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„Melodie und Rhythmus“ feiert JubiläumDie Haare der Puhdys

„Melodie & Rhythmus“, das Zentralorgan des ostdeutschen Pop, feiert seinen 55. Geburtstag. Im Heft gönnt man sich Ausflüge in eigene Vergangenheit.

Für „Melodie und Rhythmus“ immer noch aufmacherfähig: Die Puhdys. Bild: dpa

Es ist eine bewegte Geschichte, auf die das Musikmagazin Melodie & Rhythmus zurückblicken kann. Seit nunmehr 55 Jahren, mit der ein oder anderen Unterbrechung, erscheint das gedruckte Radar (ost-)deutscher Klangkultur. 1957 als Fachblatt für Tanz- und Unterhaltungsmusik in der DDR gegründet und zeitweise mit einer Auflage von über 300.000 Exemplaren erschienen, schepperte zwei Jahre nach der Wiedervereinigung alles auseinander.

Einen neuen Anlauf wagte Christian Hentschel, da war schon mehr als eine Dekade vergangen, Anfang der nuller Jahre. Nach nur neun Ausgaben – auch hier wieder Schluss. Stand heute: Unter der Leitung von Jürgen Winkler erscheint Melodie & Rhythmus im Verlag 8. Mai. So weit die Fakten, die allein schon einen kleinen Knicks verdienen ob solcher Beharrlichkeit. Vielleicht ist es auch Trotz. Und der ist ja nicht immer schlecht.

Zum 55. Geburtstag jedenfalls gönnt sich das Magazin einige Ausflüge in die eigene Vergangenheit. Gerd Schumann erklimmt mit den Puhdys die Dachterrasse des Hotels Park Inn am Berliner Alexanderplatz, anlässlich der Veröffentlichung von „Es war schön“ – dem neuesten Wurf der fünf Mannen namens Maschine, Eingehängt, Quaster, Bimbo und Klaus. Laut Hentschel eine „Weiterentwicklung“ und trotz Titel „keine traurige Platte“.

Pop und Politik

Dennoch kann man sich des Eindrucks einer regressiv-lobpreisenden Tendenz irgendwie nicht erwehren. Im Editorial der Jubiläumsausgabe ist beispielsweise vom Historiker die Rede, „der für seine Sicht der Dinge bezahlt wird“. Oder etwa von dem Baggerführer aus der Lausitz und was dieser wohl zum Leben sagen würde „heute, wo das Land, im dem er aufwuchs, als ’totalitär‘ abgestempelt wird“. Die Haare der Puhdys, sie wehen indessen sehr schön, hoch über Ostberlin.

Ganze fünf Seiten gebühren Roswitha Baumert, der „Blattmacherin“ bis zur ersten Nachwende-Ausgabe 1990. Diese bezieht auch gleich Stellung zum Jubiläumsaufmacher: „Mit den Puhdys selbst hatte ich nicht viel zu tun. Das war nie meine Musik. Ich habe es dann irgendwann akzeptiert.“

Baumerts Interessen galten eher dem Jazz und Chanson. Auch „politische Prämissen im Hinterkopf“ weist sie entschieden zurück: „Es war auch niemand von uns – Chefredakteur, Sekretärin, Redakteurin – in der SED oder in einer anderen Partei.“ Kann man bei so viel Freiheit die angedeutete Baggerführer-Gram nachvollziehen?

Die Tage, in denen es neue Abos nur gab, wenn ein Abonnent starb oder kündigte, eine Ausgabe bereits am ersten Erscheinungstag ausverkauft war, sind derweil dahin. Möglicherweise ist die Antwort in dicken Lettern im Heft selbst zu finden. Da heißt es in der Überschrift zum Ensemble Zeitkratzer trefflich „Aus der Zeit gefallen“.

„Melodie & Rhythmus“. Ausgabe November/Dezember 2012, Verlag 8. Mai, Berlin, 100 Seiten, 4,90 Euro

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3 Kommentare

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  • V
    Via

    Schreibe gerade eine Hausarbeit über diese Zeitschrift. Beschäftige mich mit den Ausgaben aus dem Jahr 1986. Es ist eine beeindruckende Zeitschrift und bemerkenswert welchen Historischen lauf sie gemacht hat.

  • MS
    Manfred Stein

    Wer sich in guten qualifizierten Ostrock (Blues, Soul, Punk, Metal, Country, Psychedelic, Hard-Rock, Jazz-Rock, Folk-Rock, Classic-Rock, Electronic-Rock) aus der Zeit ab Ende der 60er Jahre bis heute (noch einmal) einhören will, der sollte den Sender "OSTWELLE" http://laut.fm/ostwelle hören; ohne Werbung und ohne Moderation: 100% Musik pur mit Puhdys, Karat, Renft, City, Electra, Stern Combo, Lift, Nina Hagen, Manfred Krug, Karussell, Modern Soul Band, Bayon, OMEGA, Niemen, Babylon, Veronika Fischer u.v.a. tausende Titel.

    Insgesamt 30.000 Songs wurden bis 1989 vom Platten-Label Amiga, vom Rundfunk & Fernsehen produziert.

  • NS
    Nina & Stefan

    Erst durch Tips von FreundInnen wurden wir auf diese Musikzeitschrift aufmerksam und haben die "Melodie & Rhythmus" dann abonniert, weil sie uns mehr überzeugte als alle anderen gleichartigen Zeitschriften.

     

    Die Inhalte sind niveauvoller, analytischer und spiegeln die aktuellen Trends, vor allem auch bei deutschen Produktionen, wieder.

    Und die M&R geht auch inhaltlich weit über die herkömmlichen Musikzeitschriften hinaus, weil sie die Musikszene auch in den gesellschaftlichen Kontext einordnet.

    So gab es auch Schwerpunktthemen wie "Musik & Sex", "Musik & Rausch", "Musik & Internet", "Musik & Kulturen", "Musik & Film", "Musik & Benefiz" usw.

     

    Wir jedenfalls sind voll begeistert.

     

    Wer sich selbst über Themen und Inhalte der M&R-Magazine der letzten Jahre ein eigenes Bild machen, sich detailliert informieren und einlesen will, dem sei hier

    http://www.melodieundrhythmus.com/

    empfohlen. Es lohnt sich.