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Prostitution in FrankreichKünftig sollen die Männer zahlen

Die Regierung will ein Gesetz einbringen, das Freier mit Geldstrafen belegt. Bislang wurden die Frauen für Anwerbung bestraft.

Prostituierte in Paris wartet auf Kunden. Bild: reuters

PARIS afp | Mit Geldstrafen für Freier soll in Frankreich künftig die Prostitution bekämpft werden. Die Parlamentsfraktion der regierenden Sozialisten teilte am Dienstagabend mit, ein entsprechendes Gesetz Ende November in der Nationalversammlung einreichen zu wollen. Demnach sollen Freier mit Geldstrafen von bis zu 1.500 Euro belegt werden können. Werden sie wiederholt ertappt, kann die Geldstrafe verdoppelt werden.

Eine in einem Bericht eines sozialistischen Abgeordneten angedachte Gefängnisstrafe bei wiederholten Verstößen gegen die neue Regelung ist aber vom Tisch.

Mit dem Gesetz wollen die Sozialisten „den Schutz von Prostituierten verbessern und den Kampf gegen das System der Prostitution“ verschärfen. „Prostitution gibt es, weil es Kunden gibt, und die Kunden sind auch für die Situation der Prostituierten verantwortlich“, sagte die Sozialistin Laurence Rossignol. Auch der Kampf gegen Zuhälterei und Menschenhandel soll verschärft werden.

Abgeschafft werden soll zudem der Straftatbestand der „Anwerbung von Freiern“ durch Prostituierte. Dafür hatte bereits Ende März der französische Senat gestimmt. Das Anwerben von Freiern war 2003 in Frankreich unter dem damaligen konservativen Innenminister und späteren Staatschef Nicolas Sarkozy mit einer Haftstrafe von bis zu zwei Monaten und einer Geldstrafe bis 3.750 Euro belegt worden.

Unter Strafe gestellt wurde auch das sogenannte passive Anwerben von Kunden - Prostituierte mussten also nicht mehr einen Freier ansprechen, um sich strafbar zu machen, es reichten bereits beispielsweise aufreizende Kleidung oder die Anwesenheit an einschlägig bekannten Orten.

Mit der Maßnahme sollten der Straßenstrich bekämpft und die öffentliche Ordnung garantiert werden. Ziel war auch, dass Polizisten bei Verhören von festgenommenen Prostituierten an Informationen über ihre Zuhälter gelangen. Kritiker bemängeln aber, keines dieser Ziele sei erreicht worden.

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14 Kommentare

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  • H
    hans

    Sie haben ganz schöne Ressentiements gegen die Frauen, mit denen Sie schlafen. Wenn sie Solidarität von Prosittuierten erwarten, gehen Sie umgekehrt bestimmt auch für deren Rechte auf die Straße, oder?

  • EF
    Ein Freier

    Die Freierbestrafung à la Schweden ist eine riesengroße Heuchelei, denn es geht ja dabei gar nicht *wirklich* darum, die Freier vom Sexkauf *abzuhalten*. Denn *das* würde ja bedeuten, dass die Prostituierten kein Einkommen mehr haben und völlig umsonst an der Straße stehen oder in ihren Bordellen oder Privatwohnungen rumsitzen ohne einen Cent Geld zu verdienen - und *das* will man ja auch nicht, die armen Frauen um ihr Geld zu bringen. Es geht bei diesen Gesetzen der einseitigen Freierbestrafung vielmehr darum, dass möglichst viele Freier eben so von ihrer Libido gequält werden, dass sie *trotz* der Strafandrohung die Prostituierten aufsuchen und die Strafe zahlen und außerdem öffentlich als Freier bloßgestellt werden. Deshalb ist ja die unausgesprochene Botschaft, die z.B. in Schweden vom Staat an die Prostituierten gesandt wird: "Wir hoffen mit euch, dass ihr trotz der Freierbestrafung zu eurem Geld kommt. Deshalb dürft ihr alles tun, um die Freier durch halbnacktes Posieren im Internet oder an der Straße geil zu machen." (Kleiner Tipp: Man gebe mal die beiden Worte "Stockholm", "Escort" zusammen bei Google ein.) Ich bekenne, dass ich ein Freier bin, aber sollte es *jemals* bei uns in Deutschland zu solchen Gesetzen wie in Schweden oder jetzt wohl auch in Frankreich kommen, und sollten die Prostituierten dann *keine* Solidarität mit den Freiern demonstrieren, würde zumindest ich die Zähne zusammenbeißen und auf den Sexkauf verzichten. Und zwar nicht nur aus Angst aus Strafe sondern viel mehr noch aus Protest wegen der ausbleibenden Solidarität durch die Prostituierten! *Mein* Geld sollen dann *weder* die Prostituierten *noch* der Staat bekommen!

    Stinkefinger!

  • D
    Demokratin

    Vielen Dank für den Artikel! Ich hätte mich jedoch gefreut zu lesen, dass es viel Kritik und Widerstand gegen das Gesetz gibt, das am sogenannten "Schwedischen Modell" angelehnt ist. In diesem Sinne ist dieser Beitrag nicht gerade ausgewogen, da er die sich widerstreitenden Interessenslagen nicht wirklich darstellt - allen voran jene der Sexarbeiter_innen selbst.

     

    Insbesondere Sexarbeiter_innen kritisieren das Gesetz seit langer Zeit, wie die tag ja auch schon vor einem Jahr kurz berichtete. http://www.taz.de/!97328/

     

    Das "Schwedische Modell" ist übrigens nicht gerade dafür bekannt, dass es Prostituierte schützt. Viele Wissenschaftler_innen haben das Gesetz zurecht kritisiert - Prostitution sei dadurch nicht abgeschafft worden, während die Sexarbeiter_innen ihre Arbeit im Untergrund an unsicheren und unsichtbaren Orten machen müssen. Eine kritischere Betrachtung dieser Fakten hätte dem Artikel wirklich gut getan.

  • O
    olli36

    @Viccy

    Fahr mal ins Saarland, da boomt die Prostitution, eben dank der Franzosen. War letztens ein großer Bericht auf Spiegel-online, in dem sich die Saarbrücker SPD-Bürgermeisterin über "die unhaltbaren Zustände" beschwerte. Und jetzt soll da noch ein riesiger Saunaclub gebaut werden. Und das alles vor Einführung des neuen Gesetzes in Frankreich.

     

    Ich komme aus NRW und bin selber regelmäßiger Freier, gerade am Niederrhein und ins Ruhrgebiet kommen viele holländische und belgische Freier. Auch BaWü profitiert von unmengen französischen und schwizer Freiern. Es ist einfach extrem billiger hier oder halt legal, da nimmt man auch eine ein- bis zweistündige Autofahrt auf sich. Nach Frankfurt und Berlin fliegen regelmäßig ganze Gruppen von Italiener ein, nur um hier zu poppen. Das krasseste was ich erlebt habe, war eine Gruppe von US-Bürgern, die hier ihren kompletten Urlaub mit eine Pufftour verbracht haben

    • @olli36:

      Ist das Dein Ernst oder erzählst Du hier Märchen? Also im Ssarland ein paar Franzosen, ja, warum nicht, aber einfliegende (sic!) Italiener in Berlin und Frankfurt - kannst Du da einen Beleg posten? Nichts für Ungut, es klingt halt sehr abgefahren (vielleicht aber eben auch, weil wir in Deutschland nicht sooo einen Hick-Hack um das Mietmuschitum machen).

  • D
    D.J.

    Tja, bei diesem ultra-repressiven Mist sind sich franz. Sozis und Konservative weitgehend einig. Ich denke, dass die eigentlich eher libertären Franzosen sich nicht allzu lautstark gegen diesen Unsinn gewehrt haben (ich weiß nur von einer Protestdemo von Prostituierten), weil sie sich ohnehin nicht um diese übergriffige Frechheit des Staates kümmern werden.

    Dank übrigens an die deutschen Grünen, dass sie in diesem Bereich ein liberales Profil pflegen. Bitte keine Amerikanisierung der Sexualität (Repression und Bigotterie).

  • Wenn der verheiratete Ehemann seiner Geliebten einen Diamantring schenkt, macht er sich da auch strafbar?

  • O
    olli36

    Da reiben sich aber die deutschen Puffbetreiber jetzt noch mehr die Hände. Frazösische Freier sind herzlich Willkommen in Deutschland, dem, dank rot-grünen Prostitutionsgesetz, größten Puff in Europa.

    • @olli36:

      Glaubst wirklich, der französische Freier setzt sich in den ICE, um 8 Stunden später bei irgendeiner deutschen Else im Touri-Bezirk zum Stich zu kommen?

       

      Ne, der machts einfach heimlich und findet neue Wege für ´nen kleinen Akt um die Ecke.

       

      Die Thematik wird hübsch unter den Teppich gekehrt, ein paar Gerichtsverfahren zusätzlich wird es geben und Leuten wie Alice Schwarzer wird es warum ums Herz. Große Nummer!

  • Das wir zu absurden Verrenkungen führen. Sowohl Freier wie auch Prostituierte müssen dann einen Weg finden, dass kein Zusammenhang zwischen dem Sex und der Geldübergabe nachweisbar. Weder ist der Sex verboten, noch ist es verboten, Geld zu verschenken. Also darf nicht offen verhandelt werden. Viele Prostituierte werden um den Verdienst betrogen werden.

    Das einzig Positive ist, dass der Tourismus in Deutschland weiter boomen wird. Nicht nur für Schweden wird dann Deutschland das Land ihrer Träume.

    • @vulkansturm:

      Touris sind ohnehin die besten Kunden für Huren. Die haben in der Regel keine Ahnung und zahlen horrende Preise, um sich vielleicht mal einen von der Palme wedeln zu lassen. Reeperbahn Hamburg - da z.B. gehen nur Touris zum Vögeln hin. Und in der Morgenpost steht dann immer wieder mal was von abgezockten EC-Karten u.ä.

  • Der Staat sollte sich raushalten, wenn erwachsene Menschen auf freiwilliger Basis Sex gegen Geld tauschen.

     

    Und ja, diese Freiwilligkeit gibt´s tatsächlich, ebenso, wie Millionen Menschen täglich freiwillig ins Büro oder in die Werkshalle gehen.

  • mmm...Kausalitätsumkehr. Mal sehen, wie lang der franz. Finanzminister braucht, darauf zu kommen, die Bordsteinschwalben wie die Starenkästen an der Straße aufzustellen, mit dem Vorwand, den Verkehr regeln zu wollen, um doch nur sein Elsternest zu füllen.

    • @lions:

      Wäre gescheiter als Prohibition. Bei Vögeln für Geld wie auch beim Cannabis, in Frankreich wie auch in Deutschland.