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Kolumne Die KriegsreporterinSchmidt, die rauchende Schildkröte

Kolumne
von Silke Burmester

Die FDP hat mehr Profil als die SPD, eine alter Mann und seine letzte Zigarette und ein George, der einen George bei Arte spielt.

Ein natürlicher Bestandteil des Altkanzlers: die Mentholkippe. Bild: dpa

H allo taz-Medienredaktion!

Ich höre bekanntlich ja Phantomsexgeräusche. Ich höre aber auch Ärger, der gar nicht in meiner Nähe ist. Zum Beispiel den beim NDR, als letzte Woche eine Pressemitteilung rausging, in der es heißen sollte, dass Kurt Beck sagt, er halte die Berichterstattung über Peer Steinbrück (das ist der Kanzlerkandidat der SPD) nicht für objektiv. Da hatte man sich in der Pressestelle verschrieben und die kleine Kugel mit den Stummelbeinchen kurzerhand „Kurz Beck“ genannt. Was ich recht hübsch finde. Womit ich sicherlich die Einzige bin.

Beim NDR dürfte man eine Krise bekommen haben. Da haben die Kollegen von „Panorama“ einmal einen von der SPD vor der Kamera, an den die Leute noch erinnern, und dann verschreibt man sich in der Jubelmitteilung an die Presse so blöd. Wobei ich zugeben muss, erst durch die Berichtigungsmail auf den hübschen Fauxpas aufmerksam geworden zu sein.

Egal, Schnee aus einer anderen Zeit. Wer ist schon die SPD? Eine Partei verstorben 2013. Aktuell hat ja selbst die FDP mehr Profil. Jedenfalls genug fürs ZDF, das den an Armen und Beinen gebrochenen Dirndlkandidaten Rainer Brüderle im Sommerinterview auf seinen Sexismus angesprochen hat. Was der 68-Jährige – wohl noch nüchtern – mit der Antwort bedachte: „Es gibt Themen, zu denen muss man sich nicht äußern.“ Herren aus der Vergangenheit sind auch bei der Zeit hoch im Kurs. Wohl um einem möglichen Vakuum vorzubeugen, sollte die Schildkröte der Herausgeberschaft, Helmut Schmidt, wiedererwartend doch irgendwann seine letzte Zigarette geraucht haben, versuchen jetzt fünf Herren im Schildkrötenvorstadium, dem Leser online morgens die Welt zu erklären.

Frauen sind dazu ja auch zu doof. Warum also sollte man auf die Idee kommen, eine unterzumischen? Und wer sollte das sein? Rita Süssmuth hört ja bekanntlich nicht zu reden auf, wenn sie erst einmal anfängt, und Erika Berger hat bereits andere Verpflichtungen.

Tri-tra-trullala, der Thomas Middelhoff ist wieder da! Middel-,Middel- was? Middelhoff. Das ist der ehemalige Bertelsmann-Manager, der fiese Bereicherungsspiele unter anderem mit Karstadt getrieben und um Mitternacht gegrinst hat. Woraufhin ihm das Grinsen in der Fresse gefroren ist. Wie mir das Schielen festgefroren wäre, hätte ich nicht immer in der letzten Sekunde, um 23.59.59 Uhr, gekniffen. Thomas Middelhoff will jetzt in China sein Unwesen treiben und ich glaube, der Wind, der am Montag durch das Land wehte, war das Aufatmen der Medienmenschen, dass der Grinsemann das Weite sucht und erst mal nicht auf die Idee kommt, hier was zu reißen.

Richtig was gerissen hat hingegen Götz George. Und zwar bei Arte. Sicherlich nicht zuletzt wegen des Theaters, das er um den späten Sendeplatz in der ARD bezüglich der Verfilmung des Lebens seines Vaters gemacht hat, haben am Montagabend bei Arte rund 800.000 Zuschauer eingeschaltet. Sogar die Schauspielervereinigung war dem Mimen zur Seite gesprungen und hatte „Respektlosigkeit“ im Umgang mit der Kultur beklagt.

Ich nehme an, die Programmplaner hatten „George“ bereits gesehen und wussten, dass ein in seiner Machart derart anachronistisches Werk à la Horst Königstein inklusive Begehungen des Elternhauses mit Sätzen wie „hier stand die alte Eiche“ heutzutage einfach nur peinlich ist. Schön auch, dass Anke Engelkes Sendung, die am Sonnabend startet, jetzt schon als „Kultsendung“ vom WDR gefeiert wird. Früher musste sich ein Kult entwickeln. Heute kann man ihn bereits vor der Geburt anheften. Damit zurück nach Berlin!

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Kolumnistin
Silke Burmester war über 25 Jahre schreibende Journalistin. Von Anfang an auch für die taz. Hier hat sie u.a. Carla Brunis geheimes Tagebuch veröffentlicht und als „Die Kriegsreporterin“ von der Medienfront berichtet. Jetzt hat sie beschlossen, Anführerin einer Jugendbewegung zu werden und www.palais-fluxx.de für Frauen ab 47 gegründet, das "Onlinemagazin für Rausch, Revolte, Wechseljahre“. Für die taz wird sie dennoch ab und zu schreiben, logo!
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10 Kommentare

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  • W
    Widerhaken

    Natürlich gehört das "e" weg. Wir haben so eine schöne Sprache. Aber sie erfordert ein wenig Mühe bei den Feinheiten. "Wider" heißt "entgegen" - "wieder" heißt "erneut".

     

    Gruß vom Gast

  • Linkisch zwanghafter Versuch für meine so wortsichere Lieblingskolumnistin die Lanze zu brechen :

     

    Das "Scheisserle" hat sicher recht.

     

    Ich seh' das so, mindestestens

     

    fehlt ein Lücke,

     

    ob ein "E" zuviel ist, ist Insiderwissen.

     

    Auch mir ist dieser fauxpas erst durch den Hinweis aufgefallen.

     

    Wie immer primstens unterhalten, lieber Silke B..

  • Die zuständige Kollegin von taz.de fand das mit dem Vornamen-Typo wohl so witzig, dass sie sogleich im 'Themen'-Kasten auf der rechten Seite die "Solke Burmester" erschuf ;-)

  • R
    ridicule

    Hat doch was!

     

     

     

    George-Kreisler Staufenberg geehrt

     

    am 20.Juli - der andere Georg,

     

    Elsers Georg - vergessen;

     

    wie Gauck de Gauch, den kannste auch…!

     

     

     

    Aber dann - paßt schon:

     

    Hück; am 24.Juli "George-Gegrusel an ARD" - a-gähn;

     

    - ever mäht nix; meer schaue drop-kick-and-run by girls an ZDF;

     

    mit dem zweiten siehste halt mehr.

     

     

     

    Ps:

     

    Schmidt ? -- SCHNAUZE!

     

    WK II - is vorbei!

     

    ( vielleicht kann ihm das mal jemand

     

    stecken!? Danke.)

  • A
    altbau

    Danke, Frau Burmester. Wie immer alles bestens. Gerne wieder :-)

     

    (Hoffentlich werden Sie nicht arrogant bei all dem Lob!)

  • Scheinohrgasmus

     

     

     

    Verkehrslärm plagt mich Tag und Nacht

     

    Und ich bin schon oft erwacht,

     

    Weil die liebe Nachbarschaft

     

    Akustisch meine Nerven strafft.

  • K
    KulurKultKurt

    "Schön auch, dass Anke Engelkes Sendung, die am Sonnabend startet, jetzt schon als „Kultsendung“ vom WDR gefeiert wird."

     

     

     

    Hat der WDR das wirklich gemacht? Ich finde eigentlich überall nur die Ankündigung als "Kulturshow" (Kultur, nicht Kult). So steht es jedenfalls in den Pressetexten, auf den Senderseiten im Web, und auch in der WDR-Sendung "West ART" am Dienstagabend wurde es so genannt. Wohl um klar zu machen, dass es nicht etwa um Comedy geht, was viele bei Anke Engelke ja immer noch zuerst im Kopf haben.

     

    Vielleicht war das nach dem so treffenden Schreibfehler "Kurz Beck" doch eher ein Lesefehler der Kriegsreporterin...?"

  • J
    jaybear

    > NDR - Panorama-Pressemitteilung zu Helmut Schmidt:

     

    > "... und dann verschreibt man sich in der Jubelmitteilung an die Presse so blöd. ..."

     

     

     

    Gibt es einen Grund, warum Normal-Sterbliche den exakten (Fauxpax-)Wortlaut nicht erfahren dürfen?

     

     

     

    ... Der Google-Krake scheint das auch eher auszublenden, oder?

  • K
    Klugscheißerle

    Liebe Silke Burmester,

     

     

     

    ich lese Ihre Kolumnen (hier wie auch bei den SPON-Kollegen) gern und regelmäßig, die mir ebenso regelmäßig das ein oder andere Schmunzeln abringen. Diesmal allerdings muss ich ein wenig klassisch deutsch besserwissern: Sie meinen doch sicherlich nicht "wiedererwartend" (eine Erwartung erneut habend), sondern eher "wieder Erwarten" (entgegen alle Erwartungen).

     

    Stimmt's?

    • L
      Lilith
      @Klugscheißerle:

      In diesem Fall übrigens "wider Erwarten" - ohne e, verehrter Vorschreiber. Wenn schon klugscheißen, dann besser richtig ...