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Asse-UntersuchungTaube Nüsse suchen nach Wahrheit

Es geht längst nicht mehr nur darum, was so alles von wem und wie oft in den Stollen bei Wolfenbüttel eingelagert worden ist. Die Ausschussarbeit ist vor allem berechenbarer Parteienstreit.

Festbetonierte Fronten: Über das, was unter der Erde liegt, wird sich der Ausschuss wohl nie einig. Bild: dpa

"Skandal", "Unverschämtheit", "Dilettantismus", "absurdes Sommertheater" - im Asse-Untersuchungsausschuss ging es am Donnerstag zu, wie man es sich wohl in einer Bananenrepublik vorstellen würde. Nicht zum ersten Mal, und auch der Anlass war von redundanter Nichtigkeit: Verfahrensfragen. Dreimal hat das Gremium bisher getagt und pro Sitzung vier Stunden Lebenszeit verbraucht.

Die Arbeitsbilanz ist niederschmetternd: Vernommen wurden bislang zwei ältere Herren, die zur Wahrheitsfindung rund um das marode Atommülllager wenig beizutragen hatten. Was endlich Licht in die trübe, politökonomisch hochverseuchte Brühe bringen sollte, droht im taktischen Wahlkampfgezänk zu versanden.

Die Fronten sind festbetoniert. Genau wie die Rituale. Nach jeder Sitzung treten die Protagonisten vor Kameras und Mikrofone, um ihre Interpretation kund zu tun. CDU und FDP, die die Mehrheit im Ausschuss stellen, bescheinigen sich "die Bereitschaft zur systematischen Aufklärung". SPD, Grüne und Linkspartei werfen der Regierungskoalition "Verschleppung" und "Verdunklung" vor.

Wer den öffentlichen Teil der Veranstaltung verfolgt, muss der Opposition Recht geben. Den jüngsten Eklat verursachte wieder einmal der Ausschussvorsitzende Jens Nacke (CDU). Eigentlich ein kluger, umsichtiger Jurist, bekommt Nacke es einfach nicht hin, Zeugen termingerecht erscheinen zu lassen. Mal weiß er die Adresse nicht, mal sind sie unversehens in die Ferien gefahren. Oder so gebrechlich, dass sie ein Zipperlein vom Erscheinen abhält. Taucht doch mal einer auf, treten die Ausschusskollegen in Aktion: Sie haben eine bewundernswerte Fähigkeit entwickelt, jede längst geklärte Frage in barocken Satzketten wiederholt aufs Tapet zu bringen. Als hätten sie alles nicht richtig verstanden. Oder wären eine Abordnung besonders tauber Nüsse.

Nun will man sowas den Volksvertretern nicht unterstellen, also muss von Vorsatz ausgegangen werden. Dafür spricht auch die Strategie, mit der CDU und FDP den Misständen in der Asse zu Leibe rücken möchten. Sie heißt: chronologische Aufklärung. Da die Mehrheitsfraktionen den Kurs bestimmen, soll sich der Ausschuss bis Oktober erst einmal mit gedächtnisschwachen Pensionisten oder unteren Chargen abgeben, statt mit Staatssekretären oder den Bossen der Atomindustrie. Das wiederum will sich die Opposition nicht mehr gefallen lassen. Sie möchte möglichst schnell klären, was eigentlich alles in der Asse liegt, und wer dafür verantwortlich ist.

Das erscheint sinnvoll. Bis in diesem Jahr das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) die Geschäftsführung übernahm, wurde die Asse ohne atomrechtliche Grundlage, allein nach Bergbaurecht betrieben. Was genau dort unter die Erde gebracht wurde, weiß niemand. Nach Angaben des BfS ist nur soviel klar: Bis 1978 wurden 127.900 Fässer mit schwach- und mittelradioaktivem Müll versenkt, darunter verstrahlte Tierkadaver aus Forschungslaboren und Stoffe wie Plutonium oder Tritium. Allein in der einsturzgefährdeten Kammer 4 lagern 6.000 Behälter Arsen, Quecksilber und Blei neben einem Dutzend Fässern mit hoch toxischen Pflanzenschutzmitteln.

Aber auch die SPD kocht ein eigenes Süppchen. Auch sie hat den Ausschuss anfang nicht gewollt, weil ja nicht nur schwarze, sondern rote Minister und -präsidenten verantwortlich waren. Deshalb prangert sie, wenn es um die zögerliche Herausgabe von Akten geht, so gerne Niedersachsens Umweltminister Hans-Heinrich Sander an. Dass sein Bundeskollege, der Sozi Sigmar Gabriel, zwar seine Bereitschaft erklärt, aber auch noch nicht geliefert hat, ist kein Thema.

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