Yasuní-Regenwald in Ecuador: Niebel torpediert Ökoprojekt
Dirk Niebel stoppt Gelder zum Schutz des Yasuní-Regenwaldes in Ecuador. Mit dem Fonds sollte der Dschungel geschützt und die Ölförderung vermieden werden.
Die Fraktionen im Bundestag waren sich ausnahmsweise mal einig. Ecuador will auf die Ölförderung im Yasuní-Nationalpark im Amazonasdschungel verzichten, wenn die internationale Gemeinschaft dem Land 2,7 Milliarden Dollar, die Hälfte des Wertes des ungeförderten Öls, bezahlt. Ein revolutionäres Projekt, das dem Dschungel, der Artenvielfalt und dem Klimaschutz dient. SPD, Grüne und Union begrüßen diese Idee "ausdrücklich", nur so könne die "schleichende Vergiftung des Amazonas" und die Zerstörung des Urwalds und die Vertreibung indigener Völker verhindert werden. Deshalb, so der Bundestag fast einmütig, solle sich Deutschland "finanziell" an der Rettung von Yasuní "beteiligen". Nur die Unterschrift der FDP fehlte. Das war im Juni 2008.
Anfang August 2010 waren die zähen Verhandlungen zwischen Ecuador und der UNO endlich abgeschlossen. Das Geld soll in einen Treuhandfonds der UNO fließen, aus den Zinsen werden Sozial- und Bildungsprojekte in Ecuador bezahlt. Die Verhandlungen waren kompliziert. Denn mögliche Geberländer fordern Garantien, dass sie ihr Geld wiederbekommen, falls es in 20 Jahren Ecuador doch beliebt, Öl im sogenannten ITT-Gebiet in Yasuní zu fördern. Das ist mit dem UN-Fonds erfüllt. Das Geld wird angelegt und fließt nicht einfach in den Staatshaushalt Ecuadors. Die Regierung von Rafael Correa in Quito war lange skeptisch, weil die heimische Öllobby Druck machte. Die Einrichtung des Fonds war ein Durchbruch.
Fast jedenfalls. Denn jetzt wackelt die Rettung des Yasuní-Regenwalds wieder. Das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung BMZ beteuert zwar, man sehe das Projekt weiterhin "positiv". Pressesprecher Sebastian Lesch erklärt der taz: "Es gibt keinen neuen Sachstand." Doch so ist es nicht. Denn Minister Dirk Niebel hat in einem Brief an die grüne Entwicklungsexpertin Ute Koczy klipp und klar erklärt: "Wir werden die Einzahlung in den Treuhandfonds für die ITT-Initiative nicht in Betracht ziehen." Man befürchte eine "Präzedenzwirkung im Hinblick auf Kompensationsforderungen der erdölproduzierenden Länder in den Klimaverhandlungen". Hat man im BMZ ernsthaft Angst, dass demnächst Saudi-Arabien anklopft?
Niebels Rückzieher ist ein herber Schlag für die Yasuní-Initiative. Denn Deutschland hat das Projekt von Beginn an unterstützt, Ecuador auf die Verlässlichkeit der Deutschen gebaut. Mündlich soll ein SPD-Staatssekretär Ecuador schon mal die Zahlung von 50 Millionen Dollar 13 Jahre lang in Aussicht gestellt haben. Ob es wirklich so viel war, ist umstritten. Klar ist: Das BMZ unter Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) hat stets signalisiert, dass Deutschland zahlt, wenn es den Fonds gibt. Genau das hatte ja auch der Bundestag beschlossen. SPD-Entwicklungsexperte Sacha Raabe urteilt: "Niebels Rückzieher ist völlig unverständlich." Niebel fehlen "Garantien für einen dauerhaften Verzicht auf die Ölförderung im Yasuní-Gebiet". Raabe hält das für vorgeschoben: Mit der Einrichtung des UN-Fonds sei doch genau diese Gefahr gebannt. "Es gibt kein Risiko für den deutschen Steuerzahler", so Raabe zur taz.
CSU-Fraktionsvize Christian Ruck will die Hoffnung nicht aufgeben. Er habe, so Ruck, "immer dafür gekämpft, dass Yasuní geschützt wird". Offenbar habe Minister Niebel noch "Klärungsbedarf", was den dauerhaften Verzicht auf die Ölförderung angehe. Wir müssen, so Ruck, "eine Lösung finden". Doch gerade der Zeitpunkt von Niebels Nein zu Yasuní gibt Rätsel auf. Warum kommt die Absage gerade nach der Einrichtung des UN-Fonds? Außerdem wird am 28. September in Berlin eine ITT-Delegation aus Ecuador erwartet, die Details klären soll. Die Hoffnung, dass Niebel noch umzustimmen ist, wirkt verwegen.
In dem Brief schreibt Minister Niebel, dass sich "bisher kein anderer Geber bereitgefunden hat, die Initiative zu unterstützen". Das stimmt nicht. Chile hat zugesichert, Geld bereitzustellen.
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