Kolumne Kriegsreporterin: Lustige Schreibspiele für Zuhause
Yay! Noch 4.000 Facebook-Freunde, dann wird Cherno Jobatey entthront. Außerdem: Was an der Diskussion um den Henri-Nannen-Preis interessant ist.
H allo, taz-Medienredaktion! Das sind Frontnachrichten! Meine aus der Bestürzung darüber, dass Cherno Jobatey als "Journalist" mit den meisten Facebook-Klicks gilt, geborene Kampagne "Beat Cherno" hat eingeschlagen wie eine Bombe. Knapp 2.000 Freunde habe ich aktuell und ich bin fest entschlossen, bis am 25. Mai der Laden dichtgemacht wird, die restlichen 4.000 unter www.facebook.com/kriegsreporterin zusammenzutrommeln. Wenn nicht, ist Cherno einfach toller als ich, das muss man dann auch akzeptieren können.
Meine neuen Freunde jedenfalls sind große Klasse. Lauter Leute, die das Richtige wollen und unermüdlich anfeuern! Keine Ahnung also, was es heißt, wenn IVW meldet, Klickzahlen wären rückläufig, der Frühsommer würde Menschen von Aktivitäten im Netz abhalten.
Ganz großer Spaß für uns war natürlich, als sich am Tag drei das Management von Herrn Jobatey bei der taz meldete, um sich über die "unglaubliche Hetzkampagne" zu beschweren und wegen "Verletzung der Persönlichkeitsrechte" eine sofortige Löschung der Kolumne im Netz verlangte sowie eine Entschuldigung. Das kollektive Gelächter ging als Klickwelle voller Schubkraft durch die Republik. Zwei Tage später hat sich Cherno dann endlich selbst gemeldet und viel Glück gewünscht. So sieht Haltung aus!
Voll zupass kommt mir im Kontext steigender Beliebtheit die Nachricht, dass Lutz Marmor, Intendant der ARD, eine stärkere Zusammenarbeit zwischen seinem Fernsehen und Zeitungen anstrebt. Jetzt, wo ich so viele Freunde habe, ist es nur folgerichtig, auch bald "Kriegsreporterin-TV" auf Sendung zu schicken. Eine feste Rubrik wäre dann die "Feuerpause", die direkt aus dem dieser Tage eröffneten F.A.Z.-Café der Frankfurter Allgemeinen Zeitung gesendet werden könnte. Bei einer Tasse "Schirrmacher aufgeschäumt" könnte ich aus meinem reichhaltigen Erfahrungsschatz als Trainerin für kreatives Schreiben schöpfen und mithilfe von Zeitungsbuchstaben wirklich lustige Schreibspiele vorstellen, die sich zu Hause ganz furchtbar leicht nachmachen lassen.
Apropos von zu Hause aus arbeiten: Passend zur Dokumentation über Tom Kummer, die jetzt im Kino angelaufen ist - Kummer war, statt Hollywoodstars tatsächlich zu treffen, lieber zu Hause geblieben und hatte sich die Interviews ausgedacht - leistet auch die Vergabe des Henri-Nannen-Preises ihren Beitrag zur Diskussion, was Journalismus darf. Geht es doch darum, die Vollendung journalistischer Ansprüche mit einem Preis auszuzeichnen, hat man dem am vergangenen Freitag für Reportage ausgezeichneten Kollegen René Pfister am Montag den Preis wieder aberkannt. Pfister hatte über die Tätigkeit Horst Seehofers als Modelleisenbahnschaffner geschrieben, ohne jemals selbst in dessen Keller gewesen zu sein. Weil der Autor nicht persönlich zugegen war, wenn Seehofer in die Pfeife blies, ist der Preis nun weg und die ewige Diskussion wieder da, inwieweit Aufgeschriebenes durch den Journalisten erlebt sein muss.
SILKE BURMESTER berichtet wöchentlich von der Medienfront. Feldpost? Mail an kriegsreporterin@taz.de.
Die Diskussion ist alt, neue Erkenntnisse wird es kaum geben. Interessant ist vor allem eines: Die Vertreter der Häuser, die immer die Preise absahnen, sprechen sich in der Regel gegen die Aberkennung aus. Die Kollegen, die eh kaum eine Chance haben, dafür.
Ausgezeichnet wurde auch der Satz "Qualität kommt von Qual" für sein Lebenswerk. Ein absoluter Scheißsatz, wenn man mich fragt, aber mich hat ja keiner gefragt. Von daher, freudig, statt gequält, zurück nach Berlin!
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