: Verfeinert bis in die letzte Auslaufrille
So originalgetreu wie möglich: Stephen Frears` Verfilmung von Nick Hornbys Pop-Roman „High Fidelity“
Nein, leicht hat es Stephen Frears nicht gehabt mit der Verfilmung von Nick Hornbys Pop-Roman „High Fidelity“. Zum einen, weil Bücher und Filme zwei verschiedene Welten sind und Romanverfilmungen so ihre Tücken haben. Zum anderen, weil anzunehmen ist, dass die hohen Ansprüche von Hornbys Helden Frears auf Schnitt und Schritt begleiteten: Rob Fleming, 35-jähriger Besitzer eines kleinen Plattenladens namens „Championship Vinyl“, tritt bei Hornby als ein in Sachen Popkultur höchst ausdifferenzierter Mensch auf.
Seit Rob denken kann, ist Popmusik ein wichtiger Teil seines Lebens: Sie ist Lebenselixier und bietet Trost und Beistand, falls es nicht so läuft. Wegen ihr hat er sogar sein Studium geschmissen und angefangen, in Plattenläden zu arbeiten. Was also Popmusik angeht, da kennt Rob sich aus, da kann ihm keiner was, da ist er verfeinert bis in die Auslaufrille auch seiner schäbigsten Single.
Kommen dazu dann noch die coolsten Bücher, Filme und Fernsehserien, kann gar nichts mehr schief gehen: Mit den Top Five kommt Ordnung ins Leben, mit dem Erstellen von Listen erklären sich Rob und seine beiden Freunde und Angestellten Dick und Barry die Welt. Eine Jungswelt wohlgemerkt. Als ihn seine langjährige Freundin Laura verlässt, ist es um Rob geschehen, auch wenn er sich wortreich dagegen wehrt, diese Trennung in die Top Five „seiner unvergesslichsten Trennungen“ aufzunehmen.
Genau wie Hornby sein Buch, beginnt auch Frears seinen Film mit ein paar Rückblenden, um sich in Folge geradezu sklavisch und bis in die Dialoge hinein an Hornbys Roman zu halten. Das mag in Ordnung gehen, da kann man nichts falsch machen. Das wirft aber im Laufe der immer länger werdenden, nahezu zweistündigen Spieldauer die Frage nach den Intentionen von Frears auf. Denn eigentlich merkt man zumindest jeder guten Coverversion ihre aktuelle Notwendigkeit an. Oder einen neuen Ton, den sie einem guten, alten, bekannten Lied hinzufügt. So was erkennt einer wie Rob sogar bei einem Lied wie Peter Framptons „Baby, I Love Your Way“, das er eigentlich hasst, plötzlich aber in der Interpretation einer ihm bekannten Singer/Songwriterin ziemlich gerne mag.
„High Fidelity“, der Film zum Buch, zeichnet aber leider nicht mehr als der Wille aus, das Buch so originalgetreu wie möglich umzusetzen und abzufilmen. So bringt John Cusack beispielsweise die Rob eigene Mischung aus Pop-Selbstbewusstsein und Kommunikationsversagen ganz gut rüber. Ihm glaubt man während des ganzen Films, dass Fleming sich nur bedingt wohl fühlt in seiner Haut und seine Welt doch ein bisschen aus den Fugen gerät, als Laura (Iben Hjejle) aus der gemeinsamen Wohnung auszieht.
Auch Todd Louiso als Dick (schüchtern, verklemmt) und Jack Black als Barry (ein Raubein und Angeber) treffen es einigermaßen. Sie erscheinen in dem Film zuweilen wie arg überzeichnete Karikaturen ihrer Romanvorbilder, wirken wiederum aber auch so skurril, wie Mittdreißiger nun mal sind, die es nicht sein lassen können mit Platten sammeln, Namen droppen und dem ganzen Drumherum.
Es stört auch nicht weiter, dass der Schauplatz Amerika ist und nicht England, also Cusacks Chicago und nicht Hornbys London – die Geschichte von „High Fidelity“ kommt mehr oder weniger ohne Außenwelt aus und könnte in jeder x-beliebigen Stadt der Welt spielen.
Doch so stimmig alles ist, so wenig mag die ganze Geschichte fünf Jahre nach dem Erscheinen von Nick Hornbys Roman noch berühren. Ein Mann wird von seiner Frau verlassen, lässt sein Leben Revue passieren, kriegt dann aber noch die Kurve (und auch die Frau wieder zurück). Das ist die ganze Geschichte, eine gute, klassische und zeitlose. Die allerdings hätte man auch ohne Popmusik, Listen und mittelalte Slacker in einem Plattenladen erzählen können – und wahrscheinlich besser. Wie sich das aber wiederum auf die Lebensentwürfe junger und nicht mehr ganz so junger Männer auswirkt, davon erfährt man in Stephen Frears’ „High Fidelity“ nichts, das bekommt der britische Regisseur bei aller getreuer Abbildung dann auch wieder nicht hin. Wer bei Hornby mindestens einen Freund, Bekannten oder gar sich selbst in Rob Fleming entdeckte, schaut sich Cusack in Frears’ Film nur an und denkt: Und, was soll das alles?
Nein, Rob Fleming würde nur bedingt einverstanden sein mit diesem Film, in seine Top Five der besten Romanverfilmungen wird er wohl niemals Einlass finden. GERRIT BARTELS
„High Fidelity“. Buch: D. V. DeVincentis/Steve Pink/John Cusack. Regie: Stephen Frears. Mit John Cusack, Iben Hjejle, Todd Louiso, Jack Black, Lisa Bonet u. a. USA, 114 Min.
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