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Mietenproteste in BerlinSchloss für alle

Die Initiative Berlin für Alle ruft zum Einzug in den Schloss-Rohbau auf – eine entsprechende Wohnungsanzeige gibt es auch schon.

627 Wohnungen in der bundesdeutschen Durchschnittsgröße von 47 Quadratmetern: Das Stadtschloss Foto: dpa

„Unsere WG in Mitte vergrößert sich und sucht noch Mitbewohner! Wir sind bisher zu dritt und planen demnächst den Einzug in eine schicke WG in Mitte, direkt in Laufweite der HU. Das Gebäude gehört einer staatlich subventionierten Baugruppe. Es befindet sich im Moment noch im Rohbau, soll aber bald fertig sein. Im Plenum haben wir nun entschieden, dass uns die 29.000 Quadratmeter doch zu viel für nur drei Partner sind, und suchen noch 627 Mitbewohner_innen, damit jede_r am Ende ca. 46 qm zur Verfügung hat.“

So beginnt die Wohnungsanzeige auf der Plattform wg-gesucht.de, geschaltet von „Wilhelm, Alexander und Hermann“, die im weiteren Verlauf des Textes von sich erzählen, „total gerne nach Afrika“ zu reisen und „gut im Abstauben“ zu sein. Klar: Es geht um das Stadtschloss, das derzeit in öffentlich-privater Trägerschaft wieder aufgebaut wird und dessen Eröffnung mit dem Humboldt-Forum, in dem die ethnologischen Sammlungen aus den Museen Dahlem gezeigt werden sollen, für 2019 geplant wird.

Die im Februar gegründete Initiative Berlin für Alle gehört nicht zu den Schlossfans. „Berlin braucht dringend bezahlbaren Wohnraum, keinen Prunkbau, in dem Museumsstücke zweifelhafter Herkunft ausgestellt werden“, sagt Ralph Neumann, Sprecher der Initiative. Den in der Anzeige genannten WG-Besichtigungstermin am Mittwochabend um 19 Uhr wird es deswegen wirklich geben – als stadtpolitische Kundgebung vor dem Schloss. „Bringt Nierentisch und Ohrensessel, Stehlampe und Chaiselongue, wir machen es uns am Stadtschloss gemütlich“, heißt es im Aufruf der Initiative.

Am, nicht im Schloss: „Wir planen keine Besetzung, sondern eine Umzugsparty vor dem Gebäude“, sagt Neumann. Anlass ist der Tag der Immobilienwirtschaft, dessen TeilnehmerInnen für den Abend zum „Networking beim Schlossfest“ in den Rohbau geladen sind. „Die Immobilienwirtschaft will sich dort selbst feiern, obwohl sie mit ihren Profitinteressen die Wohnungsnot in Berlin verstärkt statt verringert“, sagt Neumann.

15.000 Sozialwohnungen müssten jährlich geschaffen werden, um den Wohnungsmangel in Berlin zu beheben, 400 Millionen würde das kosten, rechnet die Initiative vor. 2014 wurden in Berlin nach Angaben des Amts für Statistik knapp 9.000 Wohnungen gebaut, 2015 gut 10.000, davon etwa 40 Prozent Eigentumswohnungen. Am Mittwochabend will die Initiative ein eigenes Konzept für ein öffentliches Wohnungsbauprogramm präsentieren.

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