die dritte meinung: Wir müssen parteiübergreifend für Europa kämpfen, sagt der Sozialdemokrat Yannick Haan
Yannick Haan
ist Mitglied in der netz- und medienpolitischen Kommission beim Parteivorstand der SPD. Er hat an der Europa-Universität Viadrina Interkulturelle Kommunikation studiert.
In der zurückliegenden Woche ist die Bundesrepublik scheinbar aus dem Nichts in der Frage um die Asylpolitik in eine Regierungskrise gerutscht. Der Streit wurde nicht gelöst, sondern auf Wiedervorlage gelegt. Vordergründig geht es darum, wer nach Deutschland darf und wer nicht. In Wahrheit handelt es sich aber um einen Angriff der CSU auf das Projekt Europa. Ein Angriff, der seit Langem geplant wurde und auch mit dem Streit um das Asylrecht nicht beendet sein wird. Es geht im Kern um die Frage nach einer nationalen oder einer europäischen Lösung, nach internationaler Zusammenarbeit oder isolierten Alleingängen. Es geht um die grundlegende Frage, wie wir zukünftig Politik gestalten wollen.
Dieser Richtungsstreit ist keiner, der Deutschland alleine betrifft, sondern es ist ein Streit, der aktuell in allen westlichen Staaten geführt wird. Wohl kein Politiker verkörpert die neue Doktrin des Nationalen so plastisch wie Donald Trump. Nun ist es ein Einfaches, mit einem abschätzigen Lächeln auf diesen lächerlichen US-Präsidenten zu blicken. Doch der Virus des Isolationismus hat auch das deutsche politische System befallen. Die Linkspartei hat auf dem zurückliegenden Bundesparteitag heftig über den zukünftigen Kurs im Bereich Asyl gestritten. Christian Lindner verkündete letzte Woche, dass die FDP der CSU inhaltlich näher stehe als Kanzlerin Angela Merkel. Und auch meine Parteivorsitzende, Andrea Nahles, betont, dass man nicht alle Flüchtlinge bei uns aufnehmen könne.
Es wird daher Zeit, dass die europäischen Kräfte im Bundestag eine neue Allianz für Europa gründen, die über die Koalitions- und Parteigrenzen hinweg geformt wird. Diese muss klarmachen, dass die gesellschaftliche Mehrheit mehr Europa will. Wenn die AfD und die CSU weniger Europa fordern, dann müssen wir mit mehr Europa antworten. Diese neue Allianz muss neue strukturelle und politische Vorschläge für Europa machen, sie muss dem Isolationismus einen neuen europäischen Aufbruch entgegenstellen. Es wird Zeit, dass wir für unser Projekt Europa kämpfen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen