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Mieterkampf in TempelhofProtest dämmt die Miete

Anwohner der Gontermannstraße sollten für eine energetische Sanierung blechen. Dann handelten sie die Forderungen herunter.

Kämpfen lohnt sich: Franziska Schulte (6.v.l.) und ihre MitstreiterInnen Foto: David Oliveira

Berlin taz | Bei den Wohnungspreisen in Berlin geht es mitunter zu wie auf einem Basar – fast immer zum Wohle der Vermieter. In der Tempelhofer Gontermannstraße war der Ausgang nun ein anderer. Anfang Februar hatte der Vermieter eine energetische Sanierung und damit verbunden einen Anstieg der Mieten in 224 Wohnungen um satte 2,81 Euro pro Quadratmeter angekündigt. Eine durchschnittliche Mieterhöhung um 180 Euro.

Doch dann passierte etwas Ungewöhnliches: Vertreter der österreichischen Eigentümer und der Hausverwaltung Buwog AG setzten sich mit Mietern und Bezirkspolitikern an einen Tisch. In zwei Gesprächsrunden reduzierte die Buwog ihre Forderungen zunächst auf 2,10, dann auf 1,95 Euro. Besonders durch eine reduzierte Fassadendämmung wurde die geringere Forderung möglich.

Für die etwa 500 Mieter der Häuser in der in den zwanziger Jahren errichteten Fritz-Bräu­ning-Siedlung war das aber noch zu viel. Laut Franziska Schulte, Sprecherin der MieterInneninitiative Gontermannstraße, wären immer noch viele Mieter verdrängt worden. In den Häusern wohnen viele Familien mit niedrigem bis mittlerem Einkommen, Rentner, aber auch Arbeitslose und Studenten.

Ihr Vorwurf an die Buwog: Diese wolle durch eine „nicht notwendige und betriebswirtschaftlich unsinnige Modernisierung“ Kapital schlagen. Laut einem Strategiepapier der Buwog soll im Rahmen der Modernisierungsmaßnahmen für ihren Gesamtbestand eine „Rendite auf das eingesetzte Eigenkapital von rund 7 %“ erzielt werden.

Viele Beschwerden

Der „Brass auf sie war eh schon groß“, so Schulte. Sie spricht von vielfach ignorierten Mängelanzeigen und jahrelangem Investitionsstau. Niemand sei bereit, „für ein paar Dämmplatten und einen Schießscharteneffekt“ – gemeint ist ein geringerer Lichteinfall durch die neu geplanten Fenster – so viel mehr Miete zu zahlen; zumal die Energieersparnis kaum mehr als zehn Euro monatlich betragen dürfte. Die Mieterschaft einigte sich darauf, eine maximale Erhöhung von 1,80 Euro hinzunehmen – mehr als ihr ursprüngliches Limit.

Die MieterInnen bekräftigten ihre Forderungen bei einem dritten und wohl letzten Runden Tisch am Montag vergangener Woche. Dazu gehörte auch der Erhalt der holzgefertigten Kastendoppelfenster, die der Vermieter durch einfache Kunststofffenster ersetzen wollte.

Der Vermieter hat gesehen, dass er mit MieterInnen nichtso ganz glücklich ­umgegangen ist

Baustadtrat Jörn Oltmann (Grüne)

Am Montag dieser Woche teilte die Buwog dem Tempelhofer Baustadtrat Jörn Oltmann (Grüne), der sich in den Gesprächen für die Mieter stark gemacht hatte, ihre Entscheidung mit. Zum Erstaunen vieler hat sie die meisten Forderungen akzeptiert. Die Fenster bleiben, zumindest an der Vorderseite, die Miete steigt nur um 1,80 Euro pro Quadratmeter.

Zudem soll es eine Härtefallregelung geben, ähnlich der im sozialen Wohnungsbau: Wessen Miete durch die Erhöhung auf mehr als 30 Prozent des Haushaltsnettoeinkommens steigen sollte, wird von den Forderungen verschont. Für Schulte ist das der wichtigste Sieg. Nicht zusichern wollte die Buwog, in den nächsten Jahren auf weitere Mietsteigerungen zu verzichten. Die schriftliche Fixierung des Angebots steht jedoch noch aus.

Schnell aus den Startlöchern

Für Schulte ist es „ein großer Erfolg, dass wir fast alle unsere Forderungen, wenn auch modifiziert, erreichen konnten“. Dass es überhaupt zu einem Verhandlungsprozess kommen konnte, hat viel mit dem Engagement der Mieter zu tun. Schulte sagt: „Einen Monat nach den Schreiben der Buwog hatten wir bereits eine Mieter-Vollversammlung, eine gestürmte Bezirksverordnetenversammlung und eine erste Demo hinter uns.“ Mit einem Antrag auf der BVV forderten sie Baustadtrat Oltmann durch eine Einwohneranfrage auf, in Verhandlungen zu treten.

Hilfreich war zudem, dass die Häuser in der Tempelhofer Gartenstadt einer Stadtteilerhaltungsverordnung unterliegen. Jede Veränderung an den denkmalgeschützten Fassaden muss durch den Bezirk genehmigt werden. Diese Genehmigung lag noch nicht vor, als die Buwog ihre Modernisierungsankündigung verschickte. Ein Druckmittel für den Bezirk.

Oltmann sprach gegenüber der taz davon, dass die Buwog gesehen habe, „dass sie mit MieterInnen nicht so ganz glücklich umgegangen ist“. Beim nächsten Mal „würden sie wohl mit einer Mieterversammlung starten“, so die Einschätzung des Baustadtrats. Bis Donnerstag hat der Bezirk nun noch Zeit, die beantragten Maßnahmen zu genehmigen. Vor allem nach der Ankündigung, die Fenster in der ursprünglichen Form zu belassen, dürfte dem nichts mehr im Wege stehen.

Peter Dietze-Felberg, der für eine externe Agentur die Pressearbeit der Buwog macht, sprach gegenüber der taz von „erheblichen Zugeständnissen“ und betonte, dass auch die ursprünglichen Ankündigungen „nicht gegen geltendes Recht verstoßen haben“. Das Entgegenkommen basiere darauf, dass die Buwog ihre Häuser „langfristig halten“ wolle und „Wert auf eine zufriedene Mieterschaft“ lege.

Das Bezirksamt hat den Mietern versprochen, den Sanierungsprozess zu begleiten und auf die Umsetzung der Versprechen zu achten. Die Mieter fühlen sich als Sieger, so Schulte. Nach monatelangem Kampf werden sie demnächst zu einem großen Hoffest einladen.

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2 Kommentare

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  • "Doch dann passierte etwas Ungewöhnliches: Vertreter der österreichischen Eigentümer und der Hausverwaltung Buwog AG setzten sich mit Mietern und Bezirkspolitikern an einen Tisch. In zwei Gesprächsrunden reduzierte die Buwog ihre Forderungen zunächst auf 2,10, dann auf 1,95 Euro."

     

    In Gesprächen kann man Vieles gemeinsam regeln oder verbessern. Die Initiative sollte eigene Erfahrungen daraus mit weiteren Initiativen teilen.

     

    Alle Mieterinitiativen müssen sich vereinigen und ein quasi Lobby bilden. Denn so kann man Mieterinteressen am besten durchsetzen. Außerdem ist es auch für Politiker sehr wichtig zu sehen, wie hoch ist der Anteil der Wähler in Berlin (und auch in Deutschland), die an einer noch sozialeren Wohnpolitik interessiert sind.

  • Das Gesetz zur energetischen Modernisierung ist zweifellos modernisierungsbedürftig. Hoffentlich wird eine Anpassung kommen, die den Mietern Mitspracherechte einräumen und Profite der Eigentümer sowie Ausgaben der Mieter für die Miete an unser Sozialstaatsprinzip besser anpassen. Eigentlich könnte man auch mit einem Volksentscheid rechnen.