Kommentar VW-Hauptversammlung: Die Zukunft verschlafen
Nichts zeigt das Unverständnis des VW-Managements für die Masse seiner Kunden besser als das Aufgebot unbezahlbarer Luxuskarossen.
F erdinand Piëch, langjähriger VW-Übervater, ist 78. Der vor ihm mit viel Mühe gerettete Vorstandsvorsitzende Martin Winterkorn wird in wenigen Wochen 68. Diese Überalterung hat Folgen. Schon auf dem Weg zur Hauptversammlung in Hannover wird klar: Für Aufsichtsrat und Vorstand zählt nur der Verkauf möglichst teurer Autos – und sonst nichts.
Oft obszön wirkt deshalb das Angebot, dass der zwölf Marken umfassende Konzern immer wieder neu polieren lässt: VW präsentiert Audis und Porsches für mehr als 100.000, Lamborghinis für mehr als 200.000 und Bentleys für mehr als 300.000 Euro. Etwas verschämt zeigt der zweitgrößte Autobauer der Welt in einer Ecke zwar auch Kleinwagen der Marke Skoda – doch nichts zeigt das Unverständnis des VW-Managements für die Masse seiner Kunden besser als das Aufgebot unbezahlbarer Luxuskarossen.
Nicht nur Winterkorn, auch seine führenden MitarbeiterInnen haben nicht verstanden, dass gerade Jüngere keine Lust mehr haben, viele Monats-, wenn nicht Jahresgehälter für eine Blechkiste auszugeben. Carsharing kommt im Rechenschaftsbericht Winterkorns ebenso wenig vor wie Datenschutz – bemerkenswert für einen Konzern, der bis 2020 jeden Neuwagen mit dem Internet verbinden und jederzeit überwachbar machen will.
Zwar bekennt sich das VW-Management zur Elektromobilität – und präsentiert auch hier nur alte Denke: Möglichst schnell, möglichst teuer und damit möglichst profitabel sollen die Wagen sein. Progressive Mobilitätskonzepte, in denen das (oft gemietete) Auto neben öffentlichen Verkehrsmitteln und Fahrrädern längst nicht mehr die Hauptrolle spielen wird, vernachlässigt der Konzern dagegen – genauso wie das von vielen KundInnen nicht nur in Schwellenländern gewünschte bezahlbare Budget Car. Zukunftsfähig ist das nicht.
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