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Kommentar Wahl in ItalienSpaghettis stets zu Diensten

Kommentar von Riccardo Valsecchi

Der Wahlkampf in Italien war geprägt von der Einmischung aus Deutschland. Davon profitiert Berlusconi, alte Ressentiments kochen wieder hoch.

Merkel wird eine Ebene der Zusammenarbeit mit jedem zukünftigen Premier finden müssen. Bild: dpa

E inige Stimmen aus dem Bundestagswahlkampf im September 2013. Angela Merkel: „Ich habe lang mit dem italienischen Premierminister gesprochen. Er sähe es höchst ungern, wenn die derzeitige Opposition in Deutschland an die Macht käme.“ Der italienische Außenminister springt der Kanzlerin bei: „Unter Angela Merkels Führung ist Deutschland gut durch die Krise gekommen.“ Der Staatspräsident in Rom ergänzt: „Deutsche, wählt nicht die SPD!“

Und schließlich ergießt sich über die Wähler zwischen Kiel und Garmisch eine Flut von Artikeln und Berichten, in denen italienische Politiker gefragt werden: „Was raten Sie den Deutschen? Für wen sollen sie stimmen?“ Die Opposition in Berlin reagiert vergrätzt: „Das sind doch nur Spaghettifresser, die haben uns gar nichts zu sagen!“

Ein aus der Luft gegriffenes Szenario? Nun, so ähnlich ist der Wahlkampf der letzten zwei Wochen in Italien gelaufen. Und das Ergebnis ist schon jetzt, bevor man konkrete Zahlen zum Ausgang der Wahl kennt, nicht schön. Die Ressentiments zwischen Deutschen und Italienern, die lange nur noch dem Reich der Folklore und des Fußballs anzugehören schienen, sind deutlich gewachsen.

Monti als deutscher Sparkomissar

Die Einmischung der Regierung Merkel in die inneren Angelegenheiten Italiens sei aber – sagen die Bösartigen – gar nichts Neues. Expremier Mario Monti sei doch schon immer eine Kreatur der Kanzlerin gewesen, ein deutscher Sparkommissar, der dafür Sorge tragen sollte, dass an der Südflanke des deutsch beherrschten Wirtschaftsraums EU nicht noch ein Staat wie Griechenland zusammenbricht.

Riccardo Valsecchi

, 37, lebt als Fotograf und Journalist in Berlin und arbeitet regelmäßig für die taz.

Ob Montis Investitur für die Italiener eine glückliche Entscheidung gewesen ist – gewählt haben sie ihn ja nicht –, lässt sich durchaus bezweifeln. Die Steuerbelastung ist auf ein neues Rekordhoch gestiegen, Tausende von Betrieben mussten schließen, der Industrie wurden 32 Milliarden Euro an öffentlichen Geldern entzogen – und dies, ohne dass die Jugendarbeitslosigkeit wirkungsvoll bekämpft worden wäre, ohne Hilfen für den Mittelstand und für die Teile der Bevölkerung, die die Krise am härtesten trifft.

Man muss nur die Liste von Montis Unterstützern lesen, um zu verstehen, wie weit er und seine Technokratenregierung von der italienischen Wirklichkeit entfernt sind: Superreiche und Aristokraten, Manager von internationalen Multis und Banken, millionenschwere Fußballspieler wie Gianluigi Buffon, der Kapitän der italienischen Nationalmannschaft.

Berlusconi und die „crucchi“

Monti und Merkel mögen sich, das ist klar. Mario darf Dinge sagen wie: „Meine Freundin Angela fürchtet ein Anwachsen der Linken.“ Natürlich dementiert die Kanzlerin so etwas prompt, sie ist zu erfahren in der internationalen Politik, um zu ignorieren, dass ihr Schüler ohne die Demokratische Partei (PD) des Linkenführers Pierluigi Bersani keine Chance auf eine Mehrheit der Mitte hat: An den Rändern lauern der Populist Beppe Grillo – und natürlich Berlusconi.

Der verspricht, den Italienern ihr Geld zurückzugeben, das ihnen Monti, also die Deutschen weggenommen haben. Da kommt es wie gerufen, wenn der Sozialdemokrat Martin Schulz, der deutsche Präsident des Europäischen Parlaments, die Italiener vor einem erneuten Flirt mit dem Cavaliere warnt. Der bringt dann einfach den EM-Helden Mario Balotelli nach Hause, weil der schon einmal „die Deutschen zum Weinen gebracht hat“.

Er kann aber auch noch expliziter werden. Bei einer Pressekonferenz seines Klubs AC Milan sagte Berlusconi ausgerechnet griechischen Journalisten: „Deutschland ist egoistisch, es geht ihm darum, sich selbst an der Krise zu bereichern.“ Die Deutschen blieben immer „crucchi“ – ein Schimpfwort aus dem Ersten Weltkrieg für die teutonischen Horden. „Sie haben Monti gefunden, der stets zu ihren Diensten ist.“ So einen wollen sie natürlich nicht verlieren. Ganz unrecht hat Berlusconi damit eben nicht.

Was aber von diesem deutsch-italienischen Wahlkampf bleiben wird, ist viel schlimmer als das Politgetöse. Denn mit welcher Mehrheit sich Italien am Montagabend wiederfindet: Merkel wird eine Ebene der Zusammenarbeit mit jedem zukünftigen Premier finden müssen. Das Verhältnis von Deutschen und Italienern hingegen hat einen viel schwerer zu behebenden Schaden genommen.

Übersetzung: Ambros Waibel

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17 Kommentare

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  • V
    vic

    Tatsache ist; Merkel mag die seltsamsten Staatschefs am liebsten. Sarkozy, Berlusconi, Monti, Bush, Aznar, ff.

  • AE
    A. Ellan

    Ich hätte mir von einem sich selbst als kritische Stimme der deutschen Medien bezeichnendes Blatt gewünscht, dass im Vorfeld der italienischen Parlamentswahlen ein rigoroser Bericht über den derzeitigen Zustands Italiens veröffentlicht worden wäre. Aber leider ist dies nicht geschehen. Vielleicht aus dem Grunde, weil die Redakteure und Korrespondenten der taz dann ihren Lesern hätten reinen Wein einschenken müssen...??? Als Deutscher, der seit sehr langer Zeit in Italien lebt und arbeitet kann ich ein, nein zwei oder drei Lieder vom italienischen Wesen singen. Ich bin enttäuscht, dass keine deutsche Zeitung sich die Mühe gemacht hat, die wahren Gründe des verheerenden Zustandes der italienischen Gesellschaft publik zu machen. Seit mehr als dreissig Jahren verteilten italienische Politiker jeglicher Couleur Wahlgeschenke, die sich der Staat niemals hätte leisten können. Jetzt, wo die sogenannten "bösen Finanzmärkte den Euro der italienischen Verschwendungssucht nicht mehr hinterterher werfen, wird das ganze Ausmass des Augiasstalles bekannt. Die deutsche Linke sollte bitte, sofern sie es denn für adägat erachtet, dem deutschen Steuerzahler mitteilen, warum Deutschland dem korrupten Italien mit seinem millionenfachen Heer an Steuersündern (darunter u. a. auch quasi jeder Bäcker, der sich einen feuchten Kericht darum scheert einen Kassenbon auszustellen) sowie deren Selbstbedienungspolitiker das Geld in den Rachen schmeissen sollen. Ich bin bestürzt und geschockt über die auch nach Monti noch vorherschende Meinung des "Italieners", was Gerechtigkeit und Solidarität anbelangt. Der Italiener lebt getreu dem Motto: Nach mir komme ich und wenn jeder an sich selbst denkt, dann ist an alle gedacht. Wer mir nicht glauben oder folgen sollte, den lade ich herzlich ein, seinen Lebensmittelpunkt südlich des Alpenhauptkammes zu legen. Dann wird man ja sehen, wie schnell die Koffer wieder gepackt werden und im achso schrecklichen, unsozialen Deutschland wieder ausgepackt werden.

    P.S. Und wehe dem, der das Pech hat zu erkranken.... Viel Spass mit der sanità italiana.... Im Gegensatz zu dieser, war die 10 Euro Praxisgebühr ein Superschnäppchen.

  • M
    miri

    Bravo @reblek! Ich finde auch, gutes Deutsch ist an sich schon wichtig, ungeachtet des Inhalts, und es macht jeden Inhalt besser erträglich. -- Aber was die "Spaghettis" angeht, das muss hier so sein, denn Alfred Tetzlaff hätte nie den korrekten italienischen Plural benutzt. Und diese Überschrift nimmt klar Bezug auf den großen Sprachschöpfer Alfred Tetzlaff.

  • KK
    Karl K

    …? nochens reblek in der Leitung? 2,0

     

     

    Danke.

     

    " Am Deutschen Wesen…" - schön unschön ausgepolstert.

     

    and bei the way:

     

    @ von reblek

     

    "Spaghettis stets zu Diensten" - ist nicht italienisch,

    sondern meint deutschen slang, Sprachgebrauch, stupid;

     

    aber deutsche OberStupidienräte wissen ja auch nicht,

    was " ne Pizza legen" bei den kids heißt.

    Ergo. Einfach mal den Schaum vom Mund wischen und den pädagogischen Zeigefinger

    in der Hose lassen;

    sonst - ab zu den Mülltrennblockwarten.

     

    Ps zu:

    Sony and the police gambler boys;

     

    da seid ihr uns mit gleich zwei latent kriminellen Vereinigungen 100% voraus;

    but - auch wenn unserer bei eurer zurückgetreten ist:

    wir holen auf!

  • CC
    Caffe Correto

    Latte Macchiato ist nicht italienisch.

  • B
    BellaItalia

    Sehr geehrter Herr Valsecchi. Ich finde der Vergleich bzgl. Einmischung in den Wahlkampf hinkt doch sehr:

     

    Erstens gibt es zur Zeit in Deutschland zum Glück keinen Politiker wie Silvio Berlusconi. Sollte in Deutschland ein solcher Verbrecher zur Wahl stehen, könnte sich das Deutsche Volk über Ratschläge aus Italien nur bedanken.

     

    In Deutschland sind die Medien zwar nicht unbedingt besser, jedoch auf jeden Fall unabhängiger. Kritische Berichte über Berlusconi sind keine Einmischung in die Italienische Politik, auch wenn Berlusconis Medien dies gerne so darstellen.

  • G
    gerstenmeyer

    Antwort auf "reblek"

    suppi - solche "Oberlehrer"der Genossenschaft wünschen

    wir uns doch alle-nur mit solchen kommt die Bildung

    in D voran (ich meine nicht "Einbildung"!?!

    Sonst ist ihnen zum eigentlichen Thema nichts ein eingefallen ?

  • N
    Nobilitatis

    Nicht die deutsche Politik hat sich in die italienische Politik eingemischt, sondern italienische Politiker haben (einzelne) deutsche Politikerstimmen für sich genutzt im Wahlkampf. Der "deutsche Einfluss" ist gar nicht sichtbar. Und ob Italien spart oder griechische Verhältnisse einziehen (oder woran Italien spart) ist keine deutsche Frage, das entscheiden alle Staaten selbst (einschließlich Griechenland). Das Ergebnis zählt.

     

    Wenn Berlusconi Immobiliensteuern zurückzahlt, muss er auch entscheiden, woher er das Geld nimmt. Frau Merkel wird es ihm nicht überweisen, Griechenland auch nicht.

  • U
    Uli

    Wenn in D die Opposition einen verurteilten Ganoven wie Berlusconi aufstellen würde oder einen Komiker vom Schlage Grillos, dann würde ich doch hoffen, daß die Medien im Ausland und die vernünftigen Politiker Alarm schlagen. Sollen wir uns nun als Europäer fühlen oder nicht? Wenn nicht, dann laßt uns diese EU schnellstens auflösen, dann kann jedes Land wieder seine eigene Suppe kochen.

  • KS
    Karl Sonneschein

    Die Deutschen sind zuweilen unverbesserliche Besserwisser und Oberlehrer, auch wenn sie selbst oft genug auf dem Holzweg sind.

     

    Einer der Leserkommentare hierzu spricht ja Baende.

     

    Hauptsache die Italiener waehlen sich keine Merkel oder einen Steinbrueck!

  • P
    Peter

    Monti ist doch mehr oder weniger Angestellter der Goldmann-Sachs-Bank, und unsere Politiker in Deutschland treffen sich ebenfalls regelmäßig mit diesem Bankhaus, um dessen Befehle entgegenzunehmen.

    So habe ich am Freitag gelesen, daß Mitglieder der Regierungskoalition seit Ende Oktober 2009 mindestens 48 Termine mit dem Vertreter von Goldmann Sachs, Herrn Christoph Brand, hatten. Besonders tat sich dabei der CDU-Staatsminister im Kanzleramt, Eckart von Klaeden, hervor, der sich mit Brand allein 25 Mal traf, zum Teil monatlich. Tja, der gemeinsame Dienstherr verbindet halt unsere Regierung und den Herrn Monti...

  • F
    flujo

    @ reblek:

    Die Formkorrektur ist eine schöne Parodie auf den stereotypen Korrektheitswahn der Deutschen. Oder? Hoffe ich zumindest :-) Schließlich wird von Deutschen der Plural "Pizzas", "Expressos" und - naturalmente - "Latte machiattos" gebildet.

    Ansonsten deckt sich der Artikel mit dem, was ich von Freunden aus Italien höre. Die Deutsche Politik und Medienlandschaft erklärt dem Dummerchen Italien, was es zu tun und zu lassen habe.

    Das gleiche höre ich auch aus Spanien.

  • P
    Peter

    "Spaghettis" bezeichnet keine Pasta, sondern Menschen, genau so wie z. B. "Krauts", obwohl ein anderes Wort ja Kraut heißt. Völlig in Ordnung also.

     

    Der Vollständigkeit halber: es heißt trotzdem "Kaffeesachsen" und nicht "Kaffeesachsens".

  • L
    Lox

    @ reblek

     

    Tja, und genau SO bestätigen Sie jedes von Berlusconi erwähnte Vorurteil.

  • K
    KlausK

    Leider schöne Bestätigung meines Kommentars auf metatagesschau vom 22.2.

     

    "Sollte Berlusconi die Wählerentscheidungen beeinflusst haben können, ist dies nicht zuletzt der Einflussnahme Berlins zu verdanken.

    Zu erwähnen wäre der Europa-Schlingerkurs der Merkelregierung und die peinliche Einmischung in den italienischen Wahlkampf.

    [...]

    Man stelle sich nur einmal den umgekehrten Fall vor: Monti schriebe den Deutschen vor, wen sie zu wählen haben.

    Für die Reaktionen darauf benötigt man nicht viel Fantasie."

  • DL
    Daniel L

    In dem Szenario vom ersten Absatz müsste man noch ein bisschen Vorgeschichte einfügen (Gegenkandidat ist ein unkontrollierbarer Verbecher, der in seiner Wohnung gerne zündelt und damit die Sicherheit des gesamten Hauses gefährdet), dann wäre die Aufmerksamkeit aus dem Ausland nachvollziehbar. Es ist ja nicht nur ein Land, dass sich Sorgen macht, auch wenn man anscheinend auf Kommentare aus Deutschland besonders zickig reagiert.

     

    Die italienischen Stimmberechtigten sind der Souverän und haben das Schicksal ihres Landes in der Hand. Das bestreitet niemand. Aber ich verstehe nicht, warum sich die ausseritalienische Öffentlichkeit mit Kommentaren zurückhalten soll? Nur um zu verhindern, dass gekränkte Eitelkeit das Gegenteil bewirkt? Das ist doch kindisch und schon fast Putin-like.

  • R
    reblek

    "Spaghettis stets zu Diensten" - Es gibt keine "Spaghettis", sondern Spaghetti, was der Plural ist.

    "Ich habe lang mit dem italienischen Premierminister gesprochen." - "lang" ist kein Zeit-, sondern ein Längenmaß; sie hat "lange" gesprochen.