KPÖ-Politikerin Elke Kahr im Porträt: Die rote Erfolgsfrau aus Graz
Sie kam bei den Grazer Kommunalwahlen überraschend auf Platz zwei und ist die Hoffnung von Österreichs Linken: Die Spitzenkandidatin der KPÖ, Elke Kahr.
Elke Kahr würde „gerne viel öfter ins Kino gehen“. Wegen beruflicher Überlastung blieb ihr dieser Wunsch in den letzten Jahren verwehrt. Und auch für die nächsten fünf Jahre wird sie voraussichtlich alle Hände voll zu tun haben.
Die Spitzenkandidatin der Kommunistischen Partei Österreichs (KPÖ) ist die eigentliche Siegerin der Gemeinderatswahlen in Graz, der zweitgrößten Stadt des Landes. 20,1 Prozent Zustimmung bescherten der KPÖ am Sonntag den zweiten Platz hinter der regierenden ÖVP, die Neuwahlen vom Zaun gebrochen hatte und massiv verlor.
Grüne und SPÖ wären sogar bereit gewesen, Kahr zur Bürgermeisterin zu wählen. Doch daraus wird nichts, weil diese beiden Parteien zu viel verloren haben.
Mehr noch als die tadellose proletarische Biografie ist es der untadelige Lebenswandel, der Elke Kahr zur Sympathieträgerin weit über die traditionelle Linke hinaus macht.
Das 1961 geborene Kind wurde von der leiblichen Mutter abgegeben und im Alter von drei Jahren von einem Schlosser und einer Verkäuferin adoptiert. Das Abitur machte sie 1984 auf dem zweiten Bildungsweg. Eine Stelle bei der Kontrollbank verlor sie, als deren Zweigstelle in Graz eingespart wurde.
1.800 Euro monatlich reichen völlig aus
Damals trat Kahr in die KPÖ ein und wurde 1993 erstmals in den Gemeinderat gewählt. Ihre Schwerpunkte waren Soziales, Frauen, Kinder und Jugendliche. „Zudem war mir der intensive Kontakt zu Bürger-, Sozial- und Friedensinitiativen wichtig“, vermerkt sie in ihrer Biografie auf der offiziellen Homepage.
Die KPÖ profilierte sich aber in erster Linie über den Mieterschutz und die Sanierung von Substandardwohnungen, die der Grazer Parteichef Ernest Kaltenegger als Wohnungsreferent im Grazer Stadtsenat vorantrieb.
Kahr erbte 2005 Parteivorsitz und Amt von Kaltenegger, der in die Landespolitik wechselte. Wie alle Parteifunktionäre zahlt auch sie den Großteil ihres Gehalts in einen Sozial- und Mieterschutzfonds ein. Elke Kahr behält nur 1.800 Euro monatlich für sich: „Damit komme ich gut aus.“
Mit ihrem Lebensgefährten, dem steirischen KPÖ-Chef Franz Stephan Parteder, reist sie im Urlaub gerne nach Skandinavien. Der gemeinsame Sohn ist inzwischen erwachsen. Dass die Einprozentpartei KPÖ auch bundesweit vom Grazer Erfolg profitieren werde, glaubt sie nicht: „Wenn man zu weit von Positionen entfernt ist, in denen man gestalten kann, ist das schwierig.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
Die Wahrheit
Der erste Schnee
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten