Drakonische Strafen für U-Bahn-Schläger: Für Jahre hinter Gittern
Zwei junge Männer müssen wegen Mordversuch an einem Rentner in der U-Bahn für viele Jahre ins Gefängnis. Nach ihrer Haft sollen sie laut Bayerns Innenminister abgeschoben werden.
MÜNCHEN taz Es ist ein Bild, das den Menschen vielleicht ähnlich im Kopf bleiben wird wie das Victory-Zeichen von Bankchef Josef Ackermann nach seinem gewonnenen Prozess. Mutter und Schwester des Münchner U-Bahn-Schlägers Spyridon L. streckten den Kameras am Dienstagmittag den gestreckten Mittelfinger entgegen.
Es ist ihre Reaktion auf das Urteil, das kurz zuvor die Jugendkammer des Münchner Landgerichts gegen Spyridon L. und Serkan A. gesprochen hatte. Wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung muss der zur Tatzeit 17-jährige Grieche L. 8 Jahre und 6 Monate hinter Gitter - eine Jugendstrafe. Der damals 20-jährige in München geborene Türke A. muss 12 Jahre ins Gefängnis.
Der Vorsitzende Richter Reinhold Baier sprach in seiner Urteilsbegründung von einer "völlig sinnlosen Tat auf sittlich niedrigstem Niveau". Die beiden Burschen hatten am 20. Dezember 2007 den Pensionär Hubertus Bruno N. in einem U-Bahn-Zwischengeschoss mit mehreren Tritten und Faustschlägen lebensgefährlich verletzt.
Flankiert von fünf stämmigen Justizwachtmeistern nahmen die beiden Angeklagten ihr Urteil entgegen. Weitgehend reglos blieb Serkan A., während seinem Mittäter die Anspannung wie im bisherigen Prozessverlauf auch anzumerken war. Er wippte ohne Unterlass mit dem Oberkörper und schürzte die Lippen - die Augen meist halb geschlossen.
Kurz vor der Urteilsverkündung hatte A.s Verteidiger Michael Gallus überraschend einen Beweisantrag gestellt, der das Verhalten des Opfers N. vor der Tat betraf. Bezugnehmend auf einen Text, der am Montag auf taz.de veröffentlicht worden war, erklärte Gallus, es gebe einen Zeugen, der Aussagen seines Mandanten stütze und der Wahrheitsfindung diene.
A. hatte vor Gericht erklärt, sein späteres Opfer habe ihn beim Aussteigen beschimpft mit den Worten: "Ihr seid das Volk, das hier Probleme macht." Die Staatsanwaltschaft und die Richter schenkten dieser vor Gericht mehrfach diskutierten Einlassung jedoch keinen Glauben - schließlich habe sich A. mehrfach widersprochen und von N. seien derartig rassistische Äußerungen nicht anzunehmen. Zudem hätten L. und A. wenige Minuten vor der Tat im U-Bahnhof bei einer Schlägerei mit einem zweiten Opfer davon gesprochen, einen Deutschen "kaltzumachen".
Im Gespräch mit der taz hatten Zeugen bestätigt, N. sei in seiner Zeit als Schulrektor oft konfrontativ aufgetreten. Ein ehemaliger Schüler gab an, dass N. einmal im Klassenzimmer gemeint habe: "Das ist aber eine schlechte Akustik hier. Wir müssen ein paar Neger in die Ecke stellen!" Staatsanwalt Laurent Lafleur reagierte erbost auf den Beweisantrag. Das Gericht lehnte den Beweisantrag ab, da er unerheblich sei. Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) kündigte an, beide Täter nach der Haft in die Türkei beziehungsweise nach Griechenland abzuschieben.
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