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Verfassungsbeschwerde gegen Hartz-IVOnline klagen reicht nicht

Ein Mann wollte gegen die Verschärfung der Hartz-IV-Gesetze klagen – scheitert aber an formalen Hürden. Der Grund: Er stützte sich auf eine Vorlage aus dem Netz.

Sind erstmal nicht für die Klage zuständig – die Verfassungsrichter in Karlsruhe Foto: reuters

Karlsruhe dpa/epd | Ein neues Gesetz soll die Regeln für den Bezug von Hartz IV einfacher machen – nun ist ein erster Empfänger mit einer Verfassungsklage dagegen gescheitert. Der Mann, der mit Hartz IV sein Einkommen aufstockt, scheiterte schon an formalen Hürden, wie das Bundesverfassungsgericht am Mittwoch in Karlsruhe mitteilte.

Eine inhaltliche Überprüfung der Änderungen fand also gar nicht statt. Wie einige Dutzend anderer Kläger hatte sich der Mann auf einen Vordruck gestützt, der derzeit im Internet kursiert.

Das sogenannte Rechtsvereinfachungsgesetz war im Juli vom Bundesrat verabschiedet worden. Es soll die Mitarbeiter in den Jobcentern von Bürokratie entlasten, damit sie mehr Zeit für die Vermittlung der Arbeitslosen haben. So wurde beispielsweise der Bewilligungszeitraum für das Arbeitslosengeld II von sechs Monaten auf ein Jahr verlängert.

Kritiker sehen aber vor allem eine Rechtsverschärfung. Insbesondere würden Kontroll- und Sanktionsmechanismen ausgeweitet, kritisiert der Paritätische Wohlfahrtsverband. Die Bundesagentur für Arbeit hat bereits Konsequenzen aus dem Gesetz gezogen und die Jobcenter angewiesen, bei verschwiegenen oder vergessenen Einkünften Bußgelder bis zu 5.000 Euro zu verhängen.

Im konkreten Fall wertete das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsbeschwerde als unzulässig. Zwar sei es möglich, sich an Musterformulierungen zu orientieren. Die Kläger müssten aber immer auch ihre individuelle Betroffenheit konkret darlegen. Der Beschwerdeführer habe aber im vorliegenden Fall weder seine individuelle Betroffenheit genau dargelegt, noch den üblichen Rechtsweg bei den Fachgerichten ausgeschöpft.

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2 Kommentare

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  • Im Klartext bedeutet es, daß jemand erst einen Schaden erlitten haben muß, bevor er klageberechtigt ist. Nicht ein möglicherweise verfassungswidriges und schadensverursachendes Gesetz wird unter die Lupe genommen, sondern erst der eingetretene Fall.

     

    Oder ganz extrem ausgedrückt: Ein Deliquent muß erst hingerichtet sein, vorher dar er nicht dagegen klagen.

  • Rechtswegerschöfung muss stets gegeben sein, dass eine Verfassungsbeschwerde überhaupt angenommen wird. Meistens ist es aber so, dass nicht der Rechtsweg erschöpft ist, sondern der Betroffene selbst. Ich habe mal für einen Verwandten vor dem Sozialgericht geklagt. Das Verfahren läuft bereits seit 2005, also bereits 11 Jahre. Das Verfahren läuft nicht vor dem Sozialgericht Kongo, sondern in München.