Svenja Bergt über den Schutz der Privatsphäre als Ausrede: Datenschutz als Feigenblatt
Ach dieser Datenschutz. Als Unternehmen muss man sich an Hunderte Vorschriften halten, technische Anforderungen umsetzen, kann Daten von KundInnen nicht grenzenlos verwerten, und das kratzt am Gewinn. Schlecht für die Wettbewerbsfähigkeit und damit den Wirtschaftsstandort.
So klingt die übliche Argumentation aus der Wirtschaft, wenn mal zur Debatte steht, die Rechte von NutzerInnen in Sachen Privatsphäre auch nur eine Nuance zu stärken. Zuletzt zu besichtigen anlässlich der Einigung zur EU-Datenschutzgrundverordnung. Deren Schutzniveau ist zwar noch lange nicht optimal. Trotzdem war sofort wieder von „Überregulierung“ die Rede.
Doch es gibt auch noch die anderen Fälle. Und dann ist Datenschutz plötzlich super. Zum Beispiel, wenn man als Autokonzern im Visier der US-Behörden an Ermittlungen mitwirken und dazu Einblicke in E-Mails und andere Kommunikation von Führungskräften gewähren soll. Sorry, Datenschutz. Über diese Haltung beschwerte sich nun der ermittelnde New Yorker Bundesanwalt.
VW wären nicht die Einzigen. Wenn sie mit dem Verweis auf Betriebsgeheimnisse gar nicht mehr weiterkommen, bedienen sich in Sachen unliebsame Interna nicht nur Unternehmen, sondern auch öffentliche Stellen gern des Datenschutzarguments. In der Regel ist das vorgeschoben, schließlich sollen die entsprechenden Gesetze Individuen, VerbraucherInnen und ihre Privatsphäre schützen und nicht Betriebsinterna von Unternehmen – vor allem, wenn deren Offenlegung durchaus im öffentlichen Interesse wäre. Datenschutz als Feigenblatt.
Mindestens genauso schlimm ist aber: Der berechtigte Schutz der Privatsphäre wird durch die vorgeschobenen Argumente diskreditiert. Denn sie führen dazu, dass Datenschutz als Hindernis wahrgenommen wird, als Bremse, als etwas, das mehr Nachteile schafft als Vorteile. Aber das ist vermutlich durchaus gewollt.
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