Kommentar EU-Reform: Angela Merkel allein zu Haus
Auch wenn es die Kanzlerin nicht wahr haben will: Eine europäische Agenda 2010 wird es ebensowenig geben wie einen „Wettbewerbspakt“.
D ie Stimmung in Europa wandelt sich. Kanzlerin Angela Merkel ist dort nicht mehr die Alleinherrscherin. Zwar haben die anderen Regierungen in der Eurozone geschwiegen, solange die deutschen Koalitionsverhandlungen liefen – aber jetzt wird deutlich, dass sich die Gewichte verschoben haben.
Die schöne Nachricht: Es gibt offenbar keine Mehrheit für eine europäische Agenda 2010, die sich auf Neudeutsch auch „Wettbewerbspakt“ nennt. Selbst bei den traditionellen Partnern Deutschlands regt sich Widerstand. So wird in Österreich seit Wochen gegen den „Wettbewerbspakt“ mobilisiert, was prompt zur Folge hatte, dass sich SPÖ-Bundeskanzler Werner Faymann nie zu diesem Merkel-Projekt bekannt hat.
Schon der Name „Wettbewerbspakt“ verrät, warum der Merkel-Kurs Wahnsinn wäre: Staaten können nicht gegeneinander konkurrieren. Sie sind keine Firmen. Merkel stellt sich vor, dass alle Staaten ihre „Arbeitsmärkte flexibilisieren“, also ihre Löhne drücken. Jedes Euroland sollte zur Exportnation werden und – wie Deutschland – Überschüsse im Außenhandel erwirtschaften. Doch dieser Plan scheitert an der schieren Logik: Es ist nicht möglich, dass alle Länder exportieren. Es muss auch Importeure geben.
Dieser Haken ist auch Merkel nicht entgangen, weshalb sie in keiner Wahlkampfrede vergaß, die „Globalisierung“ zu beschwören. Ihre Idee ist: Die Europäer müssen ihre Waren auf die Weltmärkte drücken, indem sie Lohndumping betreiben.
Was Merkel dabei vergisst: Es gibt einen Wechselkurs. Würde die gesamte Eurozone Exportüberschüsse anhäufen, würde der Euro gegenüber dem Dollar steigen – und das Lohndumping hätte nichts genutzt. Nur die Binnennachfrage wäre zusammengebrochen und die Wirtschaft geschrumpft. Gut, dass die anderen Länderchefs schlauer sind als Merkel.
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