piwik no script img

SchulreformNeuer Vorschlag für G9

SPD-Fraktion will Volksinitiative gegen Turbo-Abitur entgegenkommen. Wie, bleibt bis Mittwoch geheim. Grüne wollen Schulkonferenzen entscheiden lassen.

Viele Wege führen dahin: Abitur - G8 oder G9? Bild: dpa

HAMBURG taz | Die Wiedereinführung des neunjährigen Gymnasiums (G 9) in irgendeiner Form wird für Hamburg immer wahrscheinlicher. Das deutet sich nach Beginn der Verhandlungen zwischen SPD-Fraktion und Volksinitiative „G 9-HH-jetzt“ an, die am Mittwoch begannen. Die SPD werde beim zweiten Treffen am kommenden Mittwoch einen „konkreten Vorschlag für eine mögliche Umsetzung des G 9 vorlegen“, sagt SPD-Schulpolitiker Lars Holster zur taz. Deshalb soll bei der Runde neben Holster und SPD-Fraktionschef Andreas Dressel auch Schulsenator Ties Rabe (SPD) dabei sein.

Wie dieser Vorschlag konkret aussehen wird, vermag Holster noch nicht zu sagen. Es gebe bisher nur verschiedene Ideen, die mit der Schulbehörde durchgerechnet würden. Sicher sei nur, dass es nicht, wie von der Initiative gefordert, schon zum 1. August 2014 zu einer Umsetzung kommen wird.

Der Zeitplan für eine mögliche Einigung ist sehr eng. Es gebe überhaupt nur noch zwei Termine. Bis zur Bürgerschaftssitzung am 9. und 10. April müsse eine Einigung erzielt werden, berichtet Holster. Denn danach beginnt die Frist in der sich die Volksinitiative entscheiden muss, ob sie in die nächste Stufe geht und für die Zeit nach den Sommerferien ein Volksbegehren anmeldet.

Auf Seite der Initiative verhandeln neben Sprecherin Mareile Kirsch die fünf Vertrauensleute Eva Terhalle-Aries und Ulf Ohms sowie Stefanie Krüger und Alexandra Bialas. Die von Eltern getragene Gruppierung fordert eine Wahlfreiheit für jedes Kind zwischen der vor einigen Jahren eingeführten achtjährigen (G 8) und der alten neunjährigen (G 9) Gymnasialschulzeit.

Dies gilt in Lehrer- und Behördenkreisen als praktisch schwer umsetzbar. Außerdem gerät nach Ansicht aller fünf Bürgerschaftsparteien die Stadtteilschule in Gefahr, wenn sie das Alleinstellungsmerkmal des Abiturs nach neun Jahren verliert.

Doch seitdem bekannt wurde, dass das Nachbarland Niedersachsen zum G9 zurückkehrt und bei einer Umfrage des Hamburger Abendblatts 70 Prozent der Hamburger für G9 stimmten, hat die Initiative Oberwasser. In Rathauskreisen gilt ein drohender Volksentscheid als nicht mehr gewinnbar.

Sollte sich am kommenden Mittwoch der SPD-Vorschlag als tragfähige Basis für weitere Gespräche erweisen, sollen auch CDU und Grüne in eine neue Konsenssuche einbezogen werden. Alle drei Parteien hatten 2010 den sogenannten „Schulfrieden“ vereinbart und versprochen, zehn Jahre lang nichts an dem Zwei-Säulen-Modell aus Gymnasium und Stadtteilschule zu ändern. Dagegen würde die Abschaffung von G8 verstoßen.

Die Grüne Stefanie von Berg schlägt vor, die Frage ob G8 oder G9 in die Selbstveranwortung der Schulen zu legen und jeweils die Schulkonferenzen darüber entscheiden zu lassen. Die Gymnasien müssten sich in den Regionalen Bildungskonferenzen aufeinander anstimmen, um sich und den umliegenden Stadtteilschulen nicht das Wasser abzugraben. Außerdem sollten sich künftige G9-Gymnasien auch für die Inklusion behinderter Kinder öffnen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Als ich 1987 Abitur machte, schriben wir im Sommerhalbjahr zwei Klausuren in der 11. Klasse - heute ist es eine. Wer sich im Detail mal ansieht, was einzelne Schüler an einzelnen Schulen so lernen, der glaubt es kaum: Früher war offenbar mehr Leistung und Bereitschaft seitens Schule und Lehrer dar, als heute. Deswegen ist es im Prinzip auch egal, ob die Schüler 12 oder 13 Jahre zur Schule gehen. Wenn nicht ausreichend Leistung abgefordert wird, dann wird die auch per se gar nicht erst von den Schülern angeboten. Wenn dann die Schüler an die Uni gehen und dort reihenweise scheitern, weil dort die Professoren einfach die Kiste 'Raus' aufmachen und sich mit Defiziten gar nicht lange aufhalten, dann ist die Reise zuende. Für mich liegt's an der Politik und der Ausgabeseite der Stadt. Wenn man eine Milliarde für eine Musikhalle ausgeben kann, weitere Millionen für eine U-Bahn, die für ca. 2000 Menschen gedacht ist, dann gibt man sein Geld kontinuierlich falsch aus. Auch das Turbo-Abitur kam mit der Nettigkeit daher, dass man Lehrerstunden einsparen konnte. Hamburger Politiker investieren nicht in Kinder und Jugendliche, sondern sie sparen und werfen ihr Geld in sinnlose und überflüssige Projekte, die kaum einen konkreten Nutzen haben. Hätte man nur für die Elbphilharmonie Schulen saniert, Bibliotheken erneuert oder ausgebaut, dann wäre das drastisch mehr, als jetzt die Schule wieder auf 13 Jahre zu verlängern bzw. einen Alibi-Zoff mit den Eltern zu veranstalten.