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Streit um Steuerkriminalität„Jetzt muss Herr Schäuble liefern“

Das Finanzministerium will erstmal lediglich bereits getroffene Verabredungen gegen Steuerbetrug umsetzen. Den Sozialdemokraten reicht das nicht aus.

Skeptisch: Finanzminister Wolfgang Schäuble. Bild: reuters

BERLIN dpa | Das Bundesfinanzministerium hat Forderungen aus der SPD nach weitgehender Abschaffung der strafbefreienden Selbstanzeige für Steuersünder eine Absage erteilt. Der Parlamentarische Staatssekretär im Ministerium, Michael Meister (CDU), sagte der Bild-Zeitung: „Statt hektisch Forderungen zu stellen, sollten wir jetzt die gemeinsamen Verabredungen umsetzen.“

Die Regierung habe „Steuerhinterziehern die strafbefreiende Selbstanzeige schon 2011 schwerer gemacht“, man wolle sie weiter einschränken. „Dafür haben die Finanzminister von Bund und Ländern schon längst gemeinsame Vorschläge gemacht. Auch die SPD saß dabei mit am Tisch“, sagte Meister.

Nach Ansicht von Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) sollten Selbstanzeigen von Steuersündern schärferen Regeln unterworfen werden. Im Grundsatz befürworte er Selbstanzeigen, da sie es Steuerhinterziehern ermöglichen, Fehler einzugestehen und auf einen legalen Weg zurückzufinden, sagte Albig dem Flensburger Tageblatt.

Wo dennoch Hoch- und Höchstverdiener dauerhaft Steuern hinterziehen, brauche es schärfere Regeln. Albig: „Mein Vorschlag ist daher, ab einer hinterzogenen Summe von 100.000 Euro die Selbstanzeige nicht mehr zur Strafbefreiung, sondern nur noch zur Strafmilderung einzusetzen.“

Obergrenze gefordert

Nordrhein-Westfalens Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) ging darüber hinaus: „Es muss geprüft werden, ob es ab einer Steuerschuld von etwa 50.000 Euro noch die Möglichkeit zur strafbefreienden Selbstanzeige geben sollte“, sagte er der Rheinischen Post.

„Der Koalitionsvertrag sieht vor, Steuerhinterziehung zu bekämpfen. Jetzt muss Herr Schäuble liefern“, sagte der stellvertretende SPD-Vorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel der Frankfurter Rundschau (FR) mit Blick auf Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU).

Wie Schäfer-Gümbel forderte auch SPD-Vize Ralf Stegner eine Überprüfung der Verjährungsfristen bei schwerer Steuerkriminalität. Die Strafbefreiung der Selbstanzeige sei „ein Relikt feudaler Gesinnung“, sagte er der FR. „Das schützt in der Tendenz die Reichenkriminalität.“ Bei den meisten Steuerbetrügern, die sich dem Fiskus offenbarten, könne man „nicht von Reue reden, sondern von Angst vor dem Knast“, sagte Stegner.

Die Forderung nach einem Verzicht auf Straffreiheit für reuige Steuerhinterzieher stößt allerdings auch in der SPD auf Widerstand. „Wir brauchen volle Kassen, nicht volle Gefängnisse“, sagte der rheinland-pfälzische Finanzminister Carsten Kühl (SPD) dem Kölner Stadt-Anzeiger. „Ja zur Selbstanzeige und den Fahndungsdruck erhöhen – das ist der richtige Weg.“

Einnahmenrückgang befürchtet

Auch Niedersachsens Finanzminister Peter-Jürgen Schneider (SPD) trat auf die Bremse. Er sagte NDR Info, die Länder-Finanzminister berieten derzeit unter anderem darüber, die Strafzahlungen für Steuerbetrüger anzuheben – und zwar von fünf auf zehn Prozent der Summe, die dem Fiskus vorenthalten wurde. Eine generelle Abschaffung der strafbefreienden Selbstanzeige hielten alle seine Ressortkollegen für den falschen Weg – auch weil dies zu einem drastischen Rückgang der Einnahmen führe.

Der finanzpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Lothar Binding, sagte dem Mannheimer Morgen, die Höhe der Summe, ab der Steuerbetrüger sich nicht mehr selbst anzeigen können, dürfe nicht zu niedrig angesetzt werden. „Man müsste vielleicht mit 100.000 Euro oder 200.000 Euro beginnen, die Wirkungen beobachten und dann sehen, wie groß der Effekt ist – und eventuell nachjustieren.“

Die stellvertretende Linke-Chefin im Bundestag, Sahra Wagenknecht, erhob schwere Vorwürfe: „Die Bundesregierung deckt kriminellen Steuertourismus. Deutschland verliert dadurch jährlich etwa 160 Milliarden Euro beziehungsweise einen halben Staatshaushalt“, sagte sie Handelsblatt Online. Zugleich signalisierte Wagenknecht Unterstützung für den Vorstoß der SPD nach einem weitgehenden Verzicht auf Straffreiheit bei geständigen Steuersündern.

2013 haben sich mehr als 26.000 Bürger selbst angezeigt, wie eine Umfrage der Nachrichtenagentur dpa ergab. Am Sonntag hatte die Frauenrechtlerin Alice eingeräumt, seit den 80er Jahren ein Schweizer Konto geführt und es erst 2013 beim Finanzamt angezeigt zu haben.

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5 Kommentare

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  • Wenn man wirklich den Steuersündern an den Kragen wollen würde, wäre es einfach mehr Steuerprüfer einzustellen. Ich bin in 20 Jahren als deutscher Unternehmer nur einmal geprüft worden. Die Steueroasen sind nicht auszutrocknen. Sind die Schweiz, Luxemburg oder Österreich an der Kandarre, wandert das Fluchtgeld nach Singapur oder in die Karibik. Es ist naiv alle Steueroasen austrocken zu wollen.

     

    Viel wichtiger wäre es das Steuerrecht zu entrümpeln. Die Deutschen haben eines der kompliziertesten diesbezüglichen Gesetzeswerke weltweit. Kapitalerträge sollten gleich besteuert werden wie Erträge aus Arbeit. Subventionen wie das Absetzen von Firmenwagen, Bewirtungsspesen, Arbeitszimmern, etc. müßten abgeschaft werden. Dafür könnte man Steuersätze von 30 % oder weniger einführen. Zudem könnte die Regierung die Bürger besser informieren, wie sie das Geld ausgibt. Wer das Steuerrecht versteht und zumutbare Sätze zahlt und weiß was mit seinen Abgaben passiert wird ehrlicher handeln.

     

    Es gibt ja Länder in denen die Steuerehrlichkeit sehr groß ist, also gibt es Wege dahin. Die deutschen Politiker müßten nur ein wirkliches Interesse daran haben.

  • A
    Aberhallo

    Unter dem Strich befördert Schäuble, dass die Reichen sich freikaufen können - Geld vor/für Recht.

  • G
    gast

    Ist schon wieder Wahlkampf? Statt Kataloge von Forderungen aufzustellen, wäre es endlich an der Zeit, die Steuerfahndung personell zu verstärken. Seit der Ära Kohl wird beklagt, dass Steuereinnahmen verloren gehen, weil es an Ermittlern fehlt. Die könnten ihre Gehälter dann im übrigen selbst finanzieren.

  • B
    bempo

    „Wir brauchen volle Kassen, nicht volle Gefängnisse“. DAS würde ich gern mal zur aktuellen Drogenpolitik hören!

    • D
      dauermecker
      @bempo:

      Tja, die Gesetze werden eben von OBEN herab in den Ministerien und Parteizentralen ausgetüftelt, um für einige Zahlungskräftige in der UPPERClass angenehm zu sein. In den Parlamenten wird offiziell gestritten, aber die Lobbyarbeitskreise sind als inoffizielle PARALLEL-"LEGAL"-AUSSCHÜSSE DIE ENTSCHEIDENDE INSTANZ, um der Legislative die passenden Vorlagen zu schreiben. UND DESHALB weigern sich die REgierenden, hier mit offenen Karten zu spielen: Es wird ein paar Wochen (bis zur Europawahl) jetzt irgendeine VErschärfung der Steuergesetze beredet, doch ändern wird sich nichts.