Belagerung am „Koze“: Krawall am Zaun
Seit einer Woche stehen sich PolizistInnen und AktivistInnen des Kollektiven Zentrums „Koze“ an einem Bauzaun gegenüber.
HAMBURG
„Die Hofinvasion“ nennen die AktivistInnen des Koze die Ereignisse vom vergangenen Montag: Um fünf Uhr morgens hatte die Finanzbehörde unter massivem Polizeiaufgebot einen zweieinhalb Meter hohen Holzzaun auf dem Schulhof errichten lassen. Als die erschreckten AktivistInnen dies verhindern wollten, kam es zu gewalttätigen Übergriffen seitens der Polizei, wie Videoaufnahmen von AnwohnerInnen dokumentieren und die Bauarbeiter bestätigen, die unfreiwillig Zeugen der Szenerie wurden.
Als „Sicherheitsmaßnahmen“ deklariert die Finanzbehörde das Vorgehen: Bei einer Begehung der Gebäude sei Asbest festgestellt worden. Da der zukünftige Eigentümer Abriss und Neubau plant, müsse man schadstoffsanieren, damit bei den Bauarbeiten kein Asbest in die Luft gelange. Dafür sei ein Zaun vorgeschrieben.
Die AktivistInnen kritisieren, nicht über den Termin der Bauarbeiten informiert worden zu sein. Sie werfen der Finanzbehörde vor, bewusst eine Eskalation anzusteuern. „Die zwei Hundertschaften, die am Montag im Einsatz waren, organisiert man nicht über Nacht“, sagt einer von ihnen – die Aktion sei von langer Hand geplant und weder das Koze noch der offizielle Mieter davon in Kenntnis gesetzt worden. „Von unserer Seite wurde viel Verhandlungsbereitschaft signalisiert“, argumentieren die AktivistInnen in einer schriftlichen Stellungnahme. Wenn nicht darauf eingegangen werde, liege die Verantwortung für die aktuelle Situation bei der Finanzbehörde und der Polizei.
„Kein Gesprächspartner“
Aber die Finanzbehörde will nicht mit dem Koze reden. „Das Koze ist für uns kein Gesprächspartner“, sagte deren Sprecher Daniel Stricker. Und: „Hätten wir die AktivistInnen vorher informiert, wäre die Aktion am Montag nicht so glimpflich abgelaufen.“ Von Eskalation und gewaltsamem Vorgehen der Polizei will Stricker nichts wissen: „Was das Koze für Märchen erzählt, interessiert uns einen feuchten Kehricht“, sagte er zur taz.
Die AktivistInnen haben unterdessen eigene Sicherheitsmaßnahmen ergriffen und auch einen Zaun errichtet. „Antistaatlicher Schutzwall“ oder „Konkurrenz-Zaun“ nennen sie die Konstruktion aus Tischplatten, alten Sofas, Brettern und Fahrradteilen, mit der sie ihr Grundstück von der Polizei abgrenzen. Transparente hängen in deren Richtung: „Versucht‘s doch mal mit Lotto“, steht auf einem, „Gewalt Täter“ auf einem anderen, „Mit euch Pfosten könnte man einen Zaun bauen“ auf einem Dritten.
Im Inneren der ehemaligen Kita geht der Alltag des Kollektiven Zentrums so gut es geht weiter: Die Fahrradwerkstatt, Sportveranstaltungen und Lesungen, alles soll weitgehend am Laufen gehalten werden. Es herrscht Barbetrieb und es läuft Musik, draußen laufen Kinder über den Hof. In einer Ecke sitzt jemand unter einem Lampenschirm und näht.
Ein paar Menschen stehen am Zaun und beobachten die PolizistInnen. Die wiederum beobachten das Koze.
So stehen sich AktivistInnen und PolizistInnen seit einer Woche gegenüber – und nichts passiert. Wozu also die ganze Aufregung?
„Keinerlei Existenzberechtigung“
„Was glauben Sie, wie schnell die den Zaun abmontiert haben, wenn wir die Polizei abziehen?“, fragt Finanzbehördensprecher Stricker zurück. Auf der anderen Seite des Zauns habe man sogar einen privaten Security-Dienst engagiert. Im Übrigen habe das Koze „keinerlei Existenzberechtigung“.
Und das friedliche Treiben auf dem Schulhof? „Alles Klamauk“, sagt Stricker. „Die sind auf Krawall aus und außerdem einfach schlecht erzogen.“
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