde ich Die Linke nehmen.

  • S
    Schattenfels

    Manche Schweine sind halt etwas gleicher als andere! Deshalb ist es sozial gerecht, dass der Führer der Kommunisten ein dickes Gehalt, saftige Pensionsansprüche und ne schmucke Villa bekommt. Und Wahlen sind dazu da, um gefälscht zu werden, auch parteiintern, wenn´s sein muss. Der Landesverband in Bayern muss doch Krafts Interessen in der Partei "angemessen" vertreten!

  • DN
    Dr. No

    Von dem Karikaturisten Klaus Halbritter gab es vor dreißig oder vierzig Jahren mal eine Geschichte des Dritten Reiches anhand von Karikaturen. Auf einer Karikatur sieht man einen Mann mit dem Völkischen Beobachter in der Hand und im Hintergrund seine Frau. Der Mann sagt: "Mutter, ich glaube nicht alles, was in der Zeitung steht, aber wenn alle so schreiben, muss was dran sein". Daran muss ich oft denken, wenn ich heute die Berichterstattung über die Linke verfolge.

  • WG
    Werner G.

    Eigentlich hab' ich mich ja schon langsam an diese widerliche Spiegel - Taz - Bild - Kampagne gewöhnt.

    Ärgerlich ist für mich ja nur, dass ich, obwohl ich schon vor Wochen ( nach 30 Jahren!!! ) mein ABO gekündigt habe, immer noch meinen "POLITISCHEN" Preis für dieses Käsblatt bezahlen muss, und zwar noch bis Oktober!!!.

    Als ich vor ein paar Jahren mein Auto verkauft habe, war der ADAC kulanter!

    Na ja, die Zeit geht auch noch vorbei.

  • S
    Stimmvieh

    Wären FDP oder Grüne einem derartigen medialen Dauerfeuer ausgesetzt wie die Linke, würden sie vermutlich knapp an der Fünf-Prozent-Hürde vor sich hin vegetieren. Okay, die FDP ist mittlerweile da angekommen, aber Westerwelle und Co. haben auch hart daran gearbeitet. ;-)

     

    2002 - nur zu Erinnerung - war die damalige PDS mit gerade zwei Direktmandaten im Bundestag vertreten, bevor Schröder dann mit der Agenda 2010 große Teile der eigenen Mitglieder und WählerInnen vor den Kopf stieß und eine große Lücke im politischen Spektrum eröffnete. Dass die Linkspartei Zeit braucht um in diese Lücke hinein zu wachsen, ist in meinen Augen nur verständlich, gerade weil diese Partei ein relativ breites Spektrum an politischen Vorstellungen vereint, von enttäuschten SozialdemokratInnen bis hin zu KommunistInnen.

    Übrigens, auch in der SPD gibt es ein breites Spektrum an politischen Ideen, von Leuten, die der Linkspartei sehr nahe stehen bis hin zu den Agenda-2010-VertreterInnen aus dem Seeheimer Kreis. Wird die SPD jetzt auch von SektiererInnen zerrissen?

     

    Und nicht, dass ich wollte, dass die Linkspartei wie die Grünen endet, aber ich erinnere nur an das Unbehagen, als die Grünen um die Frage rangen, ob Deutschland sich am Kosovo-Krieg beteiligen soll; da waren die Grünen auch schon eine etablierte Größe in der bundesdeutschen Politik und sogar schon an der Regierung beteiligt.

    Wie gesagt, wenn andere Parteien von den Medien so heftig attackiert würden wie die Linkspartei...

  • D
    DLD

    Irgendwie muss immer ein Sommerloch gestopft werden, statt den Dingen wirklich auf den Grund zu gehen. Was bezweckt eigentlich der Schatzmeister der bayerischen "Linken" mit diesem Rundumschlag? Kennt er möglicherweise nicht einmal die Regelung zu Beitragssäumigen aus der "Linken"-Satzung. Solange diese Schuldner nicht durch entsprechende Regelungen bei der Ermittlung von Delegierten ausgeschlossen sind, kann man wohl kaum von Karteileichen reden. Wenn diese Partei es tatsächlich hinnimmt, dass Mitglieder über Jahre hinweg ihren Beitrag nicht zeitig und vollständig entrichten, sollte besser der Schatzmeister (und seine Untergliederung) den Hut nehmen. Es kommt keineswegs darauf an, ob man Herrn Ernst mag oder nicht, vermutlich ist er jedoch rechtmäßig mit einem wenn auch recht knappen Ergebnis gewählt worden - sei's drum!

  • D
    dissenter

    Ähm...versteh ich jetzt nicht!?

    Klaus Ernst nicht vorverurteilen, aber die Affären, so es welche sind, um ihn herum als Mosaiksteine eines Bildes verstehen, das für ihn unterirdisch schlecht aussieht und die ganze Partei in den Abgrund zu reißen droht? Linke am Ende, Kommunismus kaputt? Und als ob's nicht schon schlimm genug wäre, droht auch noch die Rückkehr des Genossen Lafontaine an die Spitze des Politbüros? Vorwärts nimmer, rückwärts immer! Oder wie?

    Doch weder manipulierte Flugspesen noch gemauschelte Mitgliederzahlen wären, wenn die Vorwürfe überhaupt zutreffen, ein Exklusivproblem der Linkspartei. In Hamburg musste vor bald 20 Jahren eine ganze Bürgerschaftswahl wiederholt werden, weil die CDU bei der Kandidatenaufstellung manipuliert hatte!

    Ihr wolltet immer, dass die Linke "ankommt" und sich als "würdig" erweist. Nun seid zufrieden mit dem, was ihr habt!

  • R
    Reiner

    Übrigens sind das Probleme, die in allen Parteien auftreten. Nur wird das im falle der LINKEN von Teilen der Medien (spiegel, süddeutsche, FR) aus taktishcen Gründen ausgeschlachtet. Mit einer wirklichen inhaltlichen Auseinandersetzung hat das NICHTS zu tun.

  • H
    hto

    "Phänomen" - Nein, die Linkspartei ist auch nur ein Symptom, dieser doch sehr offensichtlich schizophrenen und konfusionierenden Überproduktion von systemrationalem Kommunikationsmüll im "freiheitlichen" Wettbewerb um ...!?

  • V
    vic

    Immer feste runterschreiben, die ungeliebte Linke.

    Sollte Ernst betrogen haben, wäre er in einer der "normalen" Parteien besser aufgehoben.

    Aber Ernst ist nicht Die Linke.

    Ich für meinen Teil wäre übrigends über eine Rückkehr lafontaines erfreut.

  • H
    herbert

    Na und? DIE LINKE ist alternativlos!

  • T
    Thom

    Ein Schmählied von Reinecke-Fuchs auf die Linkspartei. Was für eine Überraschung.