Häusliche Gewalt und die NPD: Krach im Verlagshaus
Emma Stabel ist das neue Gesicht der NPD im Netz. Der Spitzenkandidat der Partei in Sachsen soll sie brutal geschlagen haben.
Baur, der auch in Dresden im Stadtrat sitzt, wirbt gerade um Wählerstimmen. Er ist Spitzenkandidat der sächsischen NPD bei der Bundestagswahl.
Seit Monaten schon wabern die Gerüchte. In einer Erklärung „an die Mitglieder des NPD-Parteivorstandes“ schildert die Moderatorin, die mit bürgerlichem Namen Nele Schier heißt, nun den brutalen Angriff, der sich am 30. Juni 2016 im Gebäude des DS-Verlages in Riesa (Sachsen) ereignet haben soll.
Eine Diskussion über Baurs Verhältnis zu einer anderen NPD-Frau soll der Auslöser gewesen sein. Baur habe ihr das Handy entwenden wollen. Bei der „gewalttätigen Attacke“ sei sie auf der Treppe gegen eine Wand geprallt, über einen Tisch gezogen und anschließend in eine Stuhlreihe geworfen worden. So steht es in dem Schreiben, das – neben ärztlichem Attest und Aufnahmen der Verletzungen – der taz vorliegt.
Als „Ohrenzeugen“ führt sie ihren Kollegen Jörg Hähnel auf, mit dem sie DS-TV produziert. Sie hätte ihn während des Streits angerufen. „Durch das Telefonat hat Jörg meine Hilferufe mitbekommen“ schreibt sie, und dass sie am selben Tag in Riesa ins Krankenhaus ging. Dort wurden eine Gehirnerschütterung, Prellungen am Thorax, Oberkiefer, Fingern, Unter- und Oberarmen diagnostiziert.
Ihr Schweigen dazu sowie „der Versuch eines Neubeginns zu Gunsten des ungeborenen Lebens wurden zu meinen Ungunsten ausgelegt“, schreibt sie. Darum wolle sie die Dinge zurechtrücken. „Überdies sollte ich sogar zu einer Erklärung veranlasst werden, in der ich bewusst unwahr bestätigen sollte, dass es zu keiner Zeit körperliche Gewalt von Jens Baur gegen mich gab“.
In der Propaganda werden Frauen als Mütter deutscher Kinder gefeiert. In der Szene aber sind gewalttätige Übergriffe keine Seltenheit. Doch darüber wird kaum gesprochen. Häusliche und sexuelle Gewalt sind Tabu-Themen. Betroffene Männer und Frauen deuten es oft nur vorsichtig an, Aussteigerinnen und Aussteiger reden von sich aus selten darüber.
Der ehemalige Bautzener NPD-Funktionär Jürgen Kötzing führte die Attacke gegen Schier bereits Ende 2016 als einen seiner Gründe an, die NPD zu verlassen. Die Polizei wurde erst jetzt eingeschaltet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen