Kolumne Kriegsreporterin: Klicks sammeln gegen Cherno Jobatey
Royal Wedding ist vorbei, Barbara Schöneberger posaunt Schwachsinn in die Welt – und die Kriegsreporterin startet auf Facebook die Kampagne "Beat Jobatey". Klick!
Hallo, taz-Medienredaktion!
Seid Ihr auch so plemplem von der Hochzeit? Oder saßen die Heteros weit weg? Ich für meinen Teil hatte mich ahnungslos in die Fänge eines sehr erfolgreichen Hamburger Designerbüros begeben - eine Zeitung zu oll, ne tolle Magazin-Idee - die Jungs machen was Hippes draus. Fronarbeit war angesagt, Sie wissen, die dunklen 21 Prozent meines leuchtenden Wesens machen PR. Und da saß ich dann, als der Beamer anging und das Ereignis der Woche auf der Raufasertapete zum Leben kam. Es war der Moment, der mich am Konzept der heterosexuellen Kultur zweifeln ließ: "Ach, ist das schön!" - "Nein, wie schön!" - "Das ist aber auch ne Süße!" Und auch William, der in seiner breiten roten Uniformjacke so aussah, als hätte man seinen Kopf durch eine Erdnuss ersetzt, wurde als schnieke ausgemacht.
Tage zuvor war jeder aus dem kreativen Umfeld der Herren, der es wagte anzurufen, zur Wette auf Hutfarbe und Kusslänge aufgefordert worden, und für die drei Gestalter gab es an diesem Morgen kein anderes Thema. Das war geradezu niedlich, und ich bin bereit, als Kronzeugin aufzutreten, wenn es mal wieder um die Verweiblichung der Medien geht.
Wobei ich leider auch als Zeugin zur vollkommenen Verstussung der Medien aussagen muss. Hatte Rolf Seelmann-Eggebert erstaunliche Souveränität trotz seines Lieblingsthemas an den Tag gelegt, fragt man sich, warum die sonst häufig schlau-schlagfertige Barbara Schöneberger mit Sicherheit sehr viel Geld dafür bekommt, einen Schwachsinn in die Welt hinauszuposaunen, als wäre ihr mit der Geburt ihres Kindes auch das Hirn unten rausgeflutscht.
Das ist mit Sicherheit nicht, was "die Mehrheit der Deutschen" (Forsa für Gala) will, wenn sie will, dass Schöneberger "Wetten, dass..?" übernimmt.
Dem Vorbild von ARD und ZDF, von ein und derselben Veranstaltung irgendwie unterschiedliche Bilder zu senden, wollte man bei Gala und Bunte immerhin nicht nachkommen und hat sich entschieden, die anlässlich der Hochzeit vorgezogenen Ausgaben mit dem gleichen Titelbild auszustatten. Exklusivität war gestern. Heute folgen selbst die Medien dem McDonalds-Prinzip, egal, wo man is(s)t, alles schmeckt gleich.
Weil der Bauer-Verlag Angst hat, das Publikum könne woanders essen, hat er versucht, die Verteilung des Jugendmagazins Spiesser zu unterbinden, indem die bäuerlichen Juristen Schulleiter anschrieben, mit der Frage, vor welchem rechtlichen Hintergrund die Zeitschrift kostenlos an der Schule ausliege. Das darf Bauer nun nicht mehr tun. Die Spiesser hingegen dürfen nicht mehr behaupten, an 13.210 Auslegestellen vertreten zu sein. Werden sie auch nicht. Schließlich haben zwei Schulleiter die Bestellung abgesagt, es sind nur noch 13.208 Stellen.
Aber auch mir machen Behauptungen einen schlimmen Kopf. Ich musste lesen, dass Cherno Jobatey - Sie erinnern sich, der lustige Clown aus dem "ZDF-Morgenmagazin" - mit über 5.500 "Gefällt mir"-Klicks "der Journalist" mit den meisten Facebook-Freunden sei. Der. Journalist. Ich dachte, der dreht Zahlen beim "Glücksrad". Das kann ich nicht auf unserem Berufsstand sitzen lassen. Und auch nicht auf mir. Deswegen starte ich eine Kampagne: "Beat Jobatey". Ich brauche mehr Klicks als er. Deshalb gibt es die Facebook-Seite "Die Kriegsreporterin". Da muss man "Gefällt mir" klicken. Sie, liebe Leser, müssen da klicken! Und alle, die Sie kennen!! Es geht um die Rettung eines Berufsstandes. Ich brauche 5.600 Klicks. Mindestens. "Beat Jobatey" auf http://+www.facebook.com/Kriegsreporterinwww.facebook.com/Kriegsreporterin. Klickend zurück nach Berlin!
Leser*innenkommentare
Kopfschmerz
Gast
Misst man Erfolg heutzutage wirklich nur noch in der Maßeinheit 'fb' für Facebook? Ist das nicht ziemlich bedenklich, gerade wenn man für sich in Anspruch nimmt, jemandem tatsächlich überlegen zu sein? Wenn man fb-Klicks als Argument dafür benötigt, sollte man seinen Anspruch an sich selbst sehr intensiv überdenken. Ja, das lass ich jetzt einfach mal so pauschal stehen.
Und warum kann man keine Artikel "anti-flattern"?
starkesStueck
Gast
@Graf Nitz
wenn sie Cherno Jobatey einen freifahrtschein für quark-journalismus ausstellen, weil sie ihn zuallererst als "Schwarzen und Afrodeutschen" betrachten, ist das rassistisch. bitte denken sie da mal drüber nach.
mit freudlichen grüßen
eine, die nicht nach ihrer hautfarbe, herkunft und religion beurteilt werden will - aber (auf professioneller ebene) gern nach ihren leistungen!
Gert Warlow
Gast
Immer wieder schön, wie sich Frau Burmester als einsame Spitze des Qualitäts-Journalismus geriert. Alle anderen leiden unter höchst ansteckender "Medien-Verstussung". Klar. Und jetzt sollen wir auch noch demütig den "Gefällt mir"-Button für die Kriegsreporterin auf Facebook drücken? So viel Stuss habe ich lange nicht gehört... Dann lieber Jobatey.
Stefan K.
Gast
Als Nicht-Fernseher hab ich Herrn Jobatey auch nur als uninteressanten Wichtigtuer in vager Wahrnehmung – um so positiver war ich erstaunt, als ich gerade durch die alberne Kampagne von Frau Burmeister auf
http://www.jobateyjournal.de
gestoßen bin. Dort trägt Herr Jobatey (oder ein von ihm bezahltes Team) seit über zwei Jahren täglich Links zu den Kommentar-Seiten der relevanten (Print-)Medien sowie hilfreichen Hintergrundartikeln.
Mein Respekt für diese Sprungplattform zur Ausbildung seiner eigenen Meinung! Ich werde sicher öfter dort vorbei schauen!
Ein guter Anstoß, dass auch eitle Fernseh-Moderatoren tolle Projekte betreiben (oder am Leben erhalten) können – es lohnt sich, gelegentlich über den eigenen Tellerrand zu schauen...
laZee
Gast
Graf Nitz: Ich finde Ihren Kommentar rassistisch. Es gibt keinen einzigen Hinweis auf derartige Motivation, ich persönlich hätte den Umstand nicht mal bemerkt - sie achten da anscheinend schon mehr auf Hautfarbe. In meinen Augen macht die Herkunft nicht immun gegen Kritik.
Zum Kampagne: Ein bisschen lächerlich. Vielleicht auch ein bisschen kindisch. Ich nehme an das passiert, wenn man zum ersten Mal mit diesem Suchtphänomen der Follower, Visitor und "Likes" konfrontiert wird.
Kai Weber
Gast
Kann mich Donald Ente nur anschließen. Ich wüsste nicht, wieso die soeben gelesene "Kolumne" (nichts weiter als eine witzige Polemik, die vielleicht auch in der Titanic Platz gehabt hätte) eher als Journalismus gelten soll als das, was Cherno Jobatey macht.
Donald Ente
Gast
Allein der unsinnige Appell, Klicks bei facebook - der Ikone der Selbstverliebten - abzugeben, um mehr Klicks als Cherno Jobatey zu bekommen, diskreditiert den Berufsstand des Journalisten mehr, als Jobateys "Gefällt mir"-Klick-Anzahl.
Kurt
Gast
da muss man sich ja registrieren lassen, um klicken zu können :-(
ghostclickingGeisterbraut
Gast
och mönsch, jetzt wo ich kein facebook-profil mehr habe ... ich klicke im geiste für die kriegsreporterin!
Graf Nitz
Gast
Cherno Jobatey ist Schwarzer und Afrodeutscher. Ist es in Deutschland schon wieder soweit, das der rassistische Hasskübel ausgekippt werden darf? Wie inSolingen oder Seibnitz?