: Verspielte Chance
Der Film bedient keine Extrempositionen, sondern will zur Versachlichung beitragen
Der Film bleibt erst mal im Regal. Änderungen wünscht sich SWR-Fernsehdirektor Christof Schmid, die sicherstellen, dass die Dokumentation nicht missverstanden werden kann, die Zuschauer nicht in einem „ungeklärten Zustand“ sich selbst überlassen bleiben. Dabei lässt der Film an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig: In der Diskussion über Wiedergutmachung, über Entschädigungszahlungen für nicht wieder gutzumachendes Leid, gibt es keine eindeutigen, richtigen Lösungen.
Am Anfang steht Norman Finkelstein selbst, der sich während einer Ansprache des New Yorker Finanzbürgermeisters Alan Hevesi Gehör zu verschaffen versucht – in dem er Hevesi niederbrüllt. Hevesi ist einer der Initiatoren der Aktion gegen deutsche Firmen, die Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge ausnutzten. Wie Israel Singer, Generalsekretär des Jüdischen Weltkongresses, gehört er zu den Hauptgegnern Finkelsteins. Beide nehmen ausführlich Stellung zu seinen Behauptungen, Singer nennt ihn einen „Revisionisten, der unablässig von der deutschen Presse benutzt wird“.
Diskussion eines Tabus
Dass diese von beiden Seiten undifferenzierte Polemik zwar nicht aufgelöst, aber in ein sachliches Fahrwasser umgelenkt wird, ist die Stärke des Films. So werden die Positionen einigermaßen nachvollziehbar: Hier der durch seine eigene Biografie getriebene Finkelstein, dort prominente „Opfer“-Anwälte wie Ed Fagan, die wegen ihrer hohen Honorarforderungen von früheren Mandanten kritisiert werden, oder Israel Singer, der sich ausdrücklich zu seiner „zynischen Verhandlungsweise“ mit den deutschen Unterhändlern bekennt. Doch, so wird klar, längst nicht alle Überlebende stehen auf Singers Seite – genauso wenig wie auf der von Finkelstein.
Auch wenn die Zwischenkommentare im Film („Keine Probleme mit den hohen Forderungen hat Israel Singer. Ihn schert keine Diplomatie, den Deutschen darf man ruhig etwas zumuten.“) an einigen Stellen ebenfalls arg polemisch geraten sind, will die Dokumenation eins: ein bedrückendes Thema vor der Tabuisierung bewahren und bei allen Vorbehalten diskutierbar machen. Doch genau das kann sie vorerst nicht. STG
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