BDE-Präsident Kurth über Phosphor: „Wertvolle Stoffe gehen verloren“
Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft (BDE) fordert, Klärschlamm direkt als Dünger zu nutzen.
Herr Kurth, immer mehr Klärschlamm wird verbrannt - inzwischen über die Hälfte der 1,8 Millionen Tonnen, die in Deutschland jährlich anfallen, teilt das Statistische Bundesamt mit. Warum ist das ein Problem?
Peter Kurth: Weil wir so unnötig Ressourcen vernichten. Wenn wir den Klärschlamm verbrennen, gehen wertvolle Inhaltsstoffe verloren, die wir als Düngemittel einsetzen können. Klärschlamm enthält nämlich Phosphor, der sehr bedeutsam für die Ernährung von Pflanzen, überhaupt für das Wachstum aller Lebewesen ist. Zwar können Sie aus der Asche der Müllverbrennungsanlage den Phosphor wieder herausholen, das ist aber noch sehr teuer und wird nur in einigen Pilotanlagen erprobt. Am einfachsten ist es, den Klärschlamm direkt zu nutzen.
Warum wird das nicht gemacht?
Es wird gemacht, aber eben immer weniger. Der Gesetzgeber baut immer höhere Hürden auf, weil dem Schlamm Schadstoffe oder hygienische Mängel unterstellt werden. Das ist aber Quatsch, denn er unterliegt ja allen rechtlichen Bestimmungen für Düngemittel, so wie alle anderen Dünger auch. In einer Kreislaufwirtschaft, die wir ja anstreben, sollten wir die Gesetze so gestalten, dass Stoffe auch möglichst sinnvoll in Kreisläufen geführt werden können.
Kann man den Phosphor aus dem Klärschlamm herausfiltern?
Das geht, hieran wird seit Jahren geforscht, aber die Techniken sind derzeit noch nicht wirtschaftlich darstellbar und sie sind nur in einzelnen Fällen großtechnisch erprobt. Die einfachste Art der Phosphor-Nutzung ist es, den Klärschlamm direkt zu verwenden.
Peter Kurth ist Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft (BDE) in Berlin.
Gibt es keine anderen Quellen für Phosphor?
Doch, aber wir haben keine eigenen Lagerstätten. Wir müssen alles importieren, meist aus politisch instabilen Regionen wie Nordafrika. Die Europäische Kommission hat darauf bereits reagiert und Phosphor in die Liste der kritischen Rohstoffe aufgenommen. Auch der EU ist es bewusst, sich unabhängiger von Phosphorimporten zu machen. Außerdem nimmt die Qualität des Phosphors in den Bergwerken ab, er enthält zum Beispiel zunehmend giftiges Uran und Cadmium. Dabei haben wir eine gute eigene Quelle, wir müssen sie nur nutzen.
Problem erkannt, Problem gebannt?
Leider nicht, im Gegenteil. Wir kritisieren schon seit einigen Jahren, dass immer weniger Klärschlämme in der Landwirtschaft eingesetzt werden, doch die Rahmenbedingungen werden immer schlechter. Ab dem nächsten Jahr gibt es neue Vorschriften, die den Einsatz weiter verschärfen – und in der neuen Klärschlammverordnung, über die die Regierung derzeit berät, ist er ab 2015 ganz verboten. Viele Kläranlagen überlegen also, ob sie sich nicht schon jetzt lieber Kapazitäten in Verbrennungsanlagen sichern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen