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Rassistische Äußerung des AfD-VizeGauland beleidigt Boateng

Vor der Fußball-EM hat sich AfD-Vize Gauland diskriminierend über Nationalspieler Boateng geäußert. Aber dann will er das doch nicht gesagt haben.

Wer möchte schon neben Alexander Gauland wohnen? Foto: dpa

Berlin dpa/taz | Knapp zwei Wochen vor Beginn der Fußball-EM hat AfD-Vize Alexander Gauland mit fremdenfeindlichen Äußerungen über den Nationalspieler Jérôme Boateng für Empörung gesorgt. Gauland sagte der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung: „Die Leute finden ihn als Fußballspieler gut. Aber sie wollen einen Boateng nicht als Nachbarn haben.“ Politiker von CDU und SPD wiesen diese Äußerung ebenso entschieden zurück wie Fußballoffizielle.

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) sagte im Kurznachrichtendienst Twitter: „Einfach nur niveaulos und inakzeptabel. Wer so redet, entlarvt sich selbst – und das nicht nur als schlechter Nachbar.“ CDU-Vize Julia Klöckner twitterte: „Lieber Boateng als Gauland als Nachbarn.“ Der in Berlin geborene Boateng ist der Sohn einer deutschen Mutter und eines ghanaischen Vaters. Er ist Stammspieler des FC Bayern.

Der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), Reinhard Grindel, sagte der Zeitung, es sei „einfach geschmacklos“, die Popularität Boatengs und der Nationalmannschaft „für politische Parolen zu missbrauchen“. Boateng sei „ein herausragender Spieler und ein wunderbarer Mensch, der sich übrigens auch gesellschaftlich stark engagiert und für viele Jugendliche ein Vorbild ist“.

Auch der Nationalmannschafts-Manager Oliver Bierhoff wandte sich gegen Gaulands Äußerung: „Es ist ja nicht das erste Mal, dass wir mit solchen Aussagen konfrontiert werden. Sie bedürfen keiner weiteren Kommentierung, die Personen diskreditieren sich von alleine.“

Am Sonntagmittag meldete sich Gauland erneut zu Wort und wies den Vorwurf zurück, Boateng fremdenfeindlich beleidigt zu haben. „Ich habe nie, wie die FAS insinuiert, Herrn Boateng beleidigt. Ich kenne ihn nicht und käme daher auch nicht auf die Idee, ihn als Persönlichkeit abzuwerten“, teilte er mit. Gauland behauptet nun, er habe in einem vertraulichen Hintergrundgespräch die Einstellung mancher Menschen beschrieben, „aber mich an keiner Stelle über Herrn Boateng geäußert“. Die Redaktion der FAZ kann jedoch die Richtigkeit der Aussagen nach eigenen Angaben durch Mitschriften unterschiedlicher Autoren belegen.

Die Parteivorsitzende der rechtspopulistischen AfD, Frauke Petry, entschuldigte sich bei Boateng und verwies auf Erinnerungslücken ihres Stellvertreters: „Herr Gauland kann sich nicht erinnern, ob er diese Äußerung getätigt hat. Ich entschuldige mich unabhängig davon bei Herrn Boateng für den Eindruck, der entstanden ist.“

Erst in der vergangenen Woche hatten sich Anhänger der fremdenfeindlichen Pegida-Bewegung abschätzig über Jugendfotos der deutschen Nationalspieler auf Packungen der Kinderschokolade geäußert. Darauf zu sehen sind unter anderem auch Jérôme Boateng und Ilkay Gündogan.

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29 Kommentare

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  • Einige scheinen nicht zu begreifen, worum es Herrn Gauleiter geht. Er benennt die verbreitete Ansicht des Deutschspießers: "Ich hab ja nix gegen Ausländer - aber nicht in meiner Nachbarschaft". Aber er kritisiert diese Einstellung nicht, sondern gibt ihre seine Stimme im öffentlichen Raum. Die entsetzte Reaktion hat er einkalkuliert, das bringt die Afd einerseits wieder in die Schlagzeilen, und stärkt die Reihen seiner rassistischen Anhänger. Sie fühlen sich gestärkt in ihrem: "Man wird ja wohl noch was sagen dürfen". Gauland ein kalt berechnender PR- Brandstifter im Geiste Goebbels. Und er kann sich der Unterstützung vieler 'Biedermänner' sicher sein. Seit Jahren sagt eine nicht geringe Anzahl Bundesbürger bei Befragungen, keinen Juden zum Nachbarn haben zu wollen. Wir sind wieder soweit.....

  • Boateng ist mir als Fußbalspieler ziemlich egal und als Nachbar möchte ich tatsächlich niemanden haben, der bei Bayern München spielt.

     

    Ist das schlimm?

     

    Tipp für Gauland:

    Wenn es Oranje mal wieder schafft, an einem internationalen Turnier teilzunehmen, einfach einen surinamischstämmigen Spieler aus NL beleidigen. Die Reaktionen in Deutschland dürften äußerst moderat ausfallen.

    Wer sich noch an den Fall Völler/Rijkaard erinnert und an die Reaktionen, weiß wie weltoffen deutsche Fußballfans sind.

  • Wo ist denn die Beleidigung?

     

    Wir müssen da schon seriös bleiben und das Kopfkino ausschalten.

     

    Es geht doch nur um eine Aussage über Dritte. Nicht mal um eine Aussage darüber, was Gauland selbst findet.

     

    Das ist doch eine Aussage über den Alltagsrassismus, die im Prinzip richtig liegt. Nur weil sie von Gauland kommt, geht der Kopfkino-Alarmmodus an.

     

    Die Menschen wählen Gauland, aber wollen ihn trotzdem nicht im Kanzleramt sehen.

     

    Die Menschen gehen in den Puff, aber wollen trotzdem nicht neben einem wohnen.

     

    usw.

    • @Ansgar Reb:

      so ist es...

       

      Es Lebe die Schizophrenie und der NARZISSMUS DER meißten DEUTSCHEN!!

    • 1G
      10236 (Profil gelöscht)
      @Ansgar Reb:

      "Es geht doch nur um eine Aussage über Dritte. Nicht mal um eine Aussage darüber, was Gauland selbst findet."

       

      OK, verwandte "Aussage über Dritte":

       

      Niemand möchte wirklich neben einem Schwarzen wohnen.

       

      Ist doch scheißegal, ob ich Singular oder Plural verwende. Solange es die 3. Person ist, stelle ich bloß die Fakten fest, oder?

      • @10236 (Profil gelöscht):

        Ist nicht das gleiche, weil Du mit "niemand" den Sack zu machst.

         

        Ich denke, man reagiert über, wenn man Aussagen über den Alltagsrassismus mit Alltagsrassimus verwechselt.

         

        Und das Ding ist, was macht man, wenn dann mal echter Rassismus kommt, wenn man die Zähne schon an Harmlosigkeiten abwetzt.

         

        Wenn die Antirassismusbeauftragte das gesagt hätte, wäre es kein Problem für niemanden gewesen.

        • 1G
          10236 (Profil gelöscht)
          @Ansgar Reb:

          Ich empfehle die Serie von Ken Burns "Baseball" und die Geschichte von Jackie Robinson, dem ersten Afroamerikaner in einer bisher weißen Major League.

           

          Neben den üblichen Pöbeleien des weißen Mobs (so wie Bananen und Affenlaute mal hierzulande), gab es den feinen verbalen Andeutungsrasismus von Leuten, die zu schlau waren, es in der 1. Person auszudrücken. So wie Gauland. Es waren 1940er und 1950er Jahre. Da kommt der Gauland mental her und da gehört auch hin.

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    Jede Verbalinjurie treibt die Zustimmung für diese Partei in die Höhe.

     

    Alles Berechnung, gell Gau-land?

  • Ja. Es ist traurig, dass die ganze Politmischpoke wieder nichts besseres weiß, als diese Aussage aus machtpolitischen Erwägungen willentlich falsch zu interpretieren, anstatt bei der Gelegenheit die Realität des deutschen Rassimus zu thematisieren.

  • Lohnt nicht die Energie zu verschwenden, seine Hände formen wohl seine Ohren?

    Sein Partieprogramm 7.6 ist gegen Grundrechte. Bitte selbst lesen https://www.dropbox.com/s/482rxqujyx8edaz/Bildschirmfoto%202016-05-10%20um%2018.51.26.png?dl=0

    Danach gehören Mose (AT) und Jesus (NT) zum Koran. Auch die AfD Menschen sollte einmal die Bibel lesen!

  • Herr Gauland hat nicht Herrn Boateng beleidigt. Er hat nur klar gestellt, dass es in Deutschland Rassisten gibt. Das wird man ja wohl noch sagen dürfen. ;)

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @Karlheinz:

      Er hat auch klargestellt, unter wessen Fittichen die sich zu versammeln haben.

      • @571 (Profil gelöscht):

        Das wussten die wohl eh schon. Wenn man sich aber die Kommentare auf der AfD Facebook Seite anschaut, sind manche wohl so verärgert über das Dementi, dass sie glatt die Folgsamkeit verweigern möchten.

    • @Karlheinz:

      …eben - "wir können ja auch nicht alle

      Karl-Heinz heißen" - H.R.

      Wird frauman auch nochmals -

      Sagen dürfen!

  • Wagenknecht gestern, Gauland heute

    Wegen Nichtigkeiten bzw. Weil man bewusst Aussagen falsch versteht.

     

    Kein Wunder das die Nazikeule stumpf ist, "das wird man doch wohl noch sagen dürfen" in Mode ist und wenn ihr "Nazi Nazi" schreit jeder nur noch mit den Schultern zuckt.

    • @Thomas_Ba_Wü:

      Seitdem man Nazis offiziell einfach gar nicht mehr als Nazis bezeichnet, hat eine faschistoide Partei wie die AfD hier Zulauf ohne Ende. Die "Nazikeule" ist nicht stumpf, man setzte sie nur nie konsequent ein.

  • ..und wer freut sich über Herr Boateng als Nachbarn, möchte sich aber lieber nicht in der Nähe von Herrn Gauland sehen lassen müssen?

     

    Vermutlich hat der Erstere mehr Fans als der Zweite.

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @noevil:

      Fans und Nachbarn würde ich da klar trennen.

      Fans als Nachbarn dürfte der Horror sein...

  • "Die Leute finden ihn als Fußballspieler gut. Aber sie wollen einen Boateng nicht als Nachbarn haben.“

     

    Womit er allerdings bei einigen Leuten recht haben dürfte. Solche zwiespältigen Menschen kenne ich auch einige. Der Gauland vertritt sie und offenbart die Janusköpfigkeit seiner eigenen Klientel. Passt !

    • @lions:

      Er vertritt damit auch die Janusköpfigkeit der Klientel anderer.

    • 8G
      889 (Profil gelöscht)
      @lions:

      Eigentlich wollte er nicht Boateng rassistisch, sondern "die Leute" als Rassisten beleidigen... Ein verkappter Antideutscher?

      • @889 (Profil gelöscht):

        Auf jeden Fall!

  • Ich frage mich: Wie erträgt ein AfD-Fan so ein braunes Gesülze? Gar kein Problem:

     

    "Wenn Gauland hier korrekt zitiert wurde, hat er Boateng als fremd bezeichnet. Das ist für mich zunächst einmal wertfrei, denn er hat das Fremd sein nicht abgewertet."

     

    "Ich hätte sehr gerne die zitierten Textpassagen zu Boateng mitsamt der Fragestellung und im Zusammenhang gelesen."

     

    "Ich finde nicht, dass Gauland Boateng beleidigt, er beschreibt ganz nuechtern die Realitaet. Schwarze werden in Deutschland immer noch als fremd empfunden."

     

    (Alles Zitate von Kommentaren auf FAZ.net unter dem entsprechenden Bericht dort.)

     

    Es findet sich immer eine Erklärung. Das ist die Strategie der intellektuellen Neuen Rechten seit den Neunziger Jahren. Man schwurbelt um die Themen herum, sodass man es hinterher immer so darstellen kann, als hätte man keine normative, sondern nur eine deskriptive Aussage getätigt. Die Fehldarstellung gehe allein auf böse Absichten und Fehlzitierung zurück.

    • @user21617:

      Was ist denn daran intellektuell?

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @user21617:

      "Die Fehldarstellung gehe allein auf böse Absichten und Fehlzitierung zurück."

       

      Er hat's doch angeblich gar nicht gesagt!

      Bestimmt wurde wieder einmal ein Ausrutscher nur aus dem - äh - Zusammenhang gerissen.

  • Also, ich bin nur froh, dass ich solche Berufsrassisten wie Gauland nicht als Nachbarn habe.

  • Ich glaube, Boatengs Nachbarschaft liegt preislich auch ein klitzekleines bisschen über dem, was sich bornierte AfD-Provinzpolitiker und Pegida-Fans leisten können. Von daher stellt sich die Frage eigentlich gar nicht.

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @Horst Mohammed:

      Bittebitte jetzt keine Neiddebatte in diesen absolut unguten Zusammenhang hineinbasteln!

    • @Horst Mohammed:

      korrekt - & wer bitte wollte denn

      Gauland als Nachbarn¿!

      Der kann ja nichemal

      Fußballspielen!

      Ne ganz andere Frage ist doch

      Wieso kommt Kohshit op Dach?! & -

      Läßt die FAS sone Flachpfeife dort Sabbeln!