Berlinwahl 2: Migrantenpartei BIG: Gerechtigkeit innovativ
Die islamische Partei BIG will zum ersten Mal in Berlin antreten. Bei ihrer ersten Pressekonferenz beklagt sie die schulische Aufklärung über Homosexualität.
Nein, man habe grundsätzlich überhaupt nichts gegen Homosexuelle: Auch sie seien schließlich Gottes Geschöpfe, auch wenn ihre Lebensform "nicht auf Fortpflanzung begründet" sei.
Dass das "Bündnis für Innovation und Gerechtigkeit, BIG" auf seiner ersten Pressekonferenz in Berlin mit der schulischen Aufklärung über Homosexualität ein "ziemlich heikles Thema gerade in einer Stadt mit einem homosexuellen Bürgermeister" aufgreift, ist dem stellvertretenden BIG-Vorsitzenden Ismet Misirlioglu klar. Doch das Problem sei aktuell. Immerhin habe selbst die BZ kürzlich bemängelt, wie Berlins SchülerInnen über gleichgeschlechtliche Sexualität aufgeklärt werden sollen - etwa mit Märchen von schwulen Königen oder Rollenspielen, die homosexuellen Alltag abbilden.
Aufklärung über Diskriminierung sei in Schulen wichtig, so Misirlioglu: "Doch während dem Thema Homosexualität dabei viel Raum verschafft wird, redet von der Diskriminierung von Muslimen keiner."
Sieben BIG-Mitglieder, darunter eine Frau, sitzen bei der ersten Pressekonferenz der 2010 in Nordrhein-Westfalen gegründeten Partei einer Reporterin gegenüber, die Herren überwiegend in förmlich-dunklen Anzügen ohne Krawatte, dafür mit kurzem Bart - ganz der Stil islamisch orientierter Politiker oder Funktionäre. Misirlioglu, Vorsitzender des im Mai 2011 gegründeten Berliner Landesverbands und Abgeordnetenhauskandidat für den Wahlkreis III in Kreuzberg, war früher Mitarbeiter der Hilfsorganisation Islamic Relief. In Werbespots im Internet wirbt BIG auf Türkisch dafür, Politik mitzubestimmen - nachdem man von den etablierten Parteien immer wieder enttäuscht worden sei.
Für bessere Bildung, gegen Rassismus und Diskriminierung, das seien die zentralen Anliegen der Partei, sagt Heike Canbulat, ebenfalls BIG-Kandidatin bei der Abgeordnetenhauswahl. In ihrem im Selbstverlag erschienenen Buch "Als der Wind sich drehte" hat sie aufgeschrieben, welche Diskriminierungen sie durch Behörden und Mitmenschen erlebte, als sie ihren Mann aus der Türkei nach Deutschland holen wollte. Sie fürchte, dass in den Schulen künftig "Werbung" für Homosexualität gemacht und damit die klassische Vater-Mutter-Kinder-Familie "an den Rand gedrängt" werde, sagt Canbulat: "Davor möchte ich meine Kinder schützen."
Bei der Landtagswahl 2010 in Nordrhein-Westfalen erreichte die BIG-Partei 0,2 Prozent.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Kaputte Untersee-Datenkabel in Ostsee
Marineaufgebot gegen Saboteure
BSW-Anfrage zu Renten
16 Millionen Arbeitnehmern droht Rente unter 1.200 Euro
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Nach dem Anschlag von Magdeburg
Wenn Warnungen verhallen
Psychiater über Kinder und Mediennutzung
„Die Dinos bleiben schon lange im Schrank“