piwik no script img

Polizeieinsatz bei CastorDer freundliche Polizist

Ob de-eskalierend oder situationsangemessen - ein Polizeibeamter verdient ein Lob.

Auch das ist möglich: Höfliches Miteinander von Besetzern und Polizei. Bild: dpa

HITZACKER taz | Aus unerfindlichen Gründen gefiel der Polizeipressestelle das Wort nicht, mit dem man den Kollegen lobte: "de-eskalierend." Sie schlug einen anderen Begriff vor: "Situationsangemessen" habe der Beamte gehandelt, nichts weiter. Der Polizeiführer aus Hessen, der das Interesse geweckt hatte, sei jedoch derzeit leider nicht zu sprechen.

Wenn die Polizei Atomkraftgegner von Schienen vertreibt, geht es meist ruppig zu. Besagter Polizeiführer wollte es offenbar anders: Über Stunden hatte er die Räumung hunderter Castorgegner nahe Hitzacker im Lautsprecherwagen fast wie ein externer Servicebeauftragter moderiert.

Nach 100 Stunden Castortransport und 14 Stunden Blockade durch eine Betonpyramide sei die "Polizei zweiter Sieger", erklärte er den Demonstranten vor der Räumung. Die hatten sich spät in der Nacht kurz vor dem Ziel des Castorzugs zur letzten großen Blockade auf den Schienen versammelt.

Wer nun ein besonders rabiates Vorgehen befürchtete, dem wurde die Angst genommen: "Unter ihnen soll das Gerücht kursieren, dass wir Sie nach der Räumung in Gewahrsam nehmen. Das ist definitiv nicht der Fall. Wir räumen Sie nur zur Seite weg." Gleich gehe es los.

Nachdem die ersten Schienenbesetzer weggetragen waren, dankte er für die "bislang gezeigte Kooperation und gute Zusammenarbeit". Das sollte nicht zu ihrem Schaden sein: "Bitte vergessen Sie keine persönlichen Gegenstände, nehmen Sie alles mit, wenn Sie geräumt werden", erinnert er fürsorglich wie ein gewis senhafter Zugschaffner.

Auch für Anwesende, die wegen der unübersichtlichen Lage das Geschehen nicht überblicken konnten, wurden nicht vergessen: "Wer das hier vorne nicht so gut sehen kann: Der Bauzug hat die Pyramide aus dem Gleisbett gehoben."

Die Freundlichkeit blieb so vollendet, dass etwa Hundert Atomkraftgegner sich nach der Räumung gleich wieder auf das benachbarte Schienenstück setzten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

10 Kommentare

 / 
  • E
    ellli

    Naja... ich war da... die durrchsagen waren ja ganz nett, aber die die getragen haben nicht wirklich... wären nicht soviele sanis rumgesprungen und wären dazwischen gegangen als polizisten grob wurden hätte es anders ausgesehen.... und liebe taz noch was wurde vergessen, einer ihrer kollegen hat genau an dieser stelle in hitzacker auf die nase bekommen von den herren und damen in uniform

  • K
    Kajakcat

    Dieser Artikel animiert sicher keinen Polizisten, es dem Kollegen nachzutun, so spöttisch wie er geschrieben ist. Auch wenn das leider nur ein Ausnahmeverhalten war, aber es war ein erster Schritt, und damit fängt doch alles an ... Ein wenig echtes Lob und beim nächstem Mal sind es vielleicht schon 2 Polizeiführer, und dann drei und ...

  • A
    Aktivist

    Wenn Presse da: sehr zuvorkommend, pseudo-freundlich;

    Wenn Presse nicht da: auf die Fresse, ohne Rücksicht auf Verluste.

     

    Alles beim Alten.

  • W
    Weinberg

    Der leitende Polizeibeamte aus Hessen wird von Puffier, dem aktuellen hessischen Landesvater, für sein de-eskalierendes Verhalten garantiert kein Lob bekommen.

     

    Aber warum sollten sich auch die hessischen Polizeibeamten mit den Demonstranten prügeln? Wegen der Atomkonzerne? Wegen der unverantwortlichen Atompolitik?

  • BK
    Bj K

    Schön zu lesen. Zumal das Ganze passiert ist, während und nachdem nur hunderte Meter weiter 1.000 von den Schienen geräumte noch immer in einem Dauerkessel frieren mussten, obwohl gerichtlich bereits entschieden war, dass die Maßnahme widerrechtlich geschehen ist. Rausgelassen wurden sie trotzdem nicht. Ein paar Wolldecken (weniger als Menschen im Kessel), Wasser und Donuts machen 12 Stunden Kessel nicht weniger gesundheitsgefährdend.

     

    Freut mich, dass es auch anders geht, ärger mich aber umso mehr über das Vorgehen in der "FreiluftGeSa".

  • E
    ellli

    Naja... ich war da... die durrchsagen waren ja ganz nett, aber die die getragen haben nicht wirklich... wären nicht soviele sanis rumgesprungen und wären dazwischen gegangen als polizisten grob wurden hätte es anders ausgesehen.... und liebe taz noch was wurde vergessen, einer ihrer kollegen hat genau an dieser stelle in hitzacker auf die nase bekommen von den herren und damen in uniform

  • K
    Kajakcat

    Dieser Artikel animiert sicher keinen Polizisten, es dem Kollegen nachzutun, so spöttisch wie er geschrieben ist. Auch wenn das leider nur ein Ausnahmeverhalten war, aber es war ein erster Schritt, und damit fängt doch alles an ... Ein wenig echtes Lob und beim nächstem Mal sind es vielleicht schon 2 Polizeiführer, und dann drei und ...

  • A
    Aktivist

    Wenn Presse da: sehr zuvorkommend, pseudo-freundlich;

    Wenn Presse nicht da: auf die Fresse, ohne Rücksicht auf Verluste.

     

    Alles beim Alten.

  • W
    Weinberg

    Der leitende Polizeibeamte aus Hessen wird von Puffier, dem aktuellen hessischen Landesvater, für sein de-eskalierendes Verhalten garantiert kein Lob bekommen.

     

    Aber warum sollten sich auch die hessischen Polizeibeamten mit den Demonstranten prügeln? Wegen der Atomkonzerne? Wegen der unverantwortlichen Atompolitik?

  • BK
    Bj K

    Schön zu lesen. Zumal das Ganze passiert ist, während und nachdem nur hunderte Meter weiter 1.000 von den Schienen geräumte noch immer in einem Dauerkessel frieren mussten, obwohl gerichtlich bereits entschieden war, dass die Maßnahme widerrechtlich geschehen ist. Rausgelassen wurden sie trotzdem nicht. Ein paar Wolldecken (weniger als Menschen im Kessel), Wasser und Donuts machen 12 Stunden Kessel nicht weniger gesundheitsgefährdend.

     

    Freut mich, dass es auch anders geht, ärger mich aber umso mehr über das Vorgehen in der "FreiluftGeSa".