piwik no script img

IslamMoschee: nur was für Heteros

Eine Begegnung von Muslimen und Homosexuellen in einer Moschee wird abgesagt - vermutlich auf Druck aus der Türkei. Die Veranstalter reagieren besonnen. Ein anderer Ort wird gesucht.

Noch nicht für jeden selbstverständlich: gleichgeschlechtliche Liebe. Bild: DPA

Es sollte eine Begegnung für mehr gegenseitigen Respekt werden: ein Besuch von Lesben und Schwulen, Bisexuellen und Transgender in Berlins größter Moschee. Nun wurde das für kommenden Montag geplante Treffen vom Vorstand der Sehitlik-Gemeinde abgesagt.

Türkische Medien hätten mit der Behauptung, die Moschee selbst habe die Einladung zu dem Treffen ausgesprochen, für „große Unruhe in der Gemeinde“ gesorgt, schreibt der Vorsitzende des Moscheevereins Ender Cetin in einer Pressemitteilung, die ausschließlich in türkischer Sprache erschien. Tatsächlich sei die Begegnung auf Wunsch der Gäste vereinbart worden. Um keine „Gelegenheit zu Missbrauch oder Provokationen“ zu geben, habe man sich gezwungen gesehen, „die Bestätigung zurückzuziehen“, so Cetin weiter.

Der Besuch in der Moschee am Neuköllner Columbiadamm sollte im Rahmen des Projektes „meet2respect“ des Vereins Leadership Berlin mit Beteiligung des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD) sowie des Bundesverbands schwuler Führungskräfte Völklinger Kreis stattfinden. „Wir wollten ein Signal sowohl gegen Homophobie aufseiten mancher Muslime wie auch gegen Islamophobie mancher Homosexueller setzen“, so Daniel Worat von den VeranstalterInnen. Die Sehitlik-Moschee gehört zum türkisch-islamischen Dachverband Ditib (Diyanet Isleri Türk Islam Birligi, deutsch: Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion), der 1984 als deutscher Ableger des staatlichen türkischen Amtes für religiöse Angelegenheiten gegründet worden war und lange der direkten Kontrolle der Türkei unterstand. Seit Jahren betont die Ditib allerdings ihre Rolle als unabhängiger deutscher Verein.

Die türkische Tageszeitung Yeni Akit löste mit einem Bericht über den geplanten Besuch „abnormaler Homosexueller“ in der Moschee Proteste konservativer Muslime und Druck auf die Moscheeführung aus. Die Zeitung Sözcü berichtete, die türkische Regierungspartei AKP selbst habe die „Anweisung“ erteilt, Homosexuelle nicht in die Moschee zu lassen. In Leserkommentaren dazu wird der Besuch Homosexueller in einem islamischen Gotteshaus teils als „Sünde“ bezeichnet, aber auch verteidigt.

Die ausgeladenen Vereine reagieren besonnen auf die Absage. Der Termin sei nicht ersatzlos gestrichen, schreibt Jörg Steinert, Landesgeschäftsführer des LSVD, in einer Pressemitteilung. Man habe mit der Ditib-Zentrale in Köln ein Treffen an einem anderen Ort vereinbart, bei dem kein Vertreter der Berliner Gemeinde, sondern jemand aus der Ditib-Zentrale auf dem Podium sitzen werde, so Worat, stellvertretender Vorstandsvorsitzender von Leadership und Vorstandsmitglied des Völklinger Kreises, zur taz. Das Treffen solle wie geplant am 24. November stattfinden, ein Ort sei aber noch nicht gefunden. Auch eine Moscheeführung im Dezember sei weiterhin im Gespräch.

„Es gibt in Deutschland muslimische Glaubensvertreter, die offen für einen solchen Dialog sind“, so Worat. Der Mut etwa des Sehitlik-Vorstands Cetin, der der Bitte um die Einladung zunächst nachgekommen war, sei „bewundernswert und groß“: „Wir müssen uns aber eingestehen, dass noch nicht alle so weit sind.“ Mit dem „Druck aus der Türkei“ habe man nicht gerechnet: „Wir müssen, um denjenigen den Rücken zu stärken, die offen sind, aber darauf Rücksicht nehmen.“

Weniger verständnisvoll reagiert der schwule Linkenabgeordnete Hakan Tas auf die Absage: Moscheetüren müssten sich „für alle Menschen öffnen, auch für Homosexuelle: Gott hat alle Menschen geschaffen, auch sie.“ Es gebe im Islam keine Vertreter Gottes auf der Erde, deshalb könne sich auch keiner das Recht nehmen, über andere zu urteilen, so Tas: „Aber das begreifen offenbar viele Menschen nicht.“

Es habe frühere Besuche anderer Homosexuellenprojekte in der Moschee gegeben, „ohne Probleme oder Auseinandersetzungen“, so Tas. Verändert habe sich seither „nichts – außer dass die Türkei konservativer geworden ist“. Dass von dort Druck auf hiesige Muslime ausgeübt werde, sei inakzeptabel, so der Abgeordnete. Er werde in seiner Gemeinde weiter für den Dialog kämpfen, so Moscheevorstand Ender Cetin zur taz. Über den Termin in der Moschee habe es aber „zu viele Missverständnisse“ gegeben.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
  • " Er werde in seiner Gemeinde weiter für den Dialog kämpfen, so Moscheevorstand Ender Cetin zur taz. "

     

    Wie die hier Kommentierenden es mal wieder schaffen, einen großen Kübel Hass über Muslimen auszuschütten,angesichts dieses Satzes, überrascht mich leider nicht.

     

    Haben einige Forenmitglieder vielleicht den Text garnicht gelesen,geschweige denn verstanden?

     

    " In Leserkommentaren dazu wird der Besuch Homosexueller in einem islamischen Gotteshaus teils als „Sünde“ bezeichnet, aber auch verteidigt. "

     

    Die Meinungen in den leserkommentaren sind also GETEILT.

    ist ja in Deutschland ganz anders.Da sind alle voll Pro Homo(siehe b-württemberg,da sind sie ganz besonders viel toleranter als die pöhsen Muslime)

     

    Was haben LGBT in Moscheen zu suchen?

     

    Die Tatsache, dass sich beide Seiten zum Dialog bereit erklären , ist doch bemerkenswert.

    In einer zivilisierten Gesellschaft Schwule und Gottesgläubige, Lesben und Atheisten, Transgender und Heteros müssen FRIEDLICH miteinander zusammen leben.

     

    Dass die Berliner Moschee in diesem Zusammenhang schon mehr gelernt hat als manch katholischer Ortsverein(siehe Köln), eine weitere bemerkenswerte Tatsache.

     

    Bislang fielen die gerade die Christen in Deutschland(namentlich die CDU/CSU/Organistaion katholische Kirche/B-Württemberg-Petitionsspinner) durch offen ausgelebte und geradezu unverbesserliche Homophobie auf.

     

    Manch einer suhlt sich sogar noch wonnig in dem Dreck den er da redet, wenn er sagt:"Ich bin homophob, und das ist gut so."

  • Es mag ketzerisch klingen... Und ist wohl auch so gemeint. Mir stellt sich ganz andersherum die Frage, was man als Schwuler überhaupt in einer Religionsgemeinschaft will. Christen, Muslime, das orthodoxe Judentum..... Keiner ist da ausgenommen. Was will ich in einer Kirche, die mich beschimpft und ablehnt und ich mir dem Hass vieler ihrer Mitglieder sicher sein kann....

    • @Jean Noire:

      ÄHHHH?

      Sie werden von Christen beschimpft, abgelehnt und gehasst?

      Wirklich?

      Ich als Christ hasse keine Menschen.

      Passt nicht zu meinem Glauben.

      • @Guido Kinski:

        Da scheinen sie wohl die eine goldene Ausnahme unter "Christen" zu sein.

        • @pippilotta_viktualia:

          Woher kommt eigentlich ihr Hass auf das Christentum?

           

          Im Christentum ist Hass auf Menschen nicht vorgesehen, er ist sogar verboten.

  • Was denn, Homosexuelle werden nicht in eine Moschee eingeladen.

     

    Überhaupt sind doch islamische Länder das Paradies für Schwule und Lesben.

     

    Wie kann man nur so Islamophob sein.

  • 1G
    12294 (Profil gelöscht)

    Was schlussfolgern wir jetzt daraus? Dass man manchen Homosexuellen ihre Skepsis gegenüber dem Islam vielleicht nicht gar so übelnehmen sollte? Aber nicht doch!