piwik no script img

Pflanzenschutzmittel im HobbygartenGlyphosat fliegt raus – teilweise

Mehrere Baumärkte wollen den Pestizidwirkstoff aus den Regalen schmeißen. Genau wie Substanzen, die Bienen schaden sollen.

Pestizide mit Neonikotinoiden schaden Bienen, sagen Naturschützer. Foto: ap

BERLIN taz | Die Kontroverse um das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat zeigt Auswirkungen auf das Sortiment von Baumärkten und Gartencentern. Laut einer Umfrage der Umweltschutzorganisation Greenpeace bei acht großen Baumarktketten wollen die Unternehmen Bauhaus, Globus, Hornbach, Obi und Toom Produkte mit dem Wirkstoff Glyphosat aus ihrem Sortiment werfen.

Glyphosat ist einer der weltweit meistgenutzte Wirkstoff in Unkrautvernichtungsmitteln. Im Juli dieses Jahres war die Substanz von der Internationalen Agentur für Krebsforschung, einem Gremium der Weltgesundheitsorganisation, als „wahrscheinlich krebserregend für den Menschen“ eingestuft worden. Kritiker fordern, das Pflanzenschutzmittel zu verbieten.

Greenpeace lobt daher die Unternehmen, die Glyphosat freiwillig aus ihrem Sortiment nehmen: „Die Baumärkte erkennen, dass sie mitverantwortlich dafür sind, ob gefährliche Gifte in Gärten und auf Balkone gelangen“, sagte Christiane Huxdorff von der Umweltschutzorganisation. Sie fordert, dass auch die Baumärkte Dehner, Hagebau und Hellweg auf den Wirkstoff verzichten.

Auch für die Bienen gibt es teilweise gute Nachrichten: Einige Baumärkte haben Pestizide mit Neonikotinoiden, die laut dem Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) Bienen gefährden, aus ihrem Sortiment gezogen. Nach einer Umfrage des BUND unter den 31 größten Baumarktketten in Deutschland, die unabhängig von der Greenpeace-Umfrage am Dienstag veröffentlicht wurde, haben fünf der befragten Märkte (Leitermann, Gartencenter Mecklenburg, Metro Cash & Carry, Plaza Gartencenter und Real) sämtliche Pestizide mit Neonikotinoiden bereits vollständig aus dem Sortiment genommen.

Weitere neun Märkte, darunter Obi, Toom und Bauhaus, verzichten demnach zumindest teilweise auf Neonikotinoide: Pflanzenschutzmittel mit dem besonders umstrittenen Wirkstoff Thiacloprid wurden bereits aus dem Sortiment genommen, während andere mit dem Neonikotinoid Acetamiprid weiterhin verkauft werden. Trotzdem: Knapp die Hälfte der untersuchten Märkte bietet nach Angaben des BUND weiterhin neonikotinoidhaltige Produkte an.

Der BUND fordert ein EU-weites Verbot

Neonikotinoide sind Nervengifte, die gegen Schädlinge in der Landwirtschaft und im Hobbygarten eingesetzt werden. Dabei greifen sie aber nicht nur Schädlinge an, so Corinna Hölzel, Bienenexpertin beim BUND: „Zahlreiche Studien haben nachgewiesen, dass Neonikotinoide Honig- und Wildbienen schädigen.“ Durch das Nervengift erlitten die Bienen Gedächtnis- und Orientierungsstörungen und fänden deshalb teilweise nicht mehr zu ihren Stöcken zurück, sagt Hölzel. Außerdem schade das Gift dem Immunsystem der Bienen.

Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) dagegen stuft Neonikotinoide als ungefährlich für Bienen ein. „Diese Kategorisierung ist aber völlig überaltert, die Erkenntnisse aus neuen Studien fehlen. Außerdem werden die Schwächung des Immunsystems und die Gedächnisstörungen nicht in die Einstufung mit eingezogen“, entgegnet Hölzel. Daher begrüßt der BUND zwar, dass einige Baumärkte nun freiwillig auf die umstrittenen Mittel verzichten. „Es reicht aber nicht, dass es bei der Freiwilligkeit bleibt. Stattdessen brauchen wir ein konsequentes Verbot aller Neonikotinoide, EU-weit“, fordert Hölzel.

Das Chemieunternehmen Bayer, deren neonikotinoid-haltige Produkte Calypso und Lizetan aus dem Programm einiger Baumärkte genommen wurden, verweisen auf Nachfrage auf das BVL. „Die Produkte sind umfassend von uns und von den Behörden geprüft worden und als ungefährlich für Bienen eingestuft worden“, so der Pressesprecher von Bayer Cropscience, Utz Klages. „Es ist die Entscheidung der Baumärkte, wenn sie diese Produkte zurückziehen. Wir sind weiterhin von der Sicherheit der Produkte überzeugt“.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Die Initiative an den Baumärkten hat Nabu ergriffen. Das sollte hier unbedingt noch erwähnt werden !