Private TV-Sender planen Videoplattform: Große Freiheit 2.0
Video-on-Demand? Das brauchen wir auch, denkt man wohl bei RTL und ProSiebenSat.1: Die TV-Unternehmen planen eine sender-übergreifende Videoplattform à la Hulu.com.
Für Zuschauer wäre das gigantisch, für die Sender aber ein waghalsiges Manöver: RTL und ProSiebenSat.1 arbeiten an einem Klon von Hulu.com, einer senderübergreifenden Videoplattform. Wer Serien wie "Alarm für Cobra 11" und "Switch" oder auch Shows wie "Schlag den Raab" und "Mein Mann kann" verpasst hat, soll sie, sofern die europäischen Kartellwächter der Idee zustimmen, alle auf einem Portal nachschauen können - kostenlos und bis zu sieben Tage nach der TV-Ausstrahlung.
Das Besondere an diesem Gemeinschaftsunternehmen: Die beiden größten hiesigen TV-Konzerne laden auch alle anderen Kanäle ein, sich an dem Joint Venture zu beteiligen, ausdrücklich auch die gebührenfinanzierten öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF. Das Zappen im Fernsehen, wo alle Programme in einer Kiste auf den Zuschauer warten, könnte sich so auf einer Webseite fortsetzen. Den internetaffinen Zuschauern käme das ohne Frage äußerst entgegen.
Das Problem aber ist, dass sich die Plattform allein aus Werbung vor und zwischen den angesteuerten Sendungen finanzieren soll - ein Bezahlmodell schließen RTL und ProSiebenSat.1 derzeit aus. Zwar bringen Onlineanzeigen immer mehr ein, können aber auf absehbare Zeit nicht die Erlöse von TV-Spots ersetzen. Bis auf Weiteres kann es sich daher kein Sender leisten, seine Serien, Filme und Shows exklusiv im Netz zu präsentieren.
Was also wäre, wenn die Plattform tatsächlich Erfolg hätte, sie also zu viele Zuschauer dazu verführte, nicht mehr die Glotze einzuschalten, sondern nur noch den Computer? Dann könnten Programmmacher viele Inhalte womöglich gar nicht mehr in Auftrag geben, die ein solches Videoportal füllen sollen. So ist es auch keine Überraschung, dass das US-Vorbild inzwischen macht, was RTL & Co. noch ausschließen und für viele Inhalte zur Kasse bittet, in einem Hulu Plus für knapp 10 US-Dollar im Monat.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen