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Rollenspielverlag vertreibt den „Landser“Wenn Elfen auf die Barrikaden gehen

Der Rollenspiel-Verlag Ulisses verkauft in seinem Onlineshop Restbestände der Weltkriegsreihe „Landser“. Dafür hagelte es Kritik – vor allem in den Fanforen.

Rollenspieler im Widerstand: Der Ulisses Verlag hat angekündigt die „Landser“-Hefte im April 2013 wieder aus dem Programm zu nehmen. Bild: dpa

Ende 2012 ereignete sich im Internet für Fantasy-Freunde ein kleiner Skandal. Ein User des DSA4-Forums entdeckte, dass der Verlag hinter der Rollenspielreihe „Das Schwarze Auge“ (DSA) in seinem Onlineshop Ulisses Universe Ausgaben des „Landser“ vertreibt. Die Groschenhefte beinhalten Abenteuergeschichten („aus der Sicht der kämpfenden Truppe“) über den Zweiten Weltkrieg im Dokumentarstil.

Auch wenn die Hefte legal sind und keine direkten rechtsextremen Parolen enthalten, stehen sie in der Kritik, mit ihrer verharmlosenden Darstellung jugendlichen Lesern als Einstieg in die rechte Szene zu dienen. Schnell füllte sich das frisch eröffnete Forenthema mit Kommentaren empörter DSA-Fans.

Hinter den Landser-Heften steckt der Pabel Moewig Verlag, der als Unternehmen der Bauer-Gruppe neben diversen Zeitschriften auch die Romanhefte der Perry-Rhodan-Reihe veröffentlicht. Ulisses vertreibt als Vertragspartner in seinem Webshop Restauflagen der Heftromanreihen.

Die Forendiskussion über den Landser-Vertrieb schwappte über auf andere Webseiten, auch ins Forum von Ulisses. Die Nutzer rätselten über Sinn und Zweck der Tatsache der Verkaufspolitik. Geldmacherei oder einfach Unwissenheit? Es entfachte sich eine Diskussion darüber, wie gefährlich oder rechtsextrem die Inhalte des Landser sind.

Zwischen „Perry Rhodan“ und „Atlan“ steht der „Landser“. Bild: screenshot: ulisses-universe.de

Episches Ausmaß

Der ausführliche, sachliche Meinungsaustausch zeigt die erhöhte Sensibilität beim Internetnutzer, wenn es um rechtes Gedankengut geht. Für den Verlag spricht, dass die Diskussion nicht – wie vermutbar – direkt gelöscht wurde, sondern dort in ihrem epischen Ausmaß über zwölf Seiten für jeden nachzulesen ist. Wenige Tage nach Eröffnung des Themas erfolgte die offizielle Stellungnahme. Allerdings nicht in Form einer Pressemitteilung oder offiziellen Meldung, sondern als Beitrag im Forum.

Darin distanziert sich der Verlag „von jeder Art von radikalem oder radikalisierendem Gedankengut aus Deutlichste“. Laut Stellungnahme entstanden die Verhandlungen mit Landser-Herausgeber Pabel Moewig, weil die Inhaber von Ulisses-Spiele-Fans der Science-Fiction-Reihe Perry Rhodan sind. Sie wollten die SciFi-Reihe Atlan ins Haus holen. „Von Pabel Moewig wurde dieser Vertragsabschluss an die Übernahme des sogenannten Nachverkaufsvertriebs verschiedener Heftromanreihen aus dem Hause Pabel Moewig gekoppelt“, so die Stellungnahme.

Der Verlag schreibt, bereits Wochen zuvor beschlossenen zu haben, die Zusammenarbeit beider Unternehmen zu beenden. Dies soll im April 2013 geschehen. Von da an sollen laut Ulisses keine der Heftromane mehr über den Webshop Ulisses Universe zu beziehen sein.

Kein Statement

Warum die Zusammenarbeit beendet wird, lässt sich nur vermuten. Ulisses Spiele gibt hierzu kein Statement ab und bezieht sich auf eine vertragliche Verpflichtung zum Stillschweigen. Ob das geschäftliche Gründe hat oder Ulisses sich nicht im Klaren darüber war, was das Unternehmen sich genau mit dem Landser ins Haus geholt hat, bleibt offen.

Fest steht, dass diese Diskussion die Macht des Konsumenten zeigt. Besonders wenn es um vergleichsweise kleine Unternehmen geht. Während Boykott-Aufrufe gegen internationale Großkonzerne oft folgenlos bleiben, wird die Kritik der Kunden bei kleineren Firmen in der Regel ernst genommen. Für die Unternehmen ist dies notwendig, um zu überleben, ihren Kundenstamm zu behalten und das Image zu pflegen. Selbst wenn Ulisses bereits vor einer Weile den Stopp des Landser-Verkaufs beschlossen hat, dürfte die Internetdiskussion die Prozesse beschleunigt haben.

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17 Kommentare

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  • L
    Lara

    Schön, dass dieser Fall von der taz noch einmal aufgearbeitet wird. In der Tat ist er nämlich ein sehr schönes Beispiel dafür, dass die fortschreitende Ökomosierung auch Vorteile bringen kann, nämlich eine deutlichere Orientierung an Kundenwünschen. Hoffentlich entdeckt das Publikum in Zukunft noch häufiger, welche Macht es eigentlich besitzt.

  • T
    Thorsten

    Das ist lustig, eine Gruppen, die Mord, Lynchjustiz und Krieg in ihrer Freizeit spielt, stößt sich an echter Geschichte.

    Ich habe den Landser zwar nur überlegen, aber von rechter Kriegshetze kann ich nichts finden. Eher die andere Richtung, oder warum werden in den Quellen immer nur Deutsche Kriegsverbrechen angegeben (nicht falsch verstehen, diese Angaben Deutscher Kriegsverbrechen sind wichtig für den geschichtlichen Zusammenhang).

     

    Aber verdrängen wir lieber die blutige Realität des Krieges und machen die gleichen Fehler bald wieder.

  • C
    Carsten

    Na, dann ist das IV. Reich ja so gerade noch mal verhindert worden!

     

    OMG, wenn die deutschen Linken wüssten, wie deutsch bzw. preußisch sie sind!

  • E
    Erich

    OK. Ich merks mir. In Zukunft in der Taz nur mit Warnschild: "Achtung: Ironiemodule auf volle Kraft!"

     

    Abgesehen davon: (und jetzt im Ernst) mögt ihr die Landser Groschenromane nicht weil sie (a) kriegsverherrlichend sind oder (b) aus der Nazi Zeit stammen?

     

    Ich könnte beides verstehen. Aber falls (a) bitte dringend auch die aktuelle BRD/NATO/EU Politik verurteilen! Tatgtäglich!

    Und falls (b) bitte ebenso dringend alle großen deutschen Konzerne, die es schon vor 1945 gab, die Kirche, die deutschen Gerichte, den BND usw. usf. täglich für ihre nationalsozialistische Vergangenheit brandmarken. Achja, und die NASA, nicht zu vergessen... die wäre ohne den Herrn von Braun eine andere geworden...

     

    Was ich sagen wollte: es gibt doch wirklich wichtigeres/aktuelleres über das man sich aufregen kann (und soll!)

     

    Pazifistische Grüße,

    euer Erich

  • F
    Fantast

    Um Überlegungen zur Macht der Fans und ihre politische Geschlossenheit ein wenig zu relativieren zwei Anmerkungen.

     

    Die Fans der von Ulisses verlegten heroisch-romantischen Phantastik sind zwar als junge Vetreter des Bildungsbürgertums eher liberal einzuordnen aber in der Mehrheit wohl nicht tief im linken Spektrum.

    Ihre Abneigung gegen den Landser liegt auch darin begründet, dass man als Anhänger der Phantastik schon zur Genüge mit Vorurteilen zu kämpfen hat und nicht auch noch mit denjenigen assoziiert werden möchte, die (im besten Fall) in realen Kriegen eine Spielwiese für romantische Fantasien sehen.

     

    Ulisses hat die Zusammenarbeit mit Pabel-Moewig aus wirtschaftlichen Gründen beendet (der verantwortliche Pabel-Moewig Redakteur Klaus N. Frick im P.-M.-Forum - http://forum.perry-rhodan.net/viewtopic.php?p=81375#p81375), die Entscheidung dazu wurde schon im letzten Jahr getroffen.

    Sicherlich haben Fans bei Ulisses einen recht großen Einfluss, der ist aber auf die Inhalte der Verlagspublikationen beschränkt. Was geschäftliche Entscheidungen angeht, hat der Verlag in der Vergangenheit schon den einen oder anderen Shitstorm aus gesessen, z.B. als zunächst beliebte Autoren und etwas später fast alle verantwortlichen Redakteure ihrer Flagschiff-IP "Das Schwarze Auge" abgesägt wurden.

  • T
    Tika

    Die Kommentare .... ... Ernsthaft? :D

    Leute, auch wenn ihr es nicht wahrhaben wollt: Das waren Pen&Paper-Rollenspieler. Keine kommunistische Geheimorganisation oder so. Der Landser, das sind nunmal kriegsverherrlichende, revisionistische, nationalistische Schundliteratur, die vielleicht in den feuchten Träumen des einen oder anderen Kommentators hier, aber definitiv nichts bei einem seriösen Verlag verloren haben. Und völlig normale Menschen, die durch ein Hobby zusammenkommen, was nunmal gar nichts mit Politik zu tun hat, fühlen sich davon zu Recht gestört. Diese Verschwörungstheorien sind aber durchaus amüsant und lassen erkennen, dass der eine oder andere Neonkonservative hier wohl weit mehr in absurde Welten abgedriftet ist, als den Rollenspielern selbst in den schlimmsten Klischees unterstellt wird.

     

    Ansonsten meine volle Zustimmung @Arduinna, wohl gesprochen.

  • V
    vic

    Erich,

    sährr gut, wenn du die alle aufkaufst; dann ist der rechte Spuk vorbei. Dein Hirn ist eh schon verknotet.

  • C
    Cometh

    ... ich fand die Überschrift auch wirklich gut, aber mit dem Inhalt es nichts zu tun.

     

    Versuchen Sie mal, eine Taz-Redakteurin als "Elfe" zu bezeichnen. Das kommt nicht gut an.

     

    Linke sind keine Elfen, sondern selbstbestimmt, also eher G.I. Jane oder so etwas wie "Julia" Schramm. Wer sich übrigens einen wirklich vergnüglichen Abend machen will, sollte sich die Kritiken des "Julia" Buches auf amazon ansehen; wirklich sehr amüsant...

  • D
    Donowitz

    Haha, das empörte Gequieke der »Landser«-Fans!

  • B
    Beritten

    Ulisses-Spiele hat NICHT behauptet, den Vertrieb aufgegeben zu haben. Sie haben gesagt, er endet im April.

    Hierzu der Chefredakteur von Perry Rhodan: http://forum.perry-rhodan.net/viewtopic.php?p=81375#p81375

    Kurz: die Zahlen stimmten nicht. Ob man zusätzlich daran glauben möchte, dass Einsicht im Spiel war, muss man selber wissen.

  • D
    drui

    @Montherlant

     

    "Die Diskussion im DSA-Forum zeigt doch vielmehr, daß Linke extrem schnell im Internet mobilisieren können und, daß bedenklich viele Leute heute nichts mehr von Publikationsfreiheit und -vielfalt halten."

     

    Die Diskussion im TAZ-Forum zeigt doch vielmeht, dass Rechte und Trolle extrem schnell im Internet mobilisieren können und dass bedenklich viele Leute dass Verlegen von Restbeständen infantiler revisionistischer Groschenromane mit Publikationsfreiheit und -vielfalt verwechseln.

  • F
    flipper

    Suuper, wie die rechten Trolle hier jetzt die beliedigten Leberwürste spielen!!

  • F
    FaktenStattFiktion

    Der Verlag sollte die Reihe in "Der Rotarmist" umbenennen und exclusiv über die "Linkspartei" und die taz vertreiben.

  • A
    Arduinna

    An dem Artikel ist ja inhaltlich nichts auszusetzen - aber der Titel "Wenn Elfen auf die Barrikaden gehen" und zwei schreiend heranstürmende Live-Rollenspieler ... Naja, ich bin mir bewusst, dass das ein Witz sein soll, aber es ist doch wieder ein Seitenhieb auf Rollenspieler und eine Festzementierung gängiger Klischees. Schade.

  • M
    Markus

    lächerliche linke Hexenjagd!!!

  • E
    Erich

    hahaha,

    danke für die gute Werbung!

    Und jetzt schnell ab zu Ulisses und noch Landser Heftchen ordern bevor sie vergriffen sind!

    ;-)

  • M
    Montherlant

    "Der ausführliche, sachliche Meinungsaustausch zeigt die erhöhte Sensibilität beim Internetnutzer, wenn es um rechtes Gedankengut geht."

     

    Glauben Sie diesen Mist eigentlich selber? Warum wird dann nur bei Artikeln in der taz, mit denen die Kommentatoren in der überwältigenden Mehrheit nicht einer Meinung sind, immer gemutmaßt, es handele sich bei diesen Kommentatoren um die Meute eines gewissen Internetportals? Ist da nicht auch viel eher der "kritische" Internetbenutzer am Werk?

     

    Die Diskussion im DSA-Forum zeigt doch vielmehr, daß Linke extrem schnell im Internet mobilisieren können und, daß bedenklich viele Leute heute nichts mehr von Publikationsfreiheit und -vielfalt halten.