Leck bei Schweizer HSBC-Bank: Kundendaten an Steuerfahnder verraten
Ein ehemaliger Informatiker der Großbank HSBC hat französische Steuerflüchtlinge in der Schweiz verraten. Die Bank reichte wegen des Falls Klage ein.
PARIS/ZÜRICH afp | Ein ehemaliger Informatiker der Großbank HSBC hat offenbar französische Steuerflüchtlinge in der Schweiz verraten. Ein Teil der vom Pariser Haushaltsministerium im Sommer erstellten Liste mit den Namen von 3000 Steuerflüchtlingen gehe auf den 38-Jährigen zurück, berichtete die Tageszeitung Le Parisien am Mittwoch. Frankreichs Haushaltsminister Eric Woerth sagte dazu, die Liste habe "mehrere rechtmäßige" Quellen.
Der franko-italienische Informatiker habe das Datenverarbeitungssystem seines früheren Arbeitgebers in Genf angezapft und sich mit den Informationen nach Südfrankreich abgesetzt, berichtete der Parisien. Dort habe der Mann seine Informationen an die Steuerbehörden weitergereicht.
Haushaltsminister Woerth sagte nach der wöchentlichen Kabinettssitzung in Paris, es gebe "mehrere" Quellen für die im Sommer erstellte Liste. Der Informatiker könne dazu gehören, er werde das aber nicht bestätigen. Die Regierung habe jedenfalls nichts für steuerrelevante Informationen bezahlt. Die deutschen Behörden dagegen hatten einem Informanten für eine Liste mit deutschen Steuerflüchtlingen, die ihr Geld in Liechtenstein angelegt hatten, fünf Millionen Euro gezahlt.
In dem HSBC-Fall leitete die Staatsanwaltschaft in Nizza dem Parisien zufolge Ermittlungen gegen mehrere Staatsbürger aus ihrem Zuständigkeitsbereich ein. Sie sollen bei dem britischen Institut Konten eröffnet haben und unter dem Verdacht der Geldwäsche stehen.
Die HSBC in Genf bestätigte auf Anfrage, dass bei ihr zwischen Ende 2006 und Anfang 2007 Kundendaten gestohlen wurden. Es habe sich aber wahrscheinlich um "weniger als zehn Namen" gehandelt. Die Bank habe bei der Schweizer Justiz wegen des Falls Klage eingereicht. Als Täter verdächtigt wird laut der Bank ein "ehemaliger Mitarbeiter, der in der Informatikabteilung arbeitete".
Woerth hatte im August gesagt, er habe eine Liste mit 3000 Namen von Franzosen, die insgesamt drei Milliarden Euro allein in der Schweiz angelegt hätten. Bei einem Teil bestehe der Verdacht der Steuerhinterziehung. Bis Ende des Jahres können französische Steuerflüchtlinge noch die Möglichkeit einer Selbstanzeige nutzen, um einer möglichen Strafverfolgung zu entgehen. Frankreich habe in den vergangenen acht Monaten mit etwa 150 Staaten und Gebietskörperschaften den Austausch von steuerrelevanten Informationen vereinbart, betonte Wirtschaftsministerin Christine Lagarde im Radiosender RMC. Darunter seien auch frühere Steueroasen wie die Schweiz und Luxemburg.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach
Die Wahrheit
Glückliches Jahr