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Studie über Bodenerosion weltweitEine bodenlose Katastrophe

Die Hälfte der Menschheit ist von der Verschlechterung des Bodens betroffen. Eine Verbesserung ist aber möglich und lohnt sich auch.

Pflanzung in der Nähe der chinesischen Oasenstadt Dunhuang. Foto: dpa

Berlin taz | „Wir haben weiß Gott genug Spannungen auf der Welt, weitere brauchen wir nicht“, befand Klaus Töpfer, Exumweltminister und Exumweltdirektor der UNO, bei der Vorstellung der Studie “Economics of Land Degradation and Improvement“(pdf-Datei) in der Berliner Akademie der Wissenschaften Ende letzter Woche. Töpfer meinte damit die Spannung zwischen der dramatisch sinkenden Qualität der globalen Böden und der zunehmenden Zahl der zu ernährenden Weltbevölkerung.

Nach dieser Studie, an der ein internationales Team von dreißig Wissenschaftler und Forscherinnen viereinhalb Jahre gearbeitet hat, bahnt sich eine wortwörtlich bodenlose Katastrophe an. Das Zentrum für Entwicklungsforschung (ZEF) an der Universität Bonn und das International Food Policy Research Institute (IFPRI) in Washington haben hierfür Satellitenpixel zum Begrünungszustand der Erde mit einer neuartigen Technik ausgewertet und mit zwölf Einzelstudien aus repräsentativen Ländern und Großlebensräumen wie China, Russland, Indien, Argentinien oder Niger ergänzt.

Ergebnis: In den letzten dreißig Jahren sind global 33 Prozent des Weidelands, 25 Prozent der Ackerflächen und 23 Prozent der Wälder signifikant degradiert, haben sich also stark verschlechtert. Das macht rund 30 Prozent der globalen Landfläche aus, von der etwa 3,2 Milliarden Menschen abhängig sind. Wahrscheinlich, führt das Wissenschaftsteam im Buch aus, liege die Zahl der Betroffenen sogar noch höher.

Lohnende Investitionen

Schon jetzt koste die Bodendegradation der Menschheit jährlich etwa 300 Milliarden Euro, so Zentrumsdirektor Joachim von Braun. Das seien pro Kopf der Weltbevölkerung 40 bis 50 Euro. 46 Prozent dieser Kosten müssten die Landnutzer tragen, 54 Prozent die Allgemeinheit. Deshalb brauche es dringend Anreize für bodenschonende Methoden. Und diese Investitionen seien lohnend: Jeder heute in Bodenschutz investierte Euro bringe in Zukunft 5 Euro Gewinn – die Hälfte als Ertrag, die andere Hälfte in Form von besserer Wasserqualität oder anderen Dienstleistungen von Ökosystemen.

Am schlimmsten um die Erde bestellt ist es südlich der Sahara. Der Verlust von Acker- und Weideflächen ist für die Bevölkerung lebensbedrohlich – und eine wenig beachtete Ursache für Flucht. Aber auch in Europa, Amerika und Asien gibt es enorme Schäden – hier vielfach verursacht durch die Agroindustrie, durch Dünger und Pestizide, unbedeckte Monokulturen und schwere Geräte.

Als Ausweg empfahl Exumweltminister Töpfer „Flurbereicherung“ statt Flurbereinigung und kleinere Einheiten, die sich dafür besser vernetzen: „Die höchste Produktivität liegt im Kleinen.“

Dass Boden durch Agroforstsysteme und Ökomethoden aber auch vergleichsweise schnell wieder verbessert werden kann, zeigt unter anderem die Sahelzone, die in Teilen wieder ergrünt. In Niger etwa zeitigt ein Baumpflanz- und Baumschutzprogramm gute Erfolge. Und in Äthiopien und anderen Ländern, so Stefan Schmitz vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit, unterstütze die Bundesregierung kleinbäuerliche Projekte des nachhaltigen Landmanagements und der Wiederaufforstung.

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Themen #Boden
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13 Kommentare

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  • Wir alle haben vermutlich bereits ab dem Titel die Hammer-Schlagworte "Monsanto, Bayer, Syngenta & Co." im Kopf, denen auf dem Fuß "Glyphosat, Roundup & Co." folgen". Sicher wissen die meisten von uns auch rein theoretisch, dass den Boden Geduld und unter anderem Permakultur und veränderte Bewirtschaftung wieder gesunden lassen würden. Dass durch Verzicht auf Palmöl z.B jede Menge Plantagen, den katastrophalen Regenwaldrodungen auf dem Fuß folgend, durch Verbraucherverzicht auf die Produkte durchaus einen Rückgang veranlassen könnten. Doch wenn der Normalverbraucher genau auf das Kleingedruckte sieht wird er feststellen, dass es fast überall drinsteckt und es sehr mühsam ist, überhaupt dazu Alternativen zu finden. Da hat die weltweite Lebensmittelindustrie bereits ganze Arbeit geleistet.

     

    Wir sägen also alle gemeinsam an dem lebenserhaltenden Ast, auf dem die Menschheit sitzt. Und die, die nicht als Erst dran glauben müssen gaukeln sich vor, sie könnten als lachende Letzte doch noch aus dem weltweit schleichenden Genozid davonkommen. Sie werden ihren Irrtum auch erst bemerken, wenn es bereits zu spät sein wird.

     

    Dies ist kurz gefasst meine derzeitige globale Schlechtwettervorhersage.

  • Es wird nur das verwirklicht, was schnellen und hohen Gewinn verspricht.

    Die Bodendegradation ist ganz im Sinne der Agrarkonzerne. Verspricht dies doch eine noch größere Abhängigkeit zu ihnen.

    Und die Politiker tun nur das, was der Wirtschaft und den Reichen nützt.

    Aus diesen Gründen ist weder von der Politik, noch von der Wirtschaft eine Änderung, zu erwarten.

    Die Menschen vor Ort sind daher auf sich selber angewiesen.

    Eine Änderung ist nur zu erreichen, wenn vor Ort die Bildung verbessert wird.

  • Es liegt an der Zielformulierung:

     

    Hohe Diversizität heißt letztlich Handarbeit. Da ist aber die Produktivität niedriger als in der Intensiv-Landwirtschaft.

    Eine niedrigere Produktivität wird (global) zu steigenden Preisen führen oder Wohlstandabbau, da "wir" die Leute auf ihren kleinen Parzellen halten müssen mit weniger Aussicht auf Bildung und letztlich Wohlstand.

     

    Eine Quadratur des Kreises!

    Wer will der verarmten Landbevölkerung in vielen Teilen der Welt Zugang zu besseren Lebensbedingungen verweigern nur damit wir reichen Länder bessere globale Bodenstatisitiken melden können?

    Da müssen wir schon selbst mal anfangen und mit viel (schlecht bezahlter) Handarbeit die Intensivlandwirtschaft zurückzudrängen und bereit sein mehr für eine saubere Landwirtschaft auszugeben sowie einene geänderten Speiseplan zu akzeptieren --> Schnitzel over!

    • @Tom Farmer:

      Ja, Permakultur ist z. B. eine Alternative. Ist natürlich viel handarbeitsintensiver, kommt aber weitgehend ohne Aufreißen des Bodens aus und verursacht somit keine (oder kaum) Erosion. Ich vermute aber, dass sich auch hier einiges maschinell automatisieren ließe, wenn der politische Wille vorhanden wäre und genügend Geld in die Forschung und Entwicklung entsprechender Technik gesteckt werden würde.

      • @Ruhig Blut:

        Permakulturen? Wie wollen Sie Getreide (Weizen, Gerste, Mais, Reis...) oder auch Leguminosen (Bohnen, Erbsen...) oder Gemüse (Kartoffel...) anbeuen? Das sind alles einjährige Pflanzen die den Boden einseitig Nährstoffe entziehen. Eine gesunde Fruchtfolge ist das Zauberwort!

         

        Genau die gibt es aber nicht mehr seit Round up und Co inkl. synthetischer Dünger, da die den Nährstoffentzug angeblich ohne Ertragsverlust ausgleichen! Das stimmt (kurz und mittelfristig) sogar, jedoch degradiert der Boden dabei langfristig!

        • @Tom Farmer:

          Es gibt ganz unterschiedliche Ansätze mit Permakultur, und offenbar auch Anbauversuche mit Getreide, siehe bspw. hier: http://www.permakultur-forschungsinstitut.net/aktuelles/getreide_pflanzversuch/ oder hier: http://www.permaculture.at/permakultur-fur-landwirte-getreide-auf-grosen-und-kleinen-flachen/

          Permakultur bedeutet ja in erster Linie, den Boden nicht großflächig umzupflügen. Denn gegen den Bodenverlust durch Wind- und Regenerosion helfen auch sinnvolle Fruchtfolgen nicht (die natürlich für einen gesunden Nährstoffhaushalt unerlässlich sind).

          Vor meinem inneren Auge tippeln gerade solarbetriebene Roboterchen, hergestellt aus ultraleichtem Material auf nichtfossiler Kohlenstoffbasis, geschwind durch die Felder und setzen, bzw. ernten die Pflänzchen einzeln. So mal als Zukunftsvision.

          • @Ruhig Blut:

            Danke für den link.

            Verstehe dennoch das Wort Perma in dem Zusammenhang so, dass eben der Boden bedeckt bliebt aber natürlich nicht das ganze Jahr eine aus den gleichen Pflanzen bestehende Vegetationsdecke bestehen bleibt.

             

            Die hatten in einem der Versuche auch Weißklee als Zwischenfrucht und der Boden wurde gepflügt (umgebrochen war das Wort). Ist auch logo, die Erntsreste dürfen das Säen nict behindern oder das Auflaufen.

            • @Tom Farmer:

              Ja, so richtig konsequent „perma“ ist das nicht. Wüsste auch nicht, wie das bei einjährigen Pflanzen klappen könnte. Aber um Erosion zu vermeiden, ist es grundsätzlich schon der richtige Ansatz, den Boden nicht zu tief und v. a. aber nicht zu großflächig aufzubrechen, denke ich. Also wenn möglich nur punktuell.

              Die Weltbevölkerung kann man mit so kleinteiligen, arbeitsintensiven Methoden natürlich noch lange nicht ernähren. Umso wichtiger, wie gesagt, dass diese Ansätze intensiver verfolgt, gefördert, professionalisiert und automatisiert werden. Wenn es nur annähernd stimmt, dass jeder hier investierte Euro in Zukunft 5 Euro Gewinn erbringt, sollte auch dem konservativsten Trottel klar sein, dass es sich lohnen kann, Neues zu wagen. Zumal wir eigentlich keine Alternative haben.

  • „Die höchste Produktivität liegt im Kleinen.“

  • Tja, und da kommt Glyphosat ins Spiel. . Zur Vermeidung von Wasser und Wind-Erosionen sollte man auf das Pflügen verzichten und Erntereste und abgestorbene Pflanzen nicht einarbeiten. Den Boden mit Glyphosat behandeln und gleich wieder sähen. Der Acker bleibt sauber und die Erosion wird verhindert.

    • @Bernhard Hellweg:

      Der Acker bleibt sauber , nur ein toter Acker ist ein guter Acker. Sie glauben bestimmt auch, daß Glyphosat nicht schädlicher als Kaffee ist. Es gibt hunderte Präparate im Handel . Bitte suchen sie sich eines aus und guten Appetit.

    • @Bernhard Hellweg:

      Hihi, Sie sind ein schöner Witzbold...

  • Das ist halt das Ding, während wir es nicht einmal auf die Kette kriegen, den Klimawandel zu bekämpfen, fliegen uns kaum bemerkt von den meisten Bodenerosion und andere Folgen von Landnutzungsänderungen, Biodiversitätsverlust, Süßwasserverbrauch, Stickstoff- und Phosphorkreislauf, die Versauerung der Meere und die Verschmutzung von Böden, Gewässern und der Atmosphäre an den Hinterkopf.

     

    Das ist als würde jemand lebhaft diskutieren, dass das Einreißen dieser bestimmten tragenden Wand aber wirklich wirklich wichtig für sein persönliches Wohlbefinden ist, während um ihn herum schon das Gebäude einstürzt. Sollte er sich dann irgendwann entschließen, doch schweren Herzens die Wand stehen zu lassen, trifft es "too little, too late" irgendwie nicht mehr so ganz.