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Gefängnis bei GEZ-BeitragsverweigerungRundfunkanstalten in der Klemme

Weil er keinen Rundfunkbeitrag zahlt, liegt gegen einen Lübecker ein Haftbefehl vor. Dabei hält die ARD Erzwingungsknast für unverhältnismäßig.

Zahlungsverweigerer hinter Gittern? Bedeutet meist schlechte Presse für die Öffentlich-Rechtlichen Foto: unsplash/Daniel von Appen

BERLIN taz | „Sehr geehrter Herr Möschl, in oben genannter Sache bin ich im Besitz eines Haftbefehls, der gegen S i e ausgestellt ist!“ So steht es bedrohlich auf rotem Papier. Am Mittwoch, den 9.5.2018, soll Andreas Möschl beim Obergerichtsvollzieher von Lübeck erscheinen und Auskunft über sein Vermögen geben. Möschl wird das aber nicht tun, sagt er, und das bedeutet, dass der Gerichtsvollzieher mit dem Haftbefehl und der Polizei zu Möschl kommen kann, um ihn mit ins Gefängnis zu nehmen.

Wegen 350,35 Euro. So viel schuldet Möschl dem Beitragsservice, der Stelle, die für ARD, ZDF und Deutschlandradio die Rundfunkgebühr einzieht. Möschl zahlt sie seit 2015 nicht mehr. Er besitzt keinen Fernseher, hört kein Radio. „Ich sehe nicht ein, warum ich für etwas, das ich nicht nutze, zahlen soll“, sagt er. Eigentlich sollte es Fälle wie Möschl gar nicht mehr geben.

Nachdem Anfang 2016 die Thüringerin Sieglinde Baumert 61 Tage in Haft war, weil sie keine Beiträge gezahlt hatte, hatte die damalige ARD-Vorsitzende, Karola Wille, gesagt, dass Beitragsverweigerer künftig nicht mehr in Haft kommen. Zwangsmaßnahmen im Vollstreckungsverfahren müssten angemessen sein. Nur: Ob die Haft vollstreckt wird, entscheidet nicht die Landesrundfunkanstalt, das bestimmen die Behörden des jeweiligen Bundeslands. Die Landesrundfunkanstalten können höchstens entscheiden, ob ein Haftbefehl verhältnismäßig ist – vorausgesetzt, sie wissen, dass einer ausgestellt wurde.

Zuständig ist in Möschls Fall der NDR. Der verweist auf den Beitragsservice, wie auch die Sprecher der ARD. Der Sprecher des Beitragsservices teilt auf taz-Anfrage schriftlich mit: „Die Grundeinstellung der ARD gilt nach wie vor: Eine Erzwingungshaft im Zusammenhang mit dem Rundfunkbeitrag ist in den Augen der Rundfunkanstalten in der Regel nicht verhältnismäßig. Grundsätzlich gilt: Weder ARD noch ZDF, Deutschlandradio oder der Beitragsservice lassen Menschen wegen nicht gezahlter Rundfunkbeiträge verhaften.“ Zum konkreten Fall Möschl könne man aus datenschutzrechtlichen Gründen nichts sagen.

Gerechtes Beitragssystem?

Andreas Möschl ist 40 Jahre alt und betreibt in Lübeck eine kleine Zimmerei. Als der Rundfunkbeitrag noch GEZ hieß und pro Gerät erhoben wurde, zahlte Möschl knapp 50 Euro im Jahr für sein Auto. Als die GEZ auf eine Haushaltsabgabe umgestellt wurde, sollte Möschl 210 Euro für seinen Haushalt plus gut 80 Euro für sein Auto zahlen. Das fand er zu viel und zahlte nicht mehr.

Weder ARD noch ZDF, Deutschlandradio oder der Beitragsservice lassen Menschen wegen nicht gezahlter Rundfunkbeiträge verhaften

Sprecher des Beitragsservices

Im Juli 2016 pfändet die Stadt Möschls Geschäftskonto. 300,29 Euro standen damals aus, die Stadt zog sie ein und war vorerst bedient. Möschl zahlt trotzdem nicht weiter. Im März 2017 sollte sein Konto wieder gepfändet werden, doch Möschl hatte es vorher geleert. Die Vollstreckungsbehörde hat ihn immer wieder aufgefordert, Auskunft über sein Vermögen zu geben. Dann, vor drei Tagen, kam der Haftbefehl.

Solche Geschichten sind unangenehm, auch für ARD, ZDF und Deutschlandradio selbst. Während der Haft von Sieglinde Baumert bekamen sie wochenlang schlechte Presse. Als 2016 eine alleinerziehende Brandenburgerin in Erzwingungshaft sollte, ebenfalls. Doch die Rundfunkanstalten stecken in der Klemme: Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten, das Gremium, das den Rundfunkbeitrag berechnet, übt Druck auf die Landesrundfunkanstalten wie den NDR aus, das säumige Geld einzutreiben. Auch damit das Beitragssystem gerecht bleibt. Würde publik, dass Schuldner davonkommen, dürften immer weniger Menschen zahlen. Und je weniger zahlen, desto teurer wird der Beitrag.

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15 Kommentare

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  • Wo ist bitteschön das Problem das Programm zu verschlüsseln. Das es die Öffentlich-Rechtlichen nicht machen verstehe ich. Weil sich dann die 8 Milliarden die sie pro Jahr kassieren in Luft auflösen. Dann könnten von den 25.000 Angestellten etliche den Hut nehmen. Die BBC ist das öffentlich- Rchtliche Programm von England. Die beschäftigen etwa 28.000 Leute und haben nur etwa 5 Milliarden zur Verfügung obwohl sie mehr Fernsehprogramm e haben wie die ARD. Irgendetwas kann doch da in der ARD und ZDF Medienanstalt nicht stimmen.

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Nach drei Tagen Lese- und Schreibpause stelle ich erstaunt fest, dass sich - außer mir - niemand über die drohende Sanktionierung von Herrn Möschl verweigerten Beitragszahlungen äußert. Mich interessiert, wie andere dies sehen. Zustimmend? Ablehnend?

  • Zuerst, es ist keine Gebühr sonder defakto eine Steuer. Zum zweiten, warum wird eigentlich immer über die Steigerung von Kosten geredet? Warum stellt keiner in Frage ob wir zwei öffentlich rechtliche Sender, einer mit "tausend" Nebenprogrammen und doppel Sendungen brauchen? Mit Sendungen die z.T. schon "hundertmal" in den privaten Sender gelaufen sind.

    Kurz warum stellt keiner diese unnötig kostenintensive Senderorganisation mit Beamtenversorgungsmentalität in Frage?

  • Ich guck Glotze über DVBT und habe seit der Umstellung auf DVBT2 keine privaten Sender mehr,weil die für DVBT2 Empfänger plötzlich nicht mehr werbefinanziertes,kostenloses Privatfernsehn sind,sondern schlichtweg nochmal 69€ zur normalen GEZ Gebühr zusätzlich verlangen.

    Ich vermisse die Simpsons,aber sonst nichts.Und ich denke gar nicht daran für diese Werbefinanzierte Unverschämtheit,die die Programm nennen auch nur einen Cent auszugeben.Der öffentliche Roundfuck bietet dagegen wirklich etwas Vernünftiges und enthält so gut wie keine Werbung mehr.Dafür bin ich bereit zu zahlen,jedoch nicht noch für Autoradio.Auch finde ich den Betrag zu hoch.Bei 10 € pro Person sollte schluß sein.

    • @Markus Müller:

      Auf der einen Seite schreibst du, das du kein 70,-€ im Jahr für die Privaten Sender zahlen möchtest da sie Werbung zeigen. Du zahlst aber jeden Monat 17,50,-€ GEZ Gebühren für die Öffentlich-Rechtlichen und die zeigen auch Werbung. Des weiteren werden diverse Filme innerhalb einer Wochen min. 15 mal wiederholt.

      Bei Einnahmen von 8 Milliarden pro Jahr ist das eine absolute Frechheit. Ich hoffe das die GEZ eingestampft wird oder das sie die Programme verschlüsseln müssen dann kann jeder selbst entscheiden ob er es sehen möchte oder nicht.

  • Steigender Beitrag?

    Das klingt doch stark nach "der Politik ohne Nachdenken nachgeplappert".

    Die große Mehrheit der Haushalte und Firmen sind problemlos pfändbar.

     

    Die Wahrheit dürfte doch eher lauten, das die Verantwortlichen Angst vor der Forderung nach Zahlung der GEZ-Gebühr aus Steuergeldern haben.

    Angesichts der immer geringeren Nutzung der Rundfunkangebote bei Jüngeren wird die GEZ-Gebühr auf Dauer immer schlechter vermittelbar.

  • Niemand weiß, warum die Zwangsbeiträge nicht über die allg. Steuern deutlich gerechter finanziert werden...

    • @amigo:

      Weil Steuern nicht zweckgebunden erhoben werden dürfen.

      Alle Steuergelder wandern in einen großen Topf, und regelmäßig debatieren die Parlamente wie das Geld aus diesem Topf umverteilt wird.

       

      Möchten Sie wirklich das jedesmal dann über den Sinn oder Unsinn des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Landtag (Rundfunk ist Ländersache) diskutiert wird ?

       

      Zudem soll der Rundfunk staatsfern sein. Das geht nur wenn die Landtage per Rundfunksstaatsvertrag & Landesgesetze einen einheitlichen Beitrag erheben den die staatsfernen Landesrundfunkanstalten in ihrer Eigenschaft als Behörde über den Verwaltungsweg eintreiben können.

      Würden sie per Haushalt pro Jahr X Milliarden Steuergelder erhalten wäre das nicht staatsfern.

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Ein mutiger Mann, dieser Herr Möschl. Anders als Andere mit einem A**** in der Hose.

     

    Mal wieder zeigt sich die hässliche Fratze eines Rechtssystems ohne Sinn für Verhältnismäßigkeit, ohne Sinn und Verstand. Widerwärtig!

     

    Dass Menschen Beiträge für eine Leistung zahlen sollen, die sie nicht in Anspruch nehmen, halte ich für eine Nachricht aus Absurdistan.

    • @76530 (Profil gelöscht):

      Zahlen Sie in die Krankenkasse ein und sind eher gesund? Na dann nochmals willkommen in Absurdistan. das gleiche gilt für Rent und Pflegeversicherung.

      • @guybrush70:

        Bei Renten-, Pflege- und Kranken versicherung geht es um ein nicht vorhersehbares Risiko. Nämlich dem, im hohen Alter pflegebedürftig zu werden, an Altersarmut zu verenden oder zu erkranken. Es geht dabei manchmal um Leben und Tod. Das ist beim örR nicht der Fall. Welches Risiko muss durch die Empfangsmöglichkeit von ARD, ZDF & Co. abgedeckt werden?

    • 9G
      96830 (Profil gelöscht)
      @76530 (Profil gelöscht):

      "Dass Menschen Beiträge für eine Leistung zahlen sollen, die sie nicht in Anspruch nehmen, halte ich für eine Nachricht aus Absurdistan."

       

      Nennt sich "Steuern" und ist ansich eine gute Sache. Die Rundfunkgebühren sollten darüber bezahlt werden und gut wär's.

      • 7G
        76530 (Profil gelöscht)
        @96830 (Profil gelöscht):

        Das wäre anders als die Erhebung von Rundfunkgebühren ein nachdenkenswerter Ansatz, weil er wenigstens einen Anflug von Gerechtigkeit enthielte.

    • @76530 (Profil gelöscht):

      Man stelle sich vor Autobahnen und weitere Infrastrukturen werden von allen bezahlt ohne auf die wirkliche Nutzung derselben zu achten, schrecklich.

      • @Markus Steitz:

        Dies ist tatsächlich (nicht) der Fall. Beispielsweise beim öffentlich-rechtlichen Personennahverkehr. Sie bezahlen doch auch nur für die Straßenbahn, wenn Sie sie nutzen.

        Auch Autobahnen werden in manchen Ländern nach Nutzung bezahlt. Bspw. in Italien, und deren Autobahnen sind im besseren Zustand als die in Dt. Finanziert wird das durch Maut. Ach, könnte man sowas doch nur bei uns einführen...