Sammelklage gegen Facebook: 75.000 mit Max Schrems
Seit Jahren kämpft Max Schrems gegen das Online-Netzwerk. Jetzt ist er nicht mehr allein, Tausende schließen sich einer Sammelklage an.
Die Nachricht verbreitete sich rasend. Wie immer, wenn Max Schrems gegen Facebook ausholt. Im August kündigte er an, gegen Facebook zu klagen, weil das Unternehmen seiner Meinung nach systematisch die europäischen Gesetze zum Datenschutz bricht.
Im Netz warb er um Unterstützung: Per App und Webseite konnten sich Facebooknutzer anschließen. 75.000 Menschen sind dem bisher nachgekommen. Das Zivilgericht in Wien hat die Klage zugelassen, Facebook hat sie Ende vergangener Woche aber erst einmal nicht entgegengenommen, weil sie auf Deutsch war. Nun wird sie übersetzt. Für Max Schrems ist das eine Verzögerungstaktik. Aber er ist siegessicher.
Seit drei Jahren kämpft er gegen Facebook: Erst forderte er das Unternehmen auf, ihm alle Daten zuzusenden, die es über ihn sammelt. Er erhielt ein PDF mit 1.200 Seiten mit Kommentaren, Nachrichten, Likes, Fotos, selbst gelöschten Informationen. Dann schrieb er Beschwerden und brachte eine Klage vor den Europäischen Gerichtshof. Schrems sagt, er wolle Facebook von „A bis Z durchnehmen“.
44 Seiten Klageschrift
Die Sammelklage, die er vor zwei Monaten angestoßen hat, ist sein bisher größtes Projekt. 44 Seiten ist die Klageschrift dick. Sie richtet sich gegen Facebook Irland. Dort betreibt das Unternehmen, vermutlich aus Steuergründen, eine Tochtergesellschaft, die Facebook Ireland Ltd heißt.
Alle Nutzer, die außerhalb der USA und Kanda ein Profil anlegen, schließen einen Vertrag mit der irischen Tochter. Laut der Europäischen Datenschutzrichtlinie von 1995 gilt daher für all diese Nutzer irisches Recht. Deswegen können sich Schrems’ Klage auch alle Nutzer außerhalb der USA anschließen.
Schrems Anwälte listen in der Klage ausführlich auf, an welchen Stellen das Unternehmen gegen den europäischen Datenschutz verstößt: Nutzer werden mit Big-Data-Anwendungen überwacht, über „Like Buttons“, die auf anderen Seiten eingebaut sind, wird ihr Standort nachverfolgt, Facebook beteiligt sich am NSA-Überwachungsprogramm „Prism“ und gibt ohne Zustimmung Nutzerdaten weiter, die Datenschutzrichtlinien sind so schwammig formuliert, dass sie so gut wie aussagelos sind.
Für Facebook könnte es teuer werden
Hat die Klage Erfolg, könnte das für Facebook richtig teuer werden. 500 Euro Schadensersatz fordert Schrems für jeden einzelnen Kläger. „In vergleichbaren Fällen haben Gerichte schon viel mehr zugesprochen“, sagt Max Schrems am Telefon. „Aber es geht uns nicht ums Geld, sondern um unsere Grundrechte.“
Schrems ist kein grundsätzlicher Facebook-Gegner. Er nutzt das soziale Netzwerk selbst – für ihn und die Leute um ihn herum ist es das Standard-Kommunikationsmittel. Es gibt ja auch kaum ein anderes, Facebook hat das Monopol unter den sozialen Netzwerken. Und genau deshalb können sie es sich leisten, den Daternschutz ihrer Mitglieder zu belächeln, glaubt Schrems.
„Mich interessiert, ob wir im Internet Grundrechte haben und wie wir sie einfordern können“, sagt Schrems, der in Wien gerade an seiner Dissertation schreibt. Die europäischen Bestimmungen zum Datenschutz findet er eigentlich ausreichend, nur fehlten die Leute, die sie durchsetzen.
Die Sprecher von Facebook in Deutschland wollen sich zur Klage erst einmal nicht äußern. Allerdings gebe es das Gerücht, dass das Unternehmen mittlerweile eine Anwaltskanzlei in Wien beauftragt habe, schreibt Schrems auf seiner Webseite europe-v-facebook.org. Max Schrems rechnet damit, dass sich das Verfahren lange hinziehen wird.
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