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Tor-Aktivist Jacob Appelbaum tritt zurückMissbrauchsvorwürfe gegen Hacker

Jacob Appelbaum hat das Anonymitätsprojekt TOR verlassen. Dem Netzwerk zufolge gibt es Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs gegen ihn.

Bekannter Fürsprecher für Anonymität und Tor: Jacob Appelbaum Foto: dpa

Berlin taz | In nur einem Satz gab das TOR-Netzwerk den Abgang am Donnerstag bekannt: „Der langjährige […] Sicherheitsforscher und Entwickler Jacob Appelbaum ist von seinem Posten bei The TOR Project am 25. Mai 2016 zurückgetreten.“ Ein kurzer Satz, keine Details. Im Netz wurde viel spekuliert, darunter immer wieder das Gerücht: Es gehe um Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs.

Dass es diese Vorwürfe gibt, hat nun das TOR-Netzwerk bestätigt, allerdings nicht dass sie der Anlass für Appelbaums Rücktritt sind. In einer am Sonntag veröffentlichten Stellungnahme heißt es: „In den vergangenen Tagen haben einige Menschen ernsthafte, öffentliche Vorwürfe der sexuellen Misshandlung gegen den ehemaligen Angestellten Jacob Appelbaum gemacht.“ Ähnliche Gerüchte habe es bereits zuvor gegeben, aber nicht so konkret oder schwerwiegend.

Einiges deutet aber darauf hin, dass die Vorwürfe auch der Grund für Appelbaums Rücktritt sein könnten. So twitterte die TOR-Entwicklerin Andrea Shepard am 25. Mai eine verschlüsselte Botschaft, die sie am Freitag nach dem ersten Statement von TOR, entschlüsselte: „Es scheint, als sei ein Vergewaltiger ein Vergewaltiger zu viel“. Sie bestätigte allerdings nicht, dass sie hiermit Appelbaum meinte. Appelbaum selbst äußerte sich bislang nicht. Am 27. Mai twitterte er die Worte: „Changing of the guards“ (= „Wachablösung“).

Das TOR-Projekt bittet nun um genauere Informationen und rät möglichen Opfern von Straftaten, sich an die Polizei zu wenden. AktivistInnen, die staatlichen Behörden nicht vertrauen, rät es, sich mit engen Vertrauten zu beraten. Eine Anwaltskanzlei, die auf solche Fälle spezialisiert sei, berate die Organisation.

Das TOR-Projekt produziert die Software für den gleichnamigen Anonymisierungsdienst, bei dem Internetanfragen verschlüsselt und so umgeleitet werden, dass für Außenstehende ihre Herkunft verborgen bleibt. Es stellt auch einen Teil der physischen Infrastruktur. Appelbaum war Entwickler im Netzwerk und warb auch bei zahlreichen Veranstaltungen für den Dienst. Seit den Snowden-Leaks über umfassende Überwachung des Internets durch den US-Geheimdienst lebt er in Berlin und arbeitete auch als Journalist für die britische Zeitung Guardian und die Zeitschrift Der Spiegel.

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9 Kommentare

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  • Der Name ist "Tor", nicht "TOR" (siehe https://www.torproject.org/docs/faq.html.en#WhatIsTor).

  • Nach dem Beitrag zu Asher Wolf, der Gründerin der Cryptoparties, überrascht mich das nicht so sehr, wie es sollte.

     

    Ihre Webseite wurde seitdem mehrfach zerstört, und ist nicht mehr verfügbar. Es gibt aber noch Kopien im Netz, z.B. bei fsinf:

    https://www.fsinf.at/dear-hacker-community-%E2%80%93-we-need-talk

    • 3G
      33523 (Profil gelöscht)
      @Arne Babenhauserheide:

      Das ist eine komplexe Angelegenheit. Die meisten Hacker sind sehr weltoffene Menschen und wer mal einen Hackerspace besucht hat weiß das dort hauptsächlich die gemeinsamen Interessen zählen. Gleichzeitig sind dort viele Menschen anzutreffen die soziale Defizite haben, die sich meist in Schüchternheit, insbesondere Frauen gegenüber, ausdrücken.

       

      Wenn man dann explizit die IT-Security Szene betrachtet verschiebt sich das Bild bereits etwas. Dort ist die Dichte an Arschlöchern deutlich höher als in der Mitte der Gesellschaft. Das trifft insbesondere auf die Red-Teamer zu. Red-Teamer sind Menschen die Penetrationstests durchführen, also von Unternehmen beauftragt werden in das eigene System einzubrechen um dessen Schwachstellen zu erkennen.

      Dort trifft man besonders häufig Menschen deren Charakter man als Anti-Sozial bezeichnen könnte. Das liegt denke ich auch in der Sache der Natur. Nicht jeder ist in der Lage wie ein Aggressor zu denken und einige können es besonders gut, weil sie wirklich welche sind.

       

      Auf der anderen Seite sehe ich, wie viele andere auch, den Feminismus sehr sehr kritisch. Viele Hacker sind Atheisten und haben Angst davor das der Feminismus die Hacker-Szene zerstört könnte, wie er den Atheismus in den USA zerstört hat.

      Die Forderungs-Haltung des Feminismus passt einfach nicht zu einer Szene in der nur das Wissen zählt. Da kann jeder dazu gehören, wenn er bereit ist sich Jahrelang den Arsch aufzureißen. Das ist auf eine bestimmte Weise deutlich Fairer als "Ich gehöre zu maginalisierter Gruppe XY, gib mir meine Sonderrechte!".

      • @33523 (Profil gelöscht):

        "Die Forderungs-Haltung des Feminismus passt einfach nicht zu einer Szene in der nur das Wissen zählt. Da kann jeder dazu gehören, wenn er bereit ist sich Jahrelang den Arsch aufzureißen. Das ist auf eine bestimmte Weise deutlich Fairer als "Ich gehöre zu maginalisierter Gruppe XY, gib mir meine Sonderrechte!"."

         

        Das beschreibt es sehr gut - allerdings nicht nur in Bezug auf das Einfordern von Sonderrechten sondern auch in Bezug auf das Ausgrenzen von Newcomern.

        • 3G
          33523 (Profil gelöscht)
          @Velofisch:

          "Newcommer" werden nicht ausgegrenzt, insofern sie Bereitschaft zum Lernen zeigen und eine angemessene Selbstständigkeit mitbringen.

           

          Die meisten Hacker sind schon froh wenn es jemanden gibt der es wenigstens versucht. Viele schaffen es am Ende nicht, grade wenn ein expliziter Wunsch ein "Hacker" im heutigen Sinne zu sein da ist. Wer denkt er bekommt ein paar Tools und muss dann nur noch die IP-Adresse eingeben die er hacken will der ist da halt falsch. In einem Biker-Club werden Sie auch nicht aufgenommen, wenn sie nicht den willen Haben Motorrad fahren zu lernen.

  • 3G
    33523 (Profil gelöscht)

    "Changing of the guards" kann auch gut einen Bezug zum TOR-Projekt haben. Guards sind dort die Server, welche direkt mit dem Nutzer kommunizieren und besonders vertrauenswürdig sein müssen.