Krieg in Syrien: Geschäfte mit dem Öl
Laut „New York Times" kauft das Assad-Regimer Rohstoffe von „Terroristen“, die die Fördergebiete kontrollieren. Beide Seiten handeln dabei opportunistisch.

BERLIN taz | Die Regierung in Damaskus wird nicht müde zu beteuern, dass sie in Syrien einen Kampf gegen „Terroristen“ führt. Dies konnte man vergangene Woche auf der Friedenskonferenz in Montreux und Genf verfolgen. Dieses Argument zielt auch darauf ab, ein gemeinsames Ziel mit dem Westen zu suggerieren. Doch vor Ort sieht die Lage anders aus.
Einem Bericht der New York Times zufolge liefert die al-Qaida-nahe Gruppe „Islamischer Staat im Irak und in Syrien“ (Isis) nämlich Öl aus von ihr kontrollierten Gebieten an die Regierung. Daraus zu schließen, dass Isis und die Führung in Damaskus miteinander verbündet seien, ginge aber zu weit. Vielmehr handelt es sich für beide Seiten um opportunistische Motive.
Syrien gehört nicht zu den großen Ölexporteuren. Vor Beginn des Aufstandes im Jahr 2011 produzierte das Land 370.000 Barrel pro Tag, was etwa 0,4 Prozent der weltweiten Produktion ausmacht. Seither ist der Export von täglich 150.000 Barrel auf schätzungsweise 50.000 Barrel gefallen, die in Syrien selbst raffiniert werden. Daher sind ölverarbeitende Produkte knapp und müssen importiert werden. Und wer in Syrien die Öl- und Gasfelder kontrolliert, hat quasi die Hand am Drücker.
Diese Quellen liegen vor allem im bevölkerungsarmen Osten des Landes. Pipelines verbinden sie mit den Bevölkerungszentren im Westen, und jeder Ausfall würde Millionen von Menschen betreffen. In den Provinzen Rakka und Hassaka werden zahlreiche Quellen von Isis und der mit al-Qaida verbündeten Nusra-Front kontrolliert. Zum Teil wird das Öl mit primitiven Methoden vor Ort raffiniert, was erhebliche Gefahren für die Umwelt und gesundheitliche Probleme für die Bewohner zur Folge hat.
Geld für die Kriegskasse
Der Rohstoff wird von bewaffneten Gruppen oder Angehörigen der Stämme über Schmuggelrouten in Plastikgefäßen in die Türkei oder den Irak exportiert. Isis hingegen verkauft das Öl an Mittelsmänner, die es an die Regierung weiterverkaufen. Nach Angaben der Militärführung der Freien Syrischen Armee und amerikanischen Regierungskreisen zufolge liefert Isis zum Teil aber auch direkt an die Regierung in Damaskus, wie die Zeitung berichtet. Ein Geschäft, das die Kriegskasse füllt.
Demnach werden die Stützpunkte von Isis im Gegensatz zu Gebieten, die von anderen Rebellengruppen kontrolliert werden, nicht von der Luftwaffe bombardiert. Ihre Hauptquartiere sind bekannt und mit Flaggen und Transparenten geschmückt. Anderswo gibt es pragmatische Überlegungen. So wollten die Nusra-Front und andere Rebellengruppen nach der Eroberung eines Gasfeldes in der Provinz Hasaka den Hahn zudrehen, wie ein örtlicher Aktivist gegenüber der New York Times berichtet.
Doch die Stammesführer hätten dem nicht zugestimmt, da ein solches Vorgehen geradezu eine Einladung an das Regime sei, die Anlagen zu zerstören. So kam es zu einem Deal, nach dem eine geringere Menge Gas als zuvor geliefert wurde und die Region im Gegenzug nicht bombardiert wurde.
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