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Kommentar Verurteilung GotovinaUrteil mit fadem Beigeschmack

Erich Rathfelder
Kommentar von Erich Rathfelder

Das Urteil gegen den Ex-General Ante Gotovina bestürzt viele Kroaten. Seine Schuld auf eine Stufe mit den Verbrechen der Serben zu stellen, ist unverhätnismäßig.

N icht nur die Veteranenverbände in Kroatien sind bestürzt über das Urteil des Den Haager Kriegsverbrechertribunals, sondern auch große Teile der demokratischen und linksliberalen Öffentlichkeit. Die 24 Jahre Haft für den kroatischen General Ante Gotovina stehen in keinem Verhältnis zu der Strafe für die serbisch-bosnische Ideologin des Völkermordes, Biljana Plavsic, die sich nach dem Krieg in Bosnien und Herzegowina zwar mit ihrem Präsidenten Karadzic überworfen hat, doch für zigtausendfachen Mord verantwortlich ist. Die Dame ist schon seit einigen Jahren wieder auf freiem Fuß.

Was hat Gotovina zu verantworten? In kroatischen Augen befehligte er die kroatischen Truppen kurz nach dem Massaker in Srebrenica 1995, bei dem 8.000 Menschen in Bosnien durch Serben ermordet worden sind. Gotovina gelang es, das Gebiet, das serbische Truppen 1991 erobert und von Nichtserben "gesäubert" hatten, zurückzuerobern. Fast 200.000 serbische Zivilisten flohen mit ihren Truppen aus dem Land.

323 zurückgebliebene Serben wurden nach dieser Militäraktion von zurückkehrenden kroatischen Zivilisten und Polizeikräften ermordet. Gotovina war da schon in Bosnien, um eine neue Militäraktion vorzubereiten. Zuständig war damals eigentlich der Polizeigeneral Cernak. Aber der wurde freigesprochen. Das sind Ungereimtheiten, die einem nicht nur in Kroatien aufstoßen.

Bild: taz

ERICH RATHFELDER ist Korrespondent der taz für das ehemalige Jugoslawien. Er lebt und arbeitet im kroatischen Split.

Gotovina, der Exfremdenlegionär und Bankräuber, war vor seiner militärischen Karriere ein Krimineller. Wegen dieser Umstände stand er jedoch nicht vor Gericht. Auch der Mord an "nur" 323 Menschen ist nicht zu akzeptieren. Diese Morde waren militärisch gesehen sogar sinnlos. Die kroatische Aktion aber auf die gleiche Stufe wie das monströse serbische Verbrechen in Srebrenica zu stellen, wie es das Den Haager Gericht jetzt gemacht hat, ist unverständlich.

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Erich Rathfelder
Auslandskorrespondent Balkanstaaten
Erich Rathfelder ist taz-Korrespondent in Südosteuropa, wohnt in Sarajevo und in Split. Nach dem Studium der Geschichte und Politik in München und Berlin und Forschungaufenthalten in Lateinamerika kam er 1983 als West- und Osteuroparedakteur zur taz. Ab 1991 als Kriegsreporter im ehemaligen Jugoslawien tätig, versucht er heute als Korrespondent, Publizist und Filmemacher zur Verständigung der Menschen in diesem Raum beizutragen. Letzte Bücher: Kosovo- die Geschichte eines Konflikts, Suhrkamp 2010, Bosnien im Fokus, Berlin 2010, 2014 Doku Film über die Überlebenden der KZs in Prijedor 1992.
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33 Kommentare

 / 
  • EB
    Eine Berlinerin

    Ein sehr guter Artikel! Vielen Dank, hätte das in der TAZ NIE erwartet. Dank an Daniela Nettinger und Julian. Auch mit diesem Urteil werden die Serben NIE WIEDER in Kroatien das Sagen haben.

  • DN
    Daniela Nettinger

    Ihr Artikel hat die perfekte Überschrift "Urteil mit fadem Beigeschmack"

    Zu diesem Urteil kann ich nur sagen, dass alle EU Staaten vor das Gericht gehören. Herr Gotovina wurde z.B. der Mittäterschaft und Zugehörigkeit einer kriminellen Vereinigung verurteilt. Mittäter dieses Balkankrieges sind/waren wir alle "Wir alle haben zugeschaut" und wir alle gehören einer kriminellen Vereinigung an "siehe die Taten Afghanistan, Irak usw. unserer EU Staaten".

     

    Diese Befreiungsaktion "Oluja" für die Herr Gotovina zur Verantwortung gezogen wird, wurde mit Hilfe und Unterstützung der Amerikaner durchgeführt, damit die Serben die kurz vor der Bosnischen Stadt Bihac standen aufgehalten werden. Nach den Massakern 1991 Vukovar (400 Kroatische-Zivilisten) und im Juli 1995 Srebrenica (8.000 Bosnische-Zivilisten), wo die UN Truppen aus den Niederlanden direkt vor Ort weggeschaut, wie die Serbischen Truppen 8.000 Bosnische-Zivilisten massakrierten, wollte man den Serbischen-Truppen endlich Einhalt gewähren. Die EU Staaten schauten weg/zu und debattierten lieber über den Krieg. Liegt hier keine Mittäterschaft der EU Staaten vor?

     

    Die kroatische Armee die vier lange Jahre Krieg mit den Serben führten und ca. 14.000 Tote (davon ca. 8.000 Zivilisten) hatte, haben die Chance die durch die Amerikaner gegeben wurde genutzt und Ihr Land, dass zu rund ein Dritte von den Serbischen Truppen besetz war, befreit. Die EU Staaten die mehrere Jahre Kriegsflüchtlinge aufnehmen und finanzieren mussten, freute sich, da diese jetzt endlich legal Nachhause geschickt werden konnten.

     

    Die Mittäter die debattiert und zugeschaut hatten, nehmen sich heute das Recht heraus und urteilen über den Krieg auf dem Balkan, wenn dies keinen faden Beigeschmack hat, was dann?

     

    In diesem kleinem Land Kroatien (ca. 4 Mio Einwohner) ist Herr Gotovina mit Recht ein Held. Er kämpfte für die Freiheit eines demokratisch von der Welt anerkannten Staates, dass von einem anderem Land auf seinem eigenem Territorium angegriffen wurde.

     

    In der EU gibt es Länder die mit vorgehaltener Hand nicht wollen, dass Kroatien ohne die anderen Balkanländer eintritt. 6 Milliarden Euro ("European Western Balkan Joint Fond" (EWBJF) wurden Ende März 2011 für den Balkan

    freigegeben. Herr Gotovina wurde am 15. April 2011 verurteilt. Was soll dieser EU Zirkus?

     

    Jetzt geht es um einen wirtschaftlichen Krieg auf dem Balkan und damit die EU in Ihren Grenzen erschaffen und erhalten werden kann, müssen die Menschen aus diesen Regionen auf Ihre freie Meinungsäußerungen und Werte verzichten. Ist das Demokratie? Ist das unsere EU?

  • S
    Sindjelic

    Danke Herr Rathfelder,

    wie erwartet und in aller Regelmäßigkeit kommt von ihnen eine Pfeilspitze gegen Serbien und alles serbische aus dem kroatischen Split!!

    Vielleicht sollten Sie und andere Journalisten die Leserschaft daran erinnern,womit die Serben in Kroatien die Staatsymbole dieses Staates verbinden??

    Vielleicht sollten Sie auch mal schreiben,daß der kroatische Gönner Genscher mehrmals auf Tudjman einreden musste,damit dieser die Serben als Minderheit in der kroatischen Verfassung erwähnt und ihre Rechte garantiert. Genau diese Punkte in Verbindung mit den Staatssymbolen,der Geschichte und den ca.700.000 ermordeten,eher abgeschlachteten Serben durch Ustasha Schergen von Pavelic im 2 WK,haben dazu geführt,daß die Serben in der Krajina zu den Waffen gegriffen haben!!

    Tudjmans Ziel war die Befreiung Kroatiens von den dort lebenden Serben, und genau das hat das Gericht festgestellt! Tudjman selbst ist nur durch seinen Tod diesem Gericht entkommen,denn er war,wie der Serbe Milosevic auch,ein purer Nationalist und Gotovina einer seiner perfiden Helfershelfer.

  • D
    D.Lucic

    Herr Rathfelder,

    ich bin überrascht, den ganzen Tag lese ich diese einstimmigen Berichte.... Kriminelle Vereinigung von Präsident bis General, endlich hats die Kroaten erwischt etc... und endlich findet sich ein Journalist, (ausgerechnet in der TAZ) der wirklich hinter die Kulissen schaut. Das Zivilisten im Krieg sterben ist auf beiden Seiten nicht zu rechtfertigen. Aber einem professionell ausgebildeteten General der die Aktion Oluja unter Schirmherrschaft der Amerikaner, Franzosen (in Sapurine stationiert)und Kanadier leitete, um wie es im Bericht steht, weiteres Blutvergießen und Massenmorde in Bosnien zu unterbinden, die Schuld in die Schuhe zu schieben ist wahrlich weltfremd. Herr Rathfelder weiter so... In Hoffnung dass noch mehr Journalisten diesen Mut haben.

  • LS
    Leo Schmidlo

    1. Es handelte sich nicht um einen Bürgerkrieg.

    2. Es geht nicht um die Vertreibung von 200.000 sondern "nur" um 90.000 Menschen. Ja, auch das ist zu viel.

    3. Zur kroatischen Geschichte im/nach WWII: Wie ist denn die deutsche Aufarbeitung in den 30-40 Jahren nach Ende des Krieges verlaufen? Mantel des Schweigens...

    4. Durch die Aktion wurde ein zweites Massaker in Bihac verhindert.

    5. Nach 5 Jahren Unterdrückung und Terror würde ich als Soldat wahrscheinlich auch Vergeltung üben - ohne dies gutheissen zu wollen. Aber der Mensch ist nun einmal von Grund auf schlecht und triebgeladen.

  • TS
    Thomas Schmitt

    Was solls. Waren doch nur paar Serben.

    Ist in etwa das gleiche wie Zigeuner. Keiner braucht sie und will sie auch nicht haben.

  • J
    Julian

    Danke Herr Rathfelder,

     

    Gott sei Dank gibt es noch Journalisten, die sich noch trauen, die Wahrheit über die Tatsachen des Verteidigungskrieges von kroatien zu schreiben und sich nicht der allgemeinen Lügen und der verlogenen EU-Politik und deren Urteile unterwerfen!!

     

    Seit dem 11. September wurde ich sehr mißtrauisch unserer sogenannten Freiheit und demokratischen Rechststaatlichkeit - seit dem "Urteil" über Ante Gotovina und anderen kroatischen Verteidigern ist mein Glaube an eine gerechte und demokratische Rechtsstaatlichkeit leider endgültig gestorben.

     

    Übrigens bin ich Deutscher, gebürtiger Deutscher.

  • AD
    Archibald Douglas

    bin mit dem Urteil sehr einverstanden, hoffentlich gibt es keinen Rabatt. Nicht einverstanden kann man vermutlich mit dem, Freispruch für den Polizeigeneral sein, jedenfalls wenn das so ist, wie der Kommentator schreibt, was kaum vorstellbar ist, weil das Gereicht ihn dann nicht freigesprochen hätte. Aber selbst dann ist das Urteil gegen den ethnischen Säuberkünstler in Ordnung. Man kann nicht einfach General sein in einem Bürgerkrieg und hinterhersagen, ich bin unschuldig. In einem Bürgerkrieg ist es noch schwerer als sonst ein unschuldiger General zu sein. Dieser kroatische Volksheld hätte Truppen zum SCHUTZ der zivilen serbischen Mitbürger abordnen müssen, um ungeschoren davon zu kommen.

  • TK
    Thomas K.

    Die Jahre verstreichen und die schwarz-weiß-Malerei in der Repräsentation des Jugoslawien-Kriegs ist um eine Schattierung ärmer. Wenn nun schon selbst linke deutsche Zeitungen in die deutschnationale Kerbe der Kroatien-Rehabilitation einschlagen, gehören alternative Deutungen der Jahre '91-'95 in den Populismus-Salon.

     

    Das ICTY soll eben kein exklusiver Club für SerbInnen sein. Dass er es immer mehr wird, verdanken wir den Diskursverschiebungen, welche durch solche tendenziösen Kommentare befeuert werden.

     

    Vielleicht sollte Herr Rathfelder eines der Schachbrett-Cafés an der Adria für ein Wochenende verlassen und sein Karlovacko in Knin genießen um zu begreifen, dass die Trennlinie zwischen "Kroatienkrieg" und "Bosnienkrieg" auch nur bei denen existiert, die, im alten Achsendenken verhaftet, Berlin, Rom, Wien um Zagreb erweitern wollen.

  • RM
    Rudi Mittig

    Da fällt einem eigentlich nur noch eines ein: Kommentar mit fadem Beigeschmack, oder wie Ante Pavelic über Rathfelder durch Hintertür in die taz findet.

     

    Warum schafft es Rathfelder nicht auf der einen Seite Informationen zu liefern und auf der anderen Seite seinen Standpunkt (es scheint ein kroatisch nationalistischer sein) offen zu benennen?

     

    Das in Kroatien auch linksliberale Kreise von dem Urteil gegen Gotovina erschrocken sind ist gut nachvollziehbar, da in Kroatien ein unerträglicher nationalistischer, bis ins faschistische reichender, Mainstream vorhanden ist, sodass die Ideologie der Ustascha weit in alle Kreise das dominante Denken darstellt. (Ein Thilo Sarrazin und seine Thesen würden in diesen Kreisen, als schon fast anarchistisch-libertär gelten.) Eine Gleichsetzung von westdeutschen Linksliberalen und kroatischen ist daher mehr als vermessen, will man die einen und die anderen nicht unnötig beleidigen oder für dumm verkaufen. Daran ändert auch die negativ Abgrenzungsmatrix Srebrenica nichts, die für Rathfelder für alles herhalten muss. Damit tritt Rathfelder die Opfer (wiederholt) mit Füßen. Es ist beschämend, dass die taz einen solchen Kommentator und Reporter weiterhin in der Zeitung veröffentlichen läßt.

     

    Vielleicht wäre es auch ein klein wenig (wir wollen bei der taz nicht so sehr vom grünen-grauen Durchschnitt abweichen und daher nur das Minimal machbare verlangen) interessant gewesen, ein paar Fakten etwa aus der Urteilsbegründung zu erfahren. Etwa, dass das Gericht die Aktion als gemeinschaftliches verbrecherische Unternehmung unter der Führung des ehemaligen Präsidenten und Deutschland Freund ("Danke Deutschland") Franjo Tudjman bewertet. Tudjman also ein Kriegsverbrecher. Tote lassen sich aber nun mal nicht mehr anklagen, können aber auch noch ganz gut zum Geschichte schreiben herhalten. Da macht Tudjman kein Unterschied zu Milosevic oder Izetbegovic.

     

    Der größte Erfolg dieser Kriegs, scheint sich aber noch immer durchgesetzt zu haben. Die Arithmetik der Opfer bleibt ein unschlagbar gutes Argument.

    Wie auch die immer-wieder-noch geschändeten Opfer von Srebrenica.

  • EZ
    Ein zustimmender Leser

    Das Haager Tribunal hat sein Urteil gesprochen und den Menschen für Schuldig erklärt, der dem kroatischen Volk nach all den erlittenen Vertreibungen, Morden und Erniedrigungen im eigenen Land, seine Hoffnung und seine Würde wiedergegeben hatte. Ante Gotovina ist zu Recht für jeden Menschen in Kroatien ungeachtet seiner politischen Orientierung ein Held. Nach dem gestrigen Urteil wurde Ante Gotovina zum Märtyrer erhoben. Das Vertrauen der Kroaten, in die Institutionen der EU und der internationalen Gemeinschaft, wurde erneut erschüttert. Haben diese doch das Massaker von Srebrenica, Vukovar und all den anderen Orten des Grauens erst durch ihrer Passivität ermöglicht. Oluja wäre niemals Notwendig gewesen wenn man statt mit Milosevic und seinen Schergen zu Verhandeln den Menschen in Kroatien und in Bosnien und Herzegowina zur Hilfe geeilt wäre. „Wir werden euch nicht unterstützen und solltet ihr unerwartet diesen Krieg überleben, werden wir alles daran setzen das Erreichte durch unsere Institutionen zu widerlegen!“ Die Kroaten fühlen sich erneut Verraten und im Stich gelassen. In diesem Augenblick, in dem die kroatische Politik alles für den exklusiven Club-EU auf eine Karte gesetzt hat, dämmert den meisten langsam, dass es ein böser Fehler gewesen sein könnte. Im April 1991 begann der serbische Überfall auf Kroatien, vor genau 20 Jahren. Der 15. April 2011 wurde zum Tag an dem der kroatische Widerstand gegen das chauvinistische Milosevic-Regime seitens Haager Tribunal zum "gemeinsamen verbrecherischen Unterfangen" degradiert wurde.

  • VS
    von s3basti8n

    Ab wieviel Menschenleben wird es denn ganz ganz schrecklich. Schon für einen angeordneten Mord ist die Strafe noch zu gering.

     

    Ich würde das steigern: 323 lebenslänglich für die einen tausendfach Lebenslänglich für die anderen.

     

    Die Strafe ist sehr stark abgestuft und es kommt keiner auf den gedanken hier würde etwas verglichen.

     

    Wenn denn die westlichen Kriegstreiber auch endlich vor gericht kommen würden wäre die welt in Ordnung

  • HS
    Helga Schopp

    Es gibt NICHTS, nicht ein einziges Argument welches das jahrzehntelange Verschweigen von serbischen Opfern rechtfertigen könnte.

     

    Alexander Dorin, Zoran Jovanovic und Peter Priskil präsentierten auf der Leipziger Messe 2011 die Verbrechen an der serbischen Bevölkerung und ernteten dafür Verachtung und Desinteresse der deutschen Medien.

     

    Werden solche Verbrechen thematisiert kommt immer ein, „Aber die Serben haben auch…!“

    WAS macht es so schwer für serbische Opfer und ihre Angehörigen Empathie zu entwickeln?

     

    Helga Schopp

  • PW
    Peter Wolf

    Ein schlimmer Artikel, praetentioes,einseitig und vor allem weit entfernt von historischen Tatsachen, Herr K. Hoffmann liegt da voll richtig! Vielleicht regt das zweifellos harte Urteil bei einem Teil der kroatischen Gesellschaft zu einem ueberfaelligen Umdenken eigener Fehlleistungen in der Geschichte an. Kroatien wuerde es nicht nur im Zuge des EU- Beitritts gut anstehen, den "balkanischen Stil" von Geschichtsbewaeltigung zu verlassen. Der Autor mit seinen Altlasten ist davon offenbar weit entfernt.

  • S
    Simon

    Endlich ein guter Kommentar. Wenn die kroatische Regierung mit amerikanischer Billigung 1995 nicht gehandelt hätte, wäre Bihac im Nordost-Bosnien zum zweiten Srebrenica geworden und heute wäre in Kroatien mit bosnischen Verhältnissen zu rechnen. Es gäbe immer noch eine serbische Teil-Republik und das Land wäre nicht regierbar.

    Die Mehrheit der Serben hat mit ihren nationalen Komplexen den Zerfall Jugoslawiens provoziert und stellt sich 20 Jahre danach als Opfer da, ob in Kroatien, Bosnien oder Kosovo. Überall haben doch die anderen Angefangen. Da kann einem als Muslim, Kosovare oder Kroate doch nur schlecht werden. Das gipfelt in internationalen Haftgesuchen durch die serbische Regierung gegen angebliche Kriegsverbrecher.

    Als Serbe in Kroatien lässt es sich prima leben (ich persönlich kenne einige) aber kehren Sie mal als Kroate oder Muslim in die serbische Republik in Bosnien zurück. Hier werden alle Jahre wieder Brandstifter gewählt (Dodik und Konsorten) und die Serben können oder wollen es einfach nicht verstehen.

    Gotovina mag spalten, aber er ist definitiv kein Kriegsverbrecher sondern er hat als General nicht einfach zugeschaut sondern dazu beigetragen Kroatien in seine souveränen Grenzen zu bringen.

  • F
    Findus

    24 Jahre Knast für einen General ist doch ein kleines politisch motiviertes Bauernopfer für die erfolgreiche ethnische Reinigung von Serben in Kroatien.

    Für Milosevic gab es TOD durch Haftbedingungen, derweil Serbien den KOSOVO aufgeben musste.

    Die Internationalen Gerichtshöfe in Den Haag (u.a. der Gerichtshof für Jugoslawien) haben sich unglaubwürdig gemacht. Aktuelles Beispiel: Die Kriminalisierung der Libyschen Regierung durch den Internationalen Gerichtshof, in Tateinheit mit der UN-Resolution 1973, die sich jetzt offen als Nato-Invervention zum Regime-Change entpuppt.

    Die Glaubwürdigkeit der Internationalen Gerichtshöfe soll durch dieses Bauernopfer eines kroatischen Generals wieder repariert werden,

    damit der NATO-Coup in Libyen gelingt.

    Ich wundere mich, dass sich dem Artikelautor RATHFELDER dieser einfache Zusammenhang nicht aufgefallen ist.

  • M
    Mazbln

    Natürlich draf man sich fragen, ob das Urteil gegen Gotovina im Vergleich zu dem gegen Biljana Plavšić gerechtfertigt ist, was Rathfelder aber hier abermals betreibt ist (wie oben schon angemerkt) plumpe Geschichtsfälschung. Die Operation Oluja als Reaktion auf das Massaker von Srebrenica zu rechtfertigen, wie es Rathfelder mit seinem implizit Kommentar tut, ist hanebüchen. Gotovina war das Schicksal der Bosniaken in Srebrenica vollkommen egal und vermutlich hätte er ebenso agiert wie Mladić, wenn er an dessen Stelle gewesen wäre. Er hat im August einfach nur die internationale Stimmung (und Unterstützung) ausgenutzt, um in der Krajina zuschlagen zu können. Es kann und sollte nicht Aufgabe der taz sein, ein Verbrechen durch ein anders zu rechtfertigen.

  • HS
    Helga Schopp

    Ich bin erschrocken Herr Rathfelder, Sie relativieren? Im März haben Sie noch Geschütze gegen die Kritiker in Leipzig aufgefahren, welche unter Demütigungen versuchen die einseitige Version des serbischen „Tätervolkes“ zu widerlegen,

    und jetzt relativieren SIE?

     

    Es ist mir zuwider darauf näher einzugehen, frage mich allerdings wie Ihr Gewissen damit klar kommt. Wie kann einem Journalisten jahrzehntelang die Tatsache entgangen sein, dass es in diesem Krieg auch serbische Opfer gaben? Sind Ihnen die Folgen Ihrer Berichterstattungsmethoden und denen Ihrer Kollegen wirklich nicht bewusst? Meine Erkenntnis über die realen Abläufe auf dem Balkan ist zwar noch recht jung, aber unumstößlich und schockierend. Im Forum von Leipzig Almanach unter dem Titel, „Relativierung des Völkermords“ können Sie nachlesen warum.

     

    Vielleicht sind Sie ja zufrieden, dass die Welt heute mit anderen Themen beschäftigt ist und der Spruch der Richter aus Den Haag kaum noch Beachtung findet.

  • D
    Danilo

    Hat ihr Journalist eigentlich das Urteil gelesen?! Dieser Kommentar ist angesichts der dort geschilderten Verbrechen eine Verhöhnung der serbischen Opfer!

     

    http://www.icty.org/x/cases/gotovina/tjug/en/110415_judgement_vol1.pdf

  • FK
    Fritz Katzfusz

    Wieso arbeitet jetzt wieder kein Mensch? Was macht ihr denn alle am Wochenende? Da haben die Leser Zeit und Lust auf eine Diskussion.-

  • R
    rintintin

    Wer hat den jetzt alles wirklich den Urteilstext gelesen bzw. die Verhandlung verfolgt und kann sich daher ein eigenes Urteil über den Prozess erlauben?

    Ante Gotovina war kein Heiliger, auch unabhängig von seinem Vorleben.

     

    Das andere Kriegsverbrecher aus anderen Staaten (z.b. die USA) regelmäßig nicht angeklagt oder aber sofort freigesprochen (z.b. BRD) werden, ändert nichts daran.

    Soll den wirkleich keiner mehr angeklagt werden, nur weil sich ein paar weigern den IStGH anzuerkennen?

  • PF
    P. Frank Wolf

    Zur Gruendung des Staates Kroatien 1991 lebten 12 % Serben der insgesamt 4,6 Mio. Einwohner auf dessen heutigem Staatsgebiet. Die Mehrheit der Serben wurde spaeter selbst Opfer des serbischen Groessenwahns von Slobodan Milosovic.

     

    In Ihrem einseitigen Artikel unterschlagen Sie die historisch unstrittige 400-jaehrige Siedlungsgeschichte von Serben in der Krajina. Ihre Anmerkung , „das Gebiet, das serbische Truppen 1991 erobert und von Nichtserben gesäubert hatten“ ist Unfug!

     

    Herr Gotovina befehligte 1995 die Aktion "Sturm", bei der Zivilisten ermordet, misshandelt und vertrieben wurden. Die kroatische Justiz hat sich bis heute der meisten dieser Verbrechen selbst nicht angenommen.

     

    Das Hager Tribunal hatte die Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu bewerten und kam zu einem harten, vielleicht auch fairen Urteil.

     

    Auch die kroatische Volksseele wird Korrekturen brauchen, vor allem in ihrem verklaerten Geschichtsbild vom 2. Weltkrieg, der Zeit Jugoslawiens und der jüngsten Vergangenheit.

  • ZK
    Zoran Katic

    Sehr guter und treffender Kommentar!

  • O
    Oupos

    Und wieder ist die taz an der Front, wenn es gilt, Serbenbashing zu betreiben. Eine der wenigen linken Tageszeitungen, die den völkerrechtswidrigen Terror gegen Serbien befürwortete, muss auch jetzt vom eigentlichen Thema ablenken: also - es gab eine "joint criminal enterprise", geleitet von Präsident Tudjman, die Serben, die dort seit knapp 600 Jahren gelebt hatten, aus der Krajina zu vertreiben. Dies wurde exekutiert von Gotovina und Konsorten. Fakt bleibt die Klassifizierung des "heroischen Freiheitskampfes des kroatischen Volkes" (Danke, Deutschland!) als "joint criminal enterprise"... Gut, dass Genscher nicht mitangeklagt war...

  • AP
    Ante Pavelic

    @sesvecan:

     

    "Hier wird Politik gemacht", bis zu diesem Punkt bin ich bereit, Ihnen Recht zu geben. Alles Folgende in Ihrem Kommentar ist leider völlig realitätsfernes Selbstmitleid, dass wir in den Jahren nach den Balkankriegen leider von allen Seiten immer wieder vorgespielt bekamen. Nicht die Entscheidung des Gerichtes ist als emotional zu bewerten, sondern Ihre unangebrachten Parallelen zum NATO-Einsatz in Afghanistan und Ihre vorwurfsvolle Haltung gegenüber einem international anerkannten Gericht, das immer wieder Kriegsverbrecher aus ALLEN Parteien verurteilt hat. Milosevic - verurteilt! Plavsic - verurteilt! - Karadcic und Mladic stehen als nächste auf der Liste. Was können Sie denn bloß dagegen einzuwenden haben, dass konsequenterweise nicht nur serbische, sondern auch kroatische und bosnische Kriegsverbrecher verurteilt werden?

     

    Die einzige Politik, die hier betrieben wird, ist Appeasement gegenüber einem EU-Beitrittskandidaten. Ich hätte eine noch höhere Strafe für Gotvina gefordert. Aber das hätte dem Beitrittskandidaten wahrscheinlich den letzten Atem auf der Zielgeraden zum Beitritt geraubt. Und das kann ja nu auch nicht im Interesse der EU sein, oder?

  • T
    Theo

    Herr Rathfelder,

     

    Ihr Artikel ist kaum nachvollziehbar.

    Sie begeben sich bewusst oder unbewusst auf dünnes Eis in dem Sie den Fehler begehen, die Verurteilung in Bezug der Opferanzahl zu stellen! Gegenargument, teilen Sie 24 Jahre durch 300 Tote.

    Bedeutet das dann, 12 Tote = 1 Jahr.

    Im Grunde haben alle involvierten und bekannten Kriegsverbrecher Lebenslang verdient! Nun haben wir ein ranking dass keiner brauch !

    Verstehe nicht wie Sie neutralen, journalistischen Boden so unvorsichtig verlassen können!

  • S
    sun

    " Auch der Mord an "nur" 323 Menschen ist nicht zu akzeptieren. Diese Morde waren militärisch gesehen sogar sinnlos. Die kroatische Aktion aber auf die gleiche Stufe wie das monströse serbische Verbrechen in Srebrenica zu stellen, wie es das Den Haager Gericht jetzt gemacht hat, ist unverständlich."D

    Das unterschreibe ich!

    In Den Haag scheint es aber leider darum zu gehen,zu beweisen, dass alle Kriegsparteien "gleich schuldig" waren. Was für eine Farce!

     

    Das Urteil gegen Gotovina impliziert eine kroatische Kollektivschuld, und diese These ist unhaltbar!

     

    Danke für Ihre Analyse,Herr Rathfelder.

  • G
    goetz

    24 Jahre Haft für die Mitverantwortung am Mord von 323 Wehrlosen. Sachen gibt`s! Eine Geldbuße hätte es doch auch getan, oder?!

  • LI
    Lilli I.

    Herr Rathfelder,

     

    wie Sie selber in Ihrem Artikel schreiben, geht es bei diesem Urteil "um den Tod von 324 Zivilisten und gefangenen serbischen Soldaten, Plünderungen, Misshandlungen, Verfolgungen und die Vertreibung von 200.000 Serben aus der Region Krajina".

     

    Allein schon diese Tatsache sollte genügen, um einen Kriegsverbrecher wie Ante Gotovina, der einem Ratko Mladic sicherlich in nichts nachsteht, lebenslang hinter Gittern zu bringen.

     

    In Ihrer nicht selten tendentiösen Berichterstattung, wie sie dies meines Erachtens schon seit Anbeginn der Balkankiege ist, hätte ich zumindest in diesem Urteil ein klares Statement erwartet.

     

    Zumal Kroatien als direkter EU-Beitrittskandidat endlich damit anfangen sollte, die Kriegsverbrechen aus seiner jüngeren Geschichte (1991-1995) aufzuarbeiten.

    Bis heute sind nicht einmal die kroatischen Kriegsverbrechen, die während des faschistischen Ustascha-Regimes (1941-1945) vor allem an Serben, aber auch Juden, Sinti und Roma begangen worden, nicht in dem Maße in das öffentliche Bewusstsein gerückt und so diskutiert worden, dass man von einem Staat sprechen könnte, der die nötigen Kopenhagener Kriterien für den EU-Beitritt erfüllt.

     

    Man bedenke nur die faschistischen "Ustascha"-Liedern des Sängers Thompson, der bei seinen Konzerten sowohl im Inland als auch im Ausland riesige Konzerthallen füllt und damit auf der einen Seite das Wesen der kroatischen Seele widerspiegelt, andererseits die serbischen Opfer verhöhnt, die während des NDH Regimes 1941-1945 elends massakriert wurden. Ist ein solches Volk bereit für die EU?

     

    Sind es nicht an erster Stelle Kriterien wie Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte und Achtung und den Schutz von Minderheiten zu garantieren, die Kroatien nach wie vor noch als Lektion zu lernen hat?

    Wie sollen sich die in Kroatien lebenden Serben und auch die Serben, die während der Aktion "Oluja"/"Sturm" vertriebenen wurden und nach und nach in ihre seit Jahrhunderten(!)angestammten Heimat zurückkehren, sich in einem solchen Land als gleichberechtigte Mitglieder eines Staates betrachten, der sich selbst als demokratisch und EU konform sieht?

     

    Auch die Empörung der kroatischen Regierungschefin Jadranka Kosoro über das Urteil hat eindeutig gezeigt, welcher Wind in diesem Land weht.

     

    Kroatien ist wie auch die anderen ehemaligen Staaten des ehemaligen Jugoslawiens weit weg von einer echten Aufarbeitung seiner Geschichte, und solche Kommentare wie Ihrer, Herr Rathfelder, streuen Salz in die Wunden der Opfer und verharmlosen damit die Verbrechen, die mit dem Urteil des UN-Tribunals nachweislich begangen wurden.

  • KH
    K. Hofmann

    Chapeau Herr Rathfelder. Diesmal scheinen Sie sich selbst zu übertreffen (in Sachen Verdrehung der Wahrheit).

  • KH
    K. Hofmann

    Serben und andere Nicht-Kroaten lebten 400 Jahre in der Krajna. Die kroatische Führung wollte jedoch um jeden Preis ein "ethnisch reines" Kroatien. Dies war der Zweck der Operation Oluja. Bzgl. Ihrer Berichterstattung in Sachen Jugoslawienkrieg reicht es allmählich definitiv: Was Sie schon seit langem betreiben kann nur noch als Volksverhetzung bezeichnet werden.

  • ZG
    Zsolt Geller

    Sehr geehrter Herr Rathfelder,

     

    Ich bin schon seit einiger Zeit über Ihre Kommentare verwundert, aber diesmal muß ich sogar selber Wort ergreifen.

    Zu meiner Person nur so viel, dass ich als Mitglied der ungarischen Minderheit in Serbien aufgewachsen bin über der Regime Milosevic selber auch einen vernichtenden Urteil habe. Ich habe es auch hautnah erlebt. Ihre Kommentare finde ich trotzdem sehr einseitig, etwa auf dem Niveau der Texte von der Israel-Korrespondentin. Ich finde Sie tun allen kroatischen Demokraten unrecht, vor allem der leider "klatgestellten" Feral Tribune, einer der besten Zeitungen die je existiert haben.

     

    Ich weiss es wirlkich nicht, ob man bei Verbrechen quantitative Unterschiede qualitativ werten kann. Ich glaube es aber nicht. Ich finde dass Gotovina neben Arkan die Personifizierung der Kriegsverbrecher vom Balkan darstell(t)en.

     

    Aber vielleicht sieht es aus der Ustasa-Hochburg (leider, die waren doch Partisanen im 2. Weltkrieg) Split es anders aussieht. Mir war jedes Mal übel beim Anblick der "Wir sind alle Gotovina!"-Plakaten.

  • S
    sesvecan

    hier wird politik gemacht und kein prozess beurteilt.

    was ist mit dem deutschen general, der in afghanistan angriffe auf zivilisten befohlen hat? was ist mit all den amerikanischen generälen die tagtäglich völkermord betreiben? was ist mit den 3 generälen die die kroatische stadt vukovar inklusive umgebung den erdboden gleichmachen?

     

    hier wurde nicht nach fakten gearbeitet sondern nach gefühl. man sollte sich mal wirklich eine übertragung einer solchen gerichtssitzung in haag anschauen. der reinste zirkus!