Propaganda und Zensur in der Türkei: Die Trolle von der AKP
Die AKP lässt Blogger Stimmung gegen die Opposition machen. Dazu sieht ein Gesetzentwurf vor, Seiten ohne Gerichtsbeschluss blockieren zu können.
ISTANBUL taz | Die türkische AKP-Regierung hat verstanden, dass Einschüchterung, Festnahmen und Zensur nicht ausreichen, um die Meinungsfreiheit und das Internet zu bändigen. Darum sollen bis zu 6.000 ehrenamtliche Twitterer und Blogger soziale Netzwerke unterwandern und Regierungspropaganda verbreiten. Die AKP-Provinzorganisationen wurden von der Parteizentrale aufgefordert, Verantwortliche für soziale Netzwerke zu bestimmen.
Die auserwählten Trolle, so heißt es in Medienberichten, werden in Ankara ausgebildet, um möglichst unauffällig über Twitter, Facebook, YouTube und andere Kanäle von den Glanzleistungen der Regierung, den Fehltritten der Opposition zu berichten. Vor allem Jugendliche sollen so erreicht werden.
In den Foren tauchen Kommentatoren auf und versuchen, Stimmung gegen Kritiker zu machen. „Du bist ein Lügner!“ – „Du siehst die Erfolge der AKP nicht!“, greifen sie Ali Riza Keles an. Der Leiter des Vereins für alternativen Informationstransfer in Istanbul setzt sich gegen Onlinezensur ein. „Die Regierungs-Twitterer attackieren die Accounts derer, die nicht ihre Meinung teilen. Durch den ganzen Spam werden die Postfächer zugemüllt“, kritisiert er.
Neben der Unterwanderung sozialer Netzwerke setzt die Regierung auch auf herkömmliche Methoden: Vergangene Woche startete die AKP einen zweiten Anlauf – das letzte Zensurgesetz wurde vom Verfassungsgericht aufgehoben –, um das Netz stärker zu kontrollieren.
Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass Premier- und der Kommunikationsminister Webseiten auch ohne Gerichtsbeschluss blockieren können, sollte der Inhalt eine „Gefahr für die nationale Sicherheit und öffentliche Ordnung“ darstellen. Netzaktivist Keles schätzt, dass etwa 40.000 Websites – darunter viele regierungskritische und pornografische – blockiert werden.
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