AfD versucht Slime-Konzert zu verhindern: „Ganz Hamburg hasst die AfD!“
Die AfD wollte das Slime-Konzert beim Hafengeburtstag per Antrag in der Bürgerschaft verbieten lassen. Damit ist sie nicht durchgekommen.
Hamburg ist eine Stadt der Szenen und Klüngel, das hat mit den abgezirkelten Kaufmannsfamilien zu tun, aber auch mit der SPD und dem Tanz ums Geld, der eine linke Gegenbewegung stark gemacht hat. Trotzdem gibt es in Hamburg ein Stadtfest, bei dem alle mitmachen. Hafengeburtstag heißt es und besteht wie andere Stadtfeste aus Fressbuden, Open-Air-Bühnen und Infoständen.
Der Beitrag der linken Szene ist eine Bühne vor den Hafenstraßenhäusern, auf der am Sonntagabend die Hamburger Punkband Slime spielte. Slime, das sind fünf MusikerInnen mit schwarzer Oberbekleidung und viel Lebenserfahrung. Insbesondere Gitarrist Christian Mevs könnte vom Typ her auch Musiker der Hamburger Philharmoniker sein.
Die Bierstände sind in linksautonomem Schwarz-Rot gehalten und auf dem Areal vor der Bühne stehen ein Riesenrad, ein Kettenkarussell und eine Wurstbraterei. Auf der Hafenmauer sitzen schwarz gekleidete Leute mit Sonnenbrille und blondierten Haaren, links winken Urlauber von den Kreuzfahrtschiffen auf der Elbe.
Es ist ein harmonisches Bild, das sich hier bietet: Alle sind im Hafen unterwegs, jeder hat seinen Platz, jeder macht seins. Der Hamburger AfD war das im Fall von Slime nicht recht. Per Antrag in der Bürgerschaft wollte sie das Konzert verbieten lassen. Hamburg, so heißt es da, dürfe „extremistischen Gruppierungen, die den Staat, seine Verfassung und seine Rechtsordnung durch ihre Hassparolen diskreditieren und zur Gewalt insbesondere gegen unsere Polizei aufrufen, kein Forum mehr bieten“.
Gemeint waren damit vor allem die Songs „Bullenschweine“ und „Deutschland“, beide aus dem Jahr 1980. Zu beiden Songs gibt es bereits gerichtliche Entscheidungen: „Bullenschweine“ wurde 2011 von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien indiziert, „Deutschland“ wurde 2000 vom Bundesverfassungsgericht als Kunst im Sinne des Grundgesetzes eingestuft. Der AfD-Antrag wurde von SPD, CDU, Linken und Grünen geschlossen abgelehnt.
Am Sonntagabend spielten Slime „Bullenschweine“ nicht, „Deutschland“ aber schon. Einen Anti-AfD-Song gab es auch: „Sie wollen wieder schießen dürfen“. Dazu regnete es einige „FCK AFD“-Aufkleber. Zuschauer skandierten: „Ganz Hamburg hasst die AfD!“ Ein paar Bengalos wurden entzündet. Aber Letztere gab es vor allem bei den Songs, die Slime dem FC St. Pauli gewidmet haben.
Slime haben vom linksautonomen Parolenpunk über bierseligen Schunkelpunk bis zu einem Album mit Texten des Dichters Erich Mühsam vieles gemacht – am Sonntagabend gibt es aus allen Schaffensperioden etwas.
Als die Schiffe dazwischenhupen, fordern die Fans: „Lauter!“ Aber lauter geht nicht, und Zugabe gibt es auch keine, die Band macht überpünktlich Schluss. Alle halten sich an die Regeln. Denn alle haben ihren Platz in der Stadtgesellschaft und wollen ihn nicht verlieren.
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